UN Klimakonferenz 2015 Paris Gen Y

Klimakonferenz in Paris: Warum ist uns das Klima scheißegal?

Von Maximilian Schmeckel

Was hat sich unsere Generation nicht schon alles anhören dürfen? Unpolitisch sei sie, wankelmütig, rückgratlos. Das Bild, das sie dieser Tage in Paris abgibt, ist ein anderes: Mit entschlossenen Mienen und bemalten Pappschildern laufen ihre Vertreter durch die Hauptstadt. Ihnen gegenüber: Hunderte schwer ausgerüstete Polizisten mit Schildern, Schlagstöcken und Helmen. Wie eine Armee stehen sie den jungen Protestierenden gegenüber. Dabei machen die unmissverständlich klar, dass es ihnen keinesfalls um die Uniformierten geht: „We didn’t come for the cops, we came for the cop“, hat einer auf sein braunes Schild geschrieben – Wir sind nicht wegen der Polizisten gekommen, wir sind für den Menschen gekommen!

Der Grund für den Aufruhr in der der Grande Nation ist keinesfalls die Anschlagserie vom 13. November, sondern die am Freitag stattfindende UN-Klimakonferenz. Die Mächtigen der Welt treffen sich, um über die Zukunft unseres Planeten zu sprechen. Die Anschläge haben dafür gesorgt, dass der weiträumige Stadtkern in eine Hochsicherheitszone umfunktioniert wurde. Helikopter kreisen über der Stadt, in der Nähe des Flughafens Bourgot patrouillieren Scharfschützen, insgesamt sind 110.000 Polizisten aus dem ganzen Land im Einsatz, die im ganzen Stadtgebiet auf wütende Gegner treffen.

 

Deutschland bleibt still

 

„Es ist schon aufregend, wie viele von meinen Freunden mitlaufen. Sie alle wollen ein Zeichen setzen für eine bessere Welt“, erzählt mir eine sehr gute, in Paris lebende Freundin von der Stadt in Bewegung. 770 Kilometer entfernt sitze ich in München und frage mich, warum nicht auch ich mir ein Schild male und mit einer bunten Trillerpfeife raus gehe, um zu zeigen: Hey, mir ist nicht völlig egal, wie es mit unserem Planeten weiter geht! Doch mit wem soll ich laufen? Am Dienstag ist die Münchner Innenstadt genau so wenig bevölkert von Klimabesorgten wie am Mittwoch. Auch nicht in Hamburg oder in Heidelberg. Nur am 29. November gingen die Leute auf die Straße, am global stattfindenden „Global Clima March“ in über 150 Ländern, in Berlin waren es bis zu 17.000. Doch sonst bleibt die Bundesrepublik vor allem in Kreisen der Generation Y still. „Ach ja stimmt, die ist ja am Freitag“, lautet der Konsens meiner Freunde – wenn überhaupt.

Woran liegt es, dass hierzulande das Thema Klima so wenig aufrührt? Sind die Franzosen durch die direkte Betroffenheit bei den Anschlägen und dem vor wenigen Tagen publik gewordenen Siegeszug der rechtsradikalen Front Nationale von Marine Le Pen in diesen Tagen politisierter als wir junge Deutsche? Liegt es daran, dass das Klima derzeit einfach niemanden interessiert, wenn das Land in den Anfängen einer durch die Flüchtlingsströme verursachten demografischen Transformation befindlich ist, der vielleicht größten der jungen Geschichte der BRD? Oder stimmt es doch, was man uns vorwirft? Sind wir egoistisch und werden erst dann aktiv, wenn unser eigenes Leben eingeschränkt zu werden droht?

 

Bahnbrechender Durchbruch?

 

Egal, warum das Interesse am Pariser Klimapoker gering bleibt, Fakt ist: Das Ringen der Mächtigen um CO2-Werte könnte historische Ausmaße annehmen. Es liegt ein Vertragsentwurf vor, der eine globale Klimawende vorsieht. Gelingt es, die Hürden aus der Welt zu schaffen, verabschiedet sich der Planet Erde geschlossen von Schadstoffen wie Gas, Kohle oder Öl. Natürlich nur Schritt für Schritt. Es wäre ein langsamer Prozess, aber ein bahnbrechender.

Dabei richtet sich der Protest vor allem gegen die Politiker, die über den Vertrag diskutieren. Man werde an der Nase herum geführt, so die Meinung vieler. Die Konferenz sei kein Treffen zur Lösung eines Problems, sondern ein Schein-Meeting zur Besänftigung der Menschen. Zu wertvoll seien den Politikern ihre Wirtschaftsprozesse. Deshalb würde sie alle, USA, China, Indien, aber auch Deutschland nur faule Kompromisse eingehen. Ja, ist man geneigt zu sagen, sie haben recht! Dabei ist das Klima ein Thema, das alle etwas angeht, zu dem man selbst etwas beitragen kann oder vielmehr könnte. Denn wer verzichtet denn schon auf das Wochenende in London oder fährt auch bei Nebel mit dem Fahrrad zur Arbeit? „Machen die anderen doch auch nicht“, sagt man empört, dass ausgerechnet man selbst solche Opfer auf sich nehmen soll.

Dabei liegt Deutschland auf Platz sechs der Länder mit dem höchsten CO2-Ausstoß. Es ist höchste Zeit, etwas zu ändern. „Es ist an uns, den Schaden durch den schon jetzt unvermeidbaren, laufenden Wandel zu begrenzen. Beheben lässt er sich nicht mehr“, bestätigt Klimaforscher Hans-Otto Pörtner gegenüber der FAZ. Das zu erkennen, dass unsere Umwelt nie wieder so wird, wie sie einmal war, dass die Welt, in der wir leben, für immer Narben davon tragen wird, gilt es zu erkennen, so wie es Schauspieler Ellar Coltrane (21), bekannt aus dem Film Boyhood, erkannt hat, der nun Landwirtschaft studieren will anstatt Millionen auf sein Konto zu häufen. „Die Umweltproblematik wird zunehmen, die Vergiftung der Böden. Das Wasser wird knapp“, sagt er.

Wir alle sollen nicht in Holzhütten ziehen und Autos verfluchen, sondern ein kleines bisschen mehr verstehen, dass es ein Geschenk ist, saubere Luft einzuatmen. Ein Geschenk, das man mit Umsicht öffnen sollte und mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass es sehr fragil ist – und dass wir einen Teil dazu beitragen können, damit es nicht zerbricht.

 

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Bildquelle: U.S. Geological Survey unter CC 0 Lizenz