Schwanger im Studium

Studium: Mit Maxi-Cosi im Audimax?

Von Anita Edenhofner

Plötzlich ist er da, der gefürchtete Streifen auf dem Test, der auf einen Schlag das ganze Leben umwerfen wird. Er liefert die unausweichliche Gewissheit: schwanger. Von jetzt an wird sich alles ändern. Im ersten Moment ist diese Erkenntnis oft ein Schock. Vor allem, wenn man selbst noch sehr jung ist und nicht damit gerechnet hat, sich bald schon um ein Kind kümmern zu müssen. Was tun, wenn man als Studentin schwanger wird?

 

Tinnitus und schlaflose Nächte

 

Dass man es erfolgreich schaffen kann, Kind und Studium unter einen Hut zu bringen, zeigt die Geschichte von Nicole Schmidt. In ihrem zweiten Studienjahr wurde sie ungeplant schwanger. Nicole hat sich für das Kind entschieden, ihr Studium zu Ende gebracht und sogar ein Auslandssemester eingelegt. Mit dem Vater ist sie mittlerweile verheiratet. Klingt nach Happy End, doch ein Zuckerschlecken war es ganz und gar nicht. „Eine doppelte Belastung ist nicht einfach“, sagt Nicole. Sie erzählt von schlaflosen Nächten, ungesunder Ernährung aus Zeitmangel, konstantem Tinnitus wegen des lauten Weinens der Tochter und dem nie kleiner werdenden Stapel Bücher, der für Prüfungen zu lesen war.

Um Studentinnen, die in der gleichen Situation sind, zu helfen, hat Nicole mit zwei anderen Frauen die Seite www.studieren-mit-kind.org gegründet. Hier erhält man Tipps, wie man die schwierige Zeit übersteht, wo man Unterstützung findet und wer bei der Finanzierung hilft.

 

Zwischen Vorlesung und Vorlesen

 

Eltern und Freunde als Babysitter sind sehr wichtig, doch nicht alle Studentinnen haben ihre Familie in der Nähe. Die meisten Universitäten bieten jungen Müttern verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten. Das fängt bei unieigenen Kitas und Betreuungsmöglichkeiten an und geht bis zum kostenlosen Kinderteller in der Mensa. Auch Beratungsangebote zu Karrieremöglichkeiten als junge Mutter und wie man das Studium am besten mit dem Familienleben vereinbart, fehlen meist nicht. Zeitmanagement ist das wichtigste, um neben dem Studieren von wissenschaftlichen Texten auch das Vorlesen von Kinderbüchern nicht zu vernachlässigen. Urlaubssemester oder andere Formen der Auszeit können dabei helfen. Mit Baby schafft man das Studium zwar wohl nicht in der Regelstudienzeit, aber erfolgreich abschließen kann man es auf jeden Fall.

 

Wer soll das bezahlen?

 

Ein Baby verscheißt ein Vermögen – es ist wirklich so: Windeln, Babybrei, Kleidung, Kinderwagen, und nebenbei auch noch die Miete für eine größere Wohnung. Finanziell stellt das die Studentinnen vor ein unmöglich scheinendes Hindernis. Der Staat und verschiedene Organisationen leisten Hilfestellung in Form von Elterngeld, Kindergeld, Betreuungsgeld und diversen Stipendien speziell für studierende Mütter. „Trotz der Unterstützung meiner Eltern hätte ich es nie ohne ein Stipendium geschafft“, erzählt Nicole.  Mit einem Kind im Studentenwohnheim oder einer feierwütigen WG zu wohnen, ist eher nicht ideal. Also steht eine weitere Hürde an: umziehen und vor allem, eine kindgerechte Wohnung zu finden. Junge Familien werden von manchen Vermietern bei der Vergabe bevorzugt. Hier sollte man sich an auch an Berater der Universität und an die Studentenwerke wenden. Die bieten manchmal Wohnmöglichkeiten außerhalb von Studentenwohnheimen an. Gerade in Studentenstädten mit angespannter Wohnungssituation kann die Suche nach einer geeigneten neuen Wohnung zu einer großen Belastung werden, die auch die Partnerschaft, sofern sie denn vorhanden ist, und die Psyche angreifen kann.  „Man sollte sich nicht schämen, um Hilfe zu bitten!“, rät Nicole.

 

Überforderung und Abenteuer

 

Es ist normal, sich auch mal komplett überfordert zu fühlen und an allem zu zweifeln. Doch wer sich bewusst dafür entschieden hat, das Baby zu bekommen, wird über diese Zeiten des Zweifels hinwegkommen und die Geborgenheit einer kleinen Familie genießen lernen. Psychologische Betreuung, die auch wieder von den Universitäten und Studentenwerken angeboten wird, kann dabei helfen. „Ich ermutige die Besucher meiner Seite, stark zu bleiben und in sich selbst und ihre Entscheidungen zu glauben“, sagt Nicole.

Nicole hat sich für das ungeplante Kind entschieden und ist sehr glücklich mit ihrer Entscheidung. Auch, wenn der Balanceakt zwischen Studentin- und Mami-Sein nicht einfach war. Ihr war es sogar möglich, ein Auslandssemester in England zu verbringen – selbstverständlich mit ihrer Tochter im Gepäck. „Alle dachten, ich sei verrückt geworden“, erzählt sie. Mit Hilfe eines Stipendiums, eines Babysitters im Gastland, viel Geduld und wenigen Erasmus-Parties konnte sie auch diese besondere Erfahrung machen, auf die sie wie viele Studentinnen nicht verzichten wollte.

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Bildquelle: liquene (flickr.com) unter CC BY 2.0