„Die Kultur der Anderen“: Was ist Austausch, was Aneignung?

Wo ziehen wir die Grenze?

Nun gibt es zwei Gründe, aus denen ich mich nicht einfach in die US-amerikanische Debatte einklinken kann: Zum einen bin ich kein Amerikaner und damit nicht vollends im Bilde. Zum anderen habe ich die spezifische Diskriminierung von BiPoC nie aus erster Hand erlebt, dazu kann ich also auch nichts beitragen. Und da ich ohnehin zu der Kategorie Mensch gehöre, die lieber das Mikro weiterreicht, statt für andere zu sprechen, kann ich mir an dieser Stelle nur mittels eigener Erfahrungen ein Urteil bilden. Als Einwandererkind habe ich nämlich meine ganz eigenen Erfahrungen damit gemacht, wie mit dem kulturellen Erbe meiner Vorfahren im Ausland umgegangen wird. Meine Familie stammt nämlich ursprünglich aus Griechenland.

Und woran denken wir da als erstes? Ja klar – griechischer Wein, Götter, Orgien und Frischkäse. Und da Kinder nun mal grausam sein können und meist schlecht informiert sind, habe ich in meiner Schulzeit aufgrund meiner Herkunft auch so einiges einstecken müssen. Ich war lange Zeit der Freak, dessen Vorfahren blöd genug waren, an mehr als nur einen (natürlich den richtigen!) Gott zu glauben – echt so passiert und während der griechischen Finanzkrise wurden zudem viele Stereotype vom faulen Griechen weiter befeuert. Bis sich dann plötzlich viele in dem Alter befanden, in dem sie auf die Percy Jackson-Romane von Rick Riordan (einem US-Amerikaner ohne griechische Wurzeln) abgefahren sind oder anderweitig die griechische Sagenwelt für sich entdeckt haben.

Kultur braucht immer Kontext

Nun habe ich nichts dagegen, dass griechische Kultur und Tradition auch von Nicht-Griech*innen genossen wird: Meinetwegen kannst du zur nächsten Halloweenparty gerne in einer Toga auftauchen und ich finde es sogar schön, wenn sich Leute „unserer“ Geschichten und Figuren bedienen (ich bin ebenfalls ein Fan von Riordans Romanreihe).

Nur gibt es da eine wichtige Bedingung: Respekt vor den Wurzeln und der kulturellen sowie spirituellen Bedeutung für die Menschen, die dieses kulturelle Erzeugnis erbracht haben. Kultur wird gerade in unserer globalisierten Welt immer mehr zu einem global geteilten Gut, Austausch fand aber schon immer und überall dort statt, wo Kulturen aufeinandertreffen. Dennoch entsteht Kultur immer aus bestimmten Gründen, die es zu achten gilt.

Das Problem lautet also Ignoranz: Ob nun allein das Tragen von Dreadlocks als hellhäutige Person schon ein Zeichen dafür ist, wage ich persönlich zu bezweifeln. Andererseits gehöre ich aber auch nicht zu den Menschen, die dies zu bestimmen haben.

Diese Artikel könnten dich ebenfalls interessieren:

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Pexels; CC0-Lizenz