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Diversität: Warum wir eine Jane Bond brauchen

Stop pushing all these agendas and movements and just let the kids enjoy a movie!“ kommentierte eine Nutzerin unter ein Video, das ein (vermeintlich) lesbisches Pärchen im Nachfolgefilm von „Findet Nemo“ zeigt.

Lassen wir die Tatsache, dass es sich auch um zwei Freundinnen halten könnte, mal eben bei Seite und widmen uns der Tatsache, dass so viele Leute wegen eines lesbischen Pärchens ausrasten. Die Nutzerin möchte, dass all diese ganze politische Agenda aus Kinderfilmen rausgehalten wird. Tja, meine Liebe, das Problem ist doch aber, dass in allen erfolgreichen Filmen schon immer eine politische Agenda enthalten war. Nur eben eine andere.

 

Drei, zwei, eins, Shitstorm!

 

Die Kontroverse um Game of Thrones Star Emilia Clarke zeigt das ebenso deutlich. Sie äußerte in einem Interview, dass sie gerne mal eine Jane Bond spielen würde. Drei, zwei, eins, Shitstorm! Eine Hermine mit schwarzer Hautfarbe im Harry-Potter-Stück der Royal Shakespeare Company in London löste ähnliche Reaktionen aus. Warum haben so viele Leute ein Problem damit, dass Eltern lesbisch und Männer mal nicht die Hauptrolle, sondern Beiwerk sein könnten? „Man möchte an bestimmten hegemonialen Männlichkeitsbildern und Strukturen festhalten. Das gibt vielen Männern Sicherheit.“, sagt dazu Dagmar Hoffmann, Professorin für Mediensoziologie an der Uni Siegen. Taucht jetzt eine Jane Bond als Superagentin auf, würden die letzten Domänen eingerissen werden. Außerdem hinge das auch mit dem Kultstatus der Figur zusammen. Zudem sei der Druck unter Männern viel größer, als bei Frauen. Für die gibt es nämlich trotz der oft eingeschränkten Repräsentation viel mehr Lebensentwürfe.



Nicht nur Frauen werden in Filmen häufig einseitig dargestellt. Geht es um Menschen mit anderer Herkunft, zeigen sie oft die Figur des „melancholischen Migranten“, wie es die Kommunikationswissenschaftlerin Sara Ahmed in einem Aufsatz beschreibt. Der britische Kultfilm “Kick it Like Beckham“ ist ein Paradebeispiel dafür. Auf den ersten Blick mag man denken: Oh, wie fortschrittlich – Frauen, die Fußball spielen und dann ist eine von ihnen auch noch Ausländerin. Bis einem auffällt, dass das indische Mädchen tatsächlich einen weißen Mann braucht, der sie zum Fußball und von ihrer Familie wegbringt und ihr ein Leben ermöglicht, das nicht der Tradition der Kultur ihrer Eltern entspricht. Sie braucht ihn, um der vermeintlichen Melancholie und der Unterdrückung ihrer eigenen Kultur zu entfliehen. Das ist das Bild, das vermittelt wird.

 

„Das sind doch nur Filme!“

 

Man könnte jetzt sagen: es sind doch nur Filme und wer sie nicht mag, der soll sie halt nicht angucken. Das Problem an der ganzen Sache ist aber, dass der Einfluss dieser Filme schon da anfängt, wo man noch nicht genügend Selbstreflektion besitzt, um sich dem eigenständig zu entziehen: im Kindes- und Jugendalter. „Als ich ein kleines Mädchen war, habe ich niemanden im Fernsehen gesehen, der so aussah wie ich. Die Frauen, die ich gesehen habe, waren weiß, blond und haben Size Zero getragen – und das bin ich einfach nicht. Das macht was mit deiner Psyche und deinem Unterbewusstsein und sorgt dafür, dass du denkst, dass du niemals gut genug sein wirst.“, beschreibt Dascha Polanco, Schauspielerin von „Orange is the new black“, ihre Erfahrungen gegenüber Broadly.

Hoffman beschreibt die Rolle von Medien beim Erwachsenwerden als vielfältig. Medien bieten „Orientierung, vermitteln Werte und man kann sich mitunter Handlungswissen aneignen.“ Dieses Handlungswissen zeige einem dann beispielsweise, wie es ist, wenn man sich das erste Mal verliebt. Das sieht man meistens schon im Fernsehen, bevor man es das erste Mal selbst erlebt. Das Gesehene beeinflusst dann die eigenen Erwartungen und Standards. Auch liefern Medien „Identifikationsfiguren“.

Gucken wir uns die erfolgreicheren Filme an, sind diese Identifikationsfiguren aber sehr klischeehaft. Kommen homosexuelle Liebesbeziehungen in großen Produktionen vor, ist das auch immer gleich das Hauptthema des Films, wie in Brokeback Mountain. Kommt in Sitcoms mal eine Person mit nicht-weißer Hautfarbe vor, ist es höchstens der beste Freund des Protagonisten, wie in Scrubs. Und könntest du dir einen Bond-Film mit einer Jane Bond und, sagen wir, Ryan Gosling als Bond-Boy vorstellen? Oder Fack ju Göhte mit einem schüchternen Biolehrer und einer kleinkriminellen Quereinsteigerin mit großer Klappe?

 

Diversität zeigen, ohne das ständig zu thematisieren

 

Mittlerweile gibt es schon viele Formate, die versuchen, das aufzubrechen. Die Serie Scandal beispielsweise zeigt eine weibliche schwarze Hauptdarstellerin. Sie ist der Mittelpunkt der Serie und zeichnet sich vor allem durch ihr analytisches Denken und ihre Selbstständigkeit aus. Scandal ist also eine der wenigen Serien, die den Bechdel-Test bestehen. Das bedeutet, dass sich zwei mit Namen benannte Frauen unterhalten und zwar nicht über Männer. Auch das gerne belächelte Grey‘s Anatomy zeigt eine hohe Bandbreite an Diversität, ohne das ständig zu thematisieren.

Autorin der beiden Erfolgsserien ist Shonda Rhimes. Sie erhielt den Diversity Award der Director’s Guild of America. Das machte sie stolz. Trotzdem war sie angepisst, dass sie einen Award bekommt, weil sie Frauen und Minderheiten beschäftigt und deren Geschichten erzählt, sagte sie in ihrer Rede. Das heißt im Umkehrschluss nämlich, dass niemand anders das tut. Das ist auch der Grund, weshalb es viel mehr männliche als weibliche Identifikationsfiguren gibt, sagt Hoffmann.

Die vermittelten Rollenbilder sind also weder divers noch fortschrittlich. Trotzdem erreichen sie durch die hohe Reichweite viele junge Leute und beeinflussen sie, denn „wir deuten die Welt immer vor der Folie des Wissens, welches über Medien vermittelt wird.“, so Hoffmann. Dass junge Leute die Körperbilder einfach so unreflektiert übernehmen, sei aber ein Trugschluss in der medialen Diskussion. Es gibt also noch Hoffnung.

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Bildquelle:  Shamim Nakhai / Unsplash