Lebensentscheidung

Ehe, Kinder, Arbeit: Was, wenn das nicht mein Weg ist?

Ganz ehrlich – ich weiß nicht, ob ich meine Zukunft in Deutschland sehe. Wenn ich darüber nachdenke, ob ich es verlockender finde, während des spanischen Winters auf der Veranda zu sitzen und Siesta zu halten, oder mir während des deutschen Winters den Arsch abzufrieren und der Sonne dabei zuzusehen, wie sie um 16:30 Uhr untergeht – nun, dann finde ich die Vorstellung von einem Leben in Spanien schon deutlich angenehmer.

Jetzt, da ich durch Kolumbien reise, könnte ich mir ehrlich gesagt auch gut vorstellen, hier zu leben. Aber das könnte ich meinen Eltern niemals antun. Über Spanien ließe sich vielleicht noch reden – aber ich glaube, nichts könnte mich dazu verleiten, nach Südamerika auszuwandern, solange ich weiß, dass meine Eltern in Deutschland sitzen, sich Sorgen machen und mich höchstwahrscheinlich vermissen. Und selbst, was Spanien betrifft, glaube ich, dass ich mich nicht dazu durchringen könnte.

Glücklicherweise bin ich aber nicht in der Position einer Person, die definitiv weiß, dass sie in einem anderen Land leben will – für mich ist es nur ein Gedankenexperiment; ein Gedanke, mit dem ich gern spiele, wie eine Katze mit einem Wollknäul spielt. Unweigerlich in dieser Situation zu stecken, muss sich noch einmal ganz anders anfühlen.

Ich wünschte, wir könnten lernen, unsere Definition von Nähe weniger an räumliche, sondern mehr an emotionale Nähe zu knüpfen. Die eigentliche Idee von Nähe impliziert schließlich Vertrautheit und Verbundenheit, und nicht unbedingt die Tatsache, dass man sich an ein und demselben Ort befinden muss.

Andererseits ist es aber auch verständlich, dass es schwerfällt, sich an diese, sagen wir, moderne Definition von Nähe zu gewöhnen. Ich glaube, ich fühle mich meinen guten Freund*innen und meiner Familie zugegebenermaßen auch näher, wenn ich sie regelmäßig sehe. Wiederum sagt man, dass Abstand Nähe schafft – und wenn ich darüber nachdenke, weiß ich meine Liebsten tatsächlich oft mehr zu schätzen, wenn ich sie gerade nicht um mich herum habe.

Nähe hin oder her – man muss lernen, dass es in Ordnung ist, mit den Erwartungen, die die Menschen um uns herum hegen, zu brechen. Natürlich fällt das besonders schwer, wenn es sich um die eigene Familie handelt, von der man das Gefühl hat, sie zu enttäuschen, wenn man sich traut, das Leben zu leben, das man eigentlich leben will. Aber: Es ist okay, eine andere Vorstellung vom Leben zu haben. Und wer dich liebt und sich als Teil deiner Familie bezeichnet, wird das akzeptieren. Vielleicht vorerst zähneknirschend – aber irgendwann vielleicht tatsächlich.

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