Die Wissenschaft beweist: Wer flucht, ist schlau!
Scheubeklappte Eintagsfliege, warmgeduschter Teebeutelstemmer, aufgebrezelter Ganzjahreshering. Das sind die kreativen und harmlosen kleinen Geschwister in der Familie der Schimpfwörter. Die stärker gewürzten Wörter spare ich mir hier, dafür kramt ihr am besten in eurem eigenen Wortschatz oder befragt die Fluchexperten Joko und Klaas.
Apropos, Wortschatz. Wir alle fluchen unbewusst oder bewusst im Alltag, manche mehr und manche weniger. Allerdings ist die Annahme falsch, Menschen würden mehr fluchen, wenn ihnen angeblich nichts Besseres einfällt. Ob man die Lücken in Sätzen nun mit Füllwörtern wie „ähm“ oder „Shit, wie hieß das nochmal?“ füllt, macht auch keinen großen Unterschied. Einzig das Gegenüber könnte die eigene Wortwahl beeinflussen. In anderen Worten: Fluchende Menschen sind dümmer als der brave Teil der Bevölkerung.
Wer flucht, ist nicht dumm
„So ein Sch…“: Eine Studie, die in einer Ausgabe der Language Science veröffentlicht wurde, hat nun aufgedeckt, was das Um-sich-werfen mit schmutzigen Wörtern über einen Menschen in intellektueller Hinsicht aussagt. Die vulgäre Ausdrucksweise hängt tatsächlich mit der Intelligenz zusammen, allerdings in gegenteiliger Hinsicht. Dafür wurden in dem ersten Experiment 43 Teilnehmer zwischen 18 und 22 Jahren gebeten, mit so vielen Flüchen und Tabuwörtern in 60 Sekunden um sich zu werfen, wie ihnen spontan in den Sinn kamen. Als nächstes mussten sie in 60 Sekunden alle möglichen Tiernamen aufzählen, die ihnen einfielen.
Die Forscher haben das Aufsagen der Tiernamen als Aussage über den allgemeinen Wortschatz und das Interesse an Sprache und Wörtern gewertet. In Sozialwissenschaften ist das auch unter den Begriff „Controlled Oral Word Association Test“ bekannt. In einem weiteren Experiment mussten 49 Personen zwischen 18 und 22 Jahren ähnliche Aufgaben lösen. Dabei sollten sie so viele Flüche und Tiere mit dem Anfangsbuchstaben „A“ aufschreiben, die ihnen zuflogen. Beide Forschungsgruppen haben an FAS Tests teilgenommen, um die allgemeinen Fähigkeiten zum fließenden Sprechen von Sprachen einschätzen zu können.
Fluchen zeugt von Sprechfertigkeit
Aus der Studie schlossen die Psychologen Kristin und Timothy Jay, dass Menschen mit einem häufigen Gebrauch von Flüchen einen breiteren Wortschatz und eine höhere Sprachkompetenz haben, als diejenigen, die sich mit ungezogener Wortwahl zurückhalten. Die beiden haben außerdem geschlussfolgert, dass ein Lexikon für Tabuwörter eher als Indikator für sprachliche Fähigkeiten gesehen werden könnte. Sprechfertigkeit ist eben Sprechfertigkeit, unabhängig von den Themen, so die Forscher. Menschen, die viel und schnell fluchen, sind folglich genauso flott im allgemeinen Sprachgebrauch unterwegs.
Der fluchende Teil der Bevölkerung kann erleichtert aufatmen: ihr flucht also nicht ganz unbedacht und kennt und versteht eine Menge mehr Wörter als so mancher zurückhaltender Spießer. Traut euch! Flucht, was das Zeug hält ohne Rücksicht auf die Schwiegermutter am Tischende. Also gut, vielleicht nicht unbedingt in dieser Runde oder bei einem Vorstellungsgespräch, aber am Lagerfeuer muss man sich nicht zurückhalten. Im Gegenteil: ihr könnt stolz sein auf eure Flüche, die ein Beweis für euren hohen Intellekt sind. Wörtliche Intelligenz schadet nie, sie ist ein riesiger Vorteil in der beruflichen Richtung, aber auch generell eine Grundlage im alltäglichen Leben, die vielen Menschen fehlt.
Total ausrasten sollten wir nach der Erkenntnis trotzdem nicht. Jetzt, da wir wissen, wir sind gar nicht so dämlich, wie wir immer dachten, können wir unsere Intelligenz gezielt einsetzen und uns auf unser Publikum einstellen.