Gestrandet in Mexiko

„Gestrandet“ in Mexiko: ein Reisetagebuch

Politische Machtspielchen und unfassbare Stories

Wie schon gesagt, liegt San Cristóbal de las Casas im Staat Chiapas – einer der ärmsten Staaten Mexikos. Generell spielt sich der Gegensatz zwischen Arm und Reich in Mexiko zwischen Süden und Norden ab. Guerrero, Oaxaca und Chiapas zählen zu den ärmsten Staaten. Während die großen Industrien in den an die USA grenzenden Staaten des Nordens beheimatet sind. In Chiapas befindet sich eine Niederlassung von Coca Cola.

Das Wasser im Staat, zu dem die Bevölkerung Zugang hat, ist von unfassbar schlechter Qualität. Weil Coca Cola das ganze gute Wasser nutzt, um Coca Cola zu produzieren. Als Entschädigung dafür, stellt das Unternehmen der Bevölkerung Coca Cola zur Verfügung, die günstiger zu haben ist als trinkbares Wasser in Geschäften. Weil viele Menschen in Chiapas so arm sind und an jeder Ecke sparen müssen, trinken die Menschen also Coca Cola statt Wasser. Kinder und Babys wachsen mit Coca Cola statt Wasser auf – und was tut die Regierung: nichts.

In Chiapas gibt es außerdem die linksradikale, in weiten Teilen indigene und im gesamten Staat sehr aktive Gruppierung der Zapatistas, die in den 90ern einen riesigen Aufstand organisiert, Ortschaften besetzt, Polizei- und Gerichtsakten verbrannt sowie Polizist*innen gefangen genommen hat – wohl aus venganza. Rache. Denn die indigene Bevölkerung in Mexiko wird von der Regierung quasi nicht gesehen und von der Polizei zu deren Belustigung benutzt. Zum Beispiel, wenn Polizist*innen in indigene Ortschaften eindringen und willkürliche Verhaftungen durchführen. Und das sind die harmlosen Geschichten.

Auch abseits vom Politischen ist in Mexiko ziemlich vieles ziemlich verrückt. Zum Beispiel gibt es in der Apotheke einen pinken Saft, der gegen einfach alles hilft, und den man rezeptfrei und ohne jeden sonstigen Aufwand bekommen kann. Sehr vertrauenswürdig. Und man kann einfach in Arztgebäude und in die Räumlichkeiten hineingehen. Ohne, dass da ein*e Arzt*Ärztin oder irgendeine Aufsichtsperson ist. Und wenn man dann bezahlen will, wird einem gesagt, dass das schon passt und die Behandlung nichts kostet. Äußerst erfreulich.

Manchmal gibt es außerdem einfach Straßenblockaden, die dafür sorgen, dass Busse nicht fahren können. Oder Routen, die so gefährlich sind, dass Busgesellschaften sich dazu entscheiden, die Direktroute von 6 Stunden zu umfahren und stattdessen einen Weg von 15 Stunden auf sich zu nehmen. Sehr liebenswertes Chaos!

Die Yucatán-Halbinsel – Lohnt es sich?

Obwohl ich in Mexiko also viel gelernt und auch viel erlebt habe, bin ich mit dem Land als Ganzes nicht warmgeworden. Alles, wovon ich berichtet habe, bezog sich auf Chiapas und in Teilen auf Oaxaca.

Nur leider habe ich etwa die Hälfte meiner Zeit auf der Yucatán-Halbinsel verbracht. Bestehend aus den Staaten Yucatán, Campeche und Quintana Roo. Alle Orte, an denen ich in diesen Staaten war, haben sich ein bisschen so angefühlt wie ein einziges Ferienresort für gelangweilte und partywütige Europäer*innen und US-Amerikaner*innen. Mit der Kultur, Geschichte, Politik oder Mentalität Mexikos hat das nichts zu tun. Und: Die Städte sind mehr oder weniger gleich. Wenn ihr einen schönen Strand sucht, würde ich euch Isla Holbox empfehlen, und ansonsten ist der einzige Ort, an dem man in Yucatán ein bisschen Zeit verbringen sollte, entweder Mérida oder Valladolid. Von beiden Orten aus sind sowohl schöne Cenoten als auch Chichén-Itzá erreichbar – und das ist auch schon alles, was es in Yucatán zu sehen gibt. Es sei denn, ihr steht auf Touristenansammlungen und Fake-Orte.

In Mexiko habe ich mich in keinem Moment auch nur ansatzweise unsicher gefühlt – im Gegensatz zu Costa Rica und Kolumbien, wo ich vorher war. Und ich glaube nicht, dass das daran liegt, dass Mexiko per se so sicher ist, sondern daran, dass ich die Hälfte meiner Zeit an diesen extrem touristischen Orten verbracht habe.

Dass ich mit dem Land nicht warmgeworden bin, ist in Teilen also auch meine eigene Schuld. Ich hätte meine Route anders wählen sollen, und falls ihr vorhabt, nach Mexiko zu reisen, würde ich euch empfehlen, den Großteil eurer Zeit in Mexiko City, Oaxaca, Chiapas, Puebla oder auch im Norden Mexikos zu verbringen – letztere zwei Orte habe ich leider nicht kennengelernt, weil ich wohl aufs falsche Pferd gesetzt hatte.

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Bildquelle: Leonardo Manjarrez von Pexels, CC0-Lizenz