Merkel streichelt Flüchtling

Erst streicheln, dann abschieben: Für Merkel bleibt Empathie ein Fremdwort

Ein Kommentar von Philipp Pander

„Du hast das doch prima gemacht.“ „Deshalb möchte ich sie trotzdem einmal streicheln.“ Diese beiden Sätze werden Bundeskanzlerin Angela Merkel in den kommenden Tagen wohl noch öfter um die Ohren fliegen. Zu selten erlebt man Politiker wie Kanzlerin Merkel in direkter Konfrontation mit den realen und unpopulären Auswirkungen ihrer politischen Entscheidungen. Seit Mittwoch dürfen sich die Bürger, was Angela Merkel angeht, hierzu nun ihr eigenes Bild machen.

Aber der Reihe nach: In Rostock stellte sich die Kanzlerin am Mittwoch den Fragen von Schülern zum Thema „Gut Leben in Deutschland“. Soweit nichts Neues, nutzten Spitzenpolitiker solche Fragerunden mit jungen Strolchen doch bislang gerne, um Komplexes mal vereinfacht darzustellen und vor allem Punkte für die Charme-Skala im Vorbeigehen einzusacken. Nichts Anderes hatte am Mittwoch wohl auch die Kanzlerin vor: Mal schnell was für die Reputation machen in Zeiten von Griechenland-Krisen, EU-Reformen und Flüchtlingspolitik. Aber ausgerechnet das Flüchtlingsthema brachte Merkel an diesem Mittwoch in dieser eigentlich doch so harmlosen Runde gewaltig ins Schwimmen.

 

Die Distanz der Politik zum tatsächlichen Leid

 

 

Ein palästinensisches Mädchen im Publikum konfrontierte die Kanzlerin mit den persönlichen Folgen der Abschiebungspolitik. Seit vier Jahren als Flüchtling in Rostock. „Ich habe ja auch Ziele wie jeder andere. Ich möchte auch studieren“, führte das Mädchen ihre Situation aus und erntete von Merkel die zu erwartende Reaktion: Eine drucksende, etwas zu steife und emotionsarme Rechtfertigung der vorherrschenden politischen Situation. Nun muss man fairerweise hier anmerken, dass es nicht in den Aufgabenbereich der Spitzenpolitik fällt, Emotionen in die Handlungen einfließen zu lassen.

Doch wie Merkels Reaktion ausfällt, als das Mädchen nach ihren Ausführungen im Publikum zu weinen beginnt, zeigt, dass Empathie für sie wohl tatsächlich ein fernes Fremdwort bleibt oder vielleicht sogar geworden ist. Und das Fremde mag man hierzulande ja nicht so gerne. Die Szene wirkt verstörend. Sie offenbart die Unmenschlichkeit der Asylpolitik und die Distanz der Spitzenpolitik zu den tatsächlichen Leidtragenden. Ganz nach dem Motto: Erst streicheln, dann abschieben.

https://www.youtube.com/watch?v=Ji0D_aSUG8A

Bild: Screenshot/YouTube