Ein Tag als Kontrolleur

Ein Tag als Kontrolleurin in den Straßenbahnen

Hysterische Omas und genervte Prüfer

Bis zum frühen Nachmittag habe ich genug Trams und Busse von innen gesehen und will mich auf den Heimweg machen. Die Truppe begleitet mich noch bis zum Königsplatz. Wenige Stationen davor beginnen sie nach dem Anfahren der Tram mit der Kontrolle. Daraufhin springt im hinteren Teil der Bahn eine Omi vom Sitz und hetzt zum Entwerter. Martin spricht sie freundlich darauf an, dass sie eigentlich früher stempeln sollte. Die Dame wird sofort hysterisch. „Ich bin einmal hingefallen und seitdem stehe ich nicht mehr auf, wenn die Tram fährt.“ Warum sie dann bei voller Fahrt zum Stempeln könnte, kann sie auch nicht beantworten. Stattdessen beginnt sie zu schreien: „Ich bin 78 Jahre alt und emotional angeschlagen! Ich darf mich nicht aufregen.“ Langsam mischen sich auch die anderen Fahrgäste ein, die logischerweise alle der alten Dame zu Hilfe kommen. Niemand hat gesehen, wie es war. Trotzdem hat jeder eine felsenfeste Meinung. Eigentlich wollte Martin die alte Dame gar nicht aufschreiben, sondern lediglich erklären, dass sie in Zukunft früher entwerten muss. Letztendlich lässt er die Oma nach einiger Streiterei und Hysterie auch gehen. „Sowas macht mich wütend. Nur weil sie alt ist, darf sie sich auch nicht alles erlauben. Die ist gespeichert und das nächste Mal schreib‘ ich sie auf.“

Auf dem Heimweg versuche ich die Ereignisse des Tages zu ordnen. Alles in allem glaube ich nicht, dass Kontolleure gemeine, aggressive und herzlose Menschen sind. Es gibt bestimmt Ausnahmen, aber die gibt es immer und überall. Der Beruf des Prüfers ist einer, den wohl niemand als Traumjob bewerten würde. Sie schlagen sich tagtäglich mit Lügnern, Besoffenen und im Zweifelsfall hysterischen Omis rum, nur um am Ende selbst der Arsch zu sein. Natürlich ist es uncool, genau an dem Tag kontrolliert zu werden, wenn man zur Ausnahme mal sein Ticket vergessen hat. Aber grundsätzlich wollen wir doch auch nicht, dass vorsätzliche Schwarzfahrer einfach so durchkommen. Wir brauchen Kontrolleure, auch wenn wir das nicht so gern einsehen wollen. Und solltet ihr wirklich einmal ohne Fahrschein kontrolliert werden, dann merkt euch: Mit Ehrlichkeit und echter Reue kommt ihr viel weiter als mit Lügen und Aggressivität.