Identitäre Bewegung Artikel

Identitäre Bewegung: Wer seid ihr und was wollt ihr von uns?

Am Ende diesen Jahres werden wir definitiv auf ein turbulentes 2016 zurückblicken können. Es hat sich viel bewegt in Deutschland und wenn wir bewegt sagen, kann man das definitiv wörtlich nehmen. In den vergangenen Monaten und Jahren haben sich neue Bewegungen in Deutschland herausgefiltert, die die Medien erfolgreich beherrscht und somit auch uns einiges an Aufmerksamkeit abverlangt haben. So beispielsweise auch die Identitäre Bewegung, die sich aus jungen Menschen, die alten Leitbildern hinterherlaufen, gebildet hat. Die Bewegung ist allerdings keinesfalls neu, sondern inzwischen schon ein alter Hase. Um nun endlich auf sich aufmerksam zu machen, stellten sie ihre Forderungen und Ziele nun in einem YouTube-Video vor, dass direkt viral durch die Decke ging, denn sie erreichten damit tatsächlich deutschlandweit mediale Aufmerksamkeit. Doch besonders aufschlussreich scheint das Video nicht zu sein, denn danach stellten sich immer noch genug Menschen die Frage: Wer sind die eigentlich? Das hat sich ZEITjUNG auch gefragt, weshalb wir uns als Experten Dierk Borstel zu Rate gezogen haben. Er ist Professor für praxisorientierte Politikwissenschaft an der Fachhochschule Dortmund und hat uns bezüglich der Identitären Bewegung die Augen geöffnet. Mit ihm gemeinsam sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass sich hinter großen Parolen auch häufig nur kleine Bubis verstecken.

 

https://www.youtube.com/watch?v=Xcrr3PawJY0

Identitäre was? Bewegung wo?

 

Harmlos sehen sie aus in ihrem YouTube Video „Identitäre Bewegung Bayern stellt sich vor“. Junge Männer in Tracht, wie man sie aus Zeiten des dörflichen Burschenvereins kennt. Die Mädchen tragen Flechtfrisur, als wären sie nie von Muttis Rockzipfel weggekommen. Ein Blick hinter die Fassade zeigt uns, dass der Schein ganz gehörig trügt, denn auch die Kulisse von Bergen, Wiesen und Feldern kann so manch unschöne Wahrheit nicht vertuschen. Auf ihrer Website beschreibt sich die junge Gruppe als die „Neuen Rechten“ und zieht damit gekonnt eine Grenze zwischen ihrer Bewegung den sogenannten „Alten Rechten“ (Neonazis oder Rassisten). Der Unterschied: Die Identitäre Bewegung stützt sich dabei angeblich auf den sogenannten Ethnopluralismus, also die „Anerkennung und Achtung einer jeden Ethnie und Kultur“. Trotzdem nähert sich die ursprünglich in Frankreich verwurzelte Jugendbewegung mit Forderungen nach der „Erhaltung von lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Identitäten, Kulturen und Traditionen und der Bekämpfung der stattfindenden Masseneinwanderung und Islamisierung“ immer mehr dieser Grenze zwischen Alt und Neu. Während sich die typische Gen-Y für Emanzipation, Gleichberechtigung und einer bunten Welt ausspricht, haben die Anhänger der IB ganz andere Vorstellungen von „ihrem“ Europa. Unser Experte Dierk Borstel hat eine ganz eigene Definition für die Jugendbewegung parat und erklärt diese gegenüber ZEITjUNG: „Die Identitäre Bewegung bekämpft die moderne Gesellschaft mit den Mittel der Moderne. Sie agiert jung, frech, international vernetzt und provokant. Ihr Ziel ist jedoch die weitgehende Zerstörung liberaler und moderner Errungenschaften. Völkisch geprägte Nationalstaaten sind für sie die Antwort auf alle Probleme. Statt Vielfalt gibt es dann Einfalt und Übersichtlichkeit. Statt Offenheit gegenüber dem Anderen klare Ab- und Ausgrenzungen und ein kulturelles Zurück in die Werte des vorvorherigen Jahrhunderts. Der Mensch wird von ihnen nur als Teil eines großen Volkskollektivs gesehen, dem er sich unterzuordnen hat.  Er wird nicht als Individuum mit unverwechselbaren Eigenschaften, Emanzipationschancen und Freiheitsrechten gesehen sondern als kleines Mosaiksteinchen im großen Volkspuzzle, dem er nicht entrinnen darf.  Alles ist dann dem Volk unterzuordnen: die Liebe, das Leben, die Arbeit, die Freizeit, die sexuelle Orientierung und vieles mehr.“

 

Wir haben keine Angst vor euch

 

Und trotz alle dem sehen sie genau wie der Typ Mensch aus, von denen man immer sagt: Die könnten keiner Fliege was zu leide tun. Anschließend schießen sie ihre heimatverbundenen Parolen in Richtung Kamera. Wie kritisch sollten wir diese scheinbar so harmlose Bewegung sehen? Müssen wir Angst haben? Unser Experte hat uns auch diese Frage beantwortet: „Mehrheitsfähig ist die Bewegung sicher nicht in der jungen Generation, das sagen alle Untersuchungen. Sie ist aber interessant für viele, die den Glauben an diese Demokratie verloren haben und die einen tieferen Sinn jenseits von Konsum und der Strategie ‚Durch Anpassung ans System zum Erfolg‘ suchen. Sie bietet einen emotionalen Zuspruch, den wir Demokraten viel zu selten liefern, ein Gefühl von Heimat und Anerkennung und Wertschätzung. Hinzu kommt noch, dass sich mit dieser Bewegung die Älteren noch provozieren lassen und das gehört ja auch zu jeder Generation dazu. Das macht sie nicht ungefährlich, ist aber Teil der Erklärung ihres Erfolgs.“

Zugegebenermaßen ist es etwas schwer, vor den gleichaltrigen Spießern der Identitären Bewegung Angst zu haben. Doch hinter den Bubis steckt wohl etwas, worauf wir definitiv in Zukunft Obacht geben sollten.