Foto Fptoapparat Bikini Frau Meer

Zeig‘ mir dein Urlaubsfoto…

Von Nino Silvester

Es ist doch jedes Jahr das gleiche Elend: kaum schwärmt die Stadt aus in fremde Länder und andere Kulturen, rollt auch schon die Flut an fotografischen Beweisstücken heran. Da man ja heutzutage fast überall WLAN zapfen kann, passiert das meistens sogar simultan und man darf sich dann jeden Drink angucken, den die Kommilitonin auf Koh Samui bechert.

Das oberste Ziel bei all den Fotos, wie verschieden sie auch sein mögen, ist natürlich: die Daheimgebliebenen neidisch zu machen. Oder sich mit den anderen Urlaubern zu messen, Reisen ist ja der postmoderne Schwanzvergleich. Aber jedes noch so zufällig dahingeworfene Motiv hat seine sorgfältig komponierte Aussage. Was wollen uns die verschiedenen Schnappschüsse wirklich sagen? Eine Typologie.


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    Die Poserin

    Das ist auf dem Foto zu sehen: Die Poserin räkelt sich im Bikini am Strand in verführerischer Pose wie ein Teeniemädchen, das für die Bewerbung bei Heidi Klum übt.

    Das ist die Bildunterschrift: „Can you remember who you were before the world told you who you should be?“ oder irgendein anderer kafkaesker Spruch, den sie mal auf irgendeiner Postkarte gesehen hat.

    Das soll das Foto ausdrücken: Die Poserin ist sich entgegen ihres Selbstszweifel-signalisierenden Facebookstatus („Life is like photography. We develop from the negatives“ <3“) natürlich ihrer körperlichen Vorzüge bewusst und nimmt zwei Wochen auf Ibiza nur als billige Ausrede, es den Rest der Welt wissen zu lassen. Die Bildunterschrift soll unterstreichen, dass sie jedoch mehr ist als das Wasserstoffperoxid auf ihrem Kopf – ein ganz zartes, zerbrechliches und tiefgründiges Reh. „Ich denke gerne nach, über das Leben und die Liebe und so. Einmal hab ich das sogar eine Stunde lang gemacht. Am Stück!!“

    Bildquelle: steve lorillere unter cc-by-sa-2.0