Fußball-WM-Tippspiel

Das Glück ist mit den Dummen: Wie Ahnungslose beim Tippspiel zum Fußballexperten werden

Die Fußball Weltmeisterschaft sorgt für reichlich sportliche Euphorie und eine gehörige Portion Patriotismus auf der ganzen Welt. Aber nicht nur beim Public Viewing mutiert plötzlich jeder zum Experten. Auch beim Tippspiel zeigt sich häufig: Das Glück ist scheinbar mit den Dummen.

Endlich ist es wieder soweit: Public Viewing, Autokorso, Fußballfieber. Die Stimmung, die bei einem Sportevent der Superlative wie der Fußball Weltmeisterschaft 2018 durch die ganze Welt brandet, sucht ihresgleichen. Selbst erklärte Fußballmuffel bewaffnen sich seit Wochen mit Schals, Fahnen und Vuvuzela und feuern ihre Nationalmannschaft aus voller Kehle an. Public Viewing ist aber auch wirklich ansteckend. Die Feierlaune, die sich an öffentlichen Orten scheinbar in Sekundenschnelle entwickelt, hat schon etwas Magisches.

Genauso viral wie das Public Viewing sind inzwischen die Tippspiele, die rechtzeitig zur Fußball WM wieder wie Pilze aus der Erde geschossen sind. Fast überall wird getippt: Im Büro, in der Schule, im Supermarkt, im Fitnessstudio … plötzlich sind sie alle Experten und können mit ihrem untrüglichen Fachwissen und den nötigen Vibes genau voraussagen, wie die nächste Begegnung im Stadion ausgehen wird.

Die Bandbreite der Tippspiele reicht vom kleinen Wettbewerb unter Kumpels auf dem Notizzettel über fein säuberlich geführte Excel-Tabellen im Büro bis hin zu professionell angebotenen Tippspielen im Internet. Wer beim offiziellen Tippspiel zur FIFA Weltmeisterschaft 2018 dabei sein möchte, kann sich beim Tippcenter des ZDF flugs noch einen Account erstellen. Zum WM-Start haben auch viele Anbieter von Sportwetten im Internet ihr Angebot um klassische Tippspiele erweitert. Besonders beliebt sind Anbieter, bei denen ein Einstieg ohne großen Geldeinsatz möglich ist oder bei denen sogar ein Bonus ohne Einzahlung winkt. Das Prinzip wird unter casinoplusbonus.com erklärt. Auch Arbeitgeber nutzen die Euphorie sportlicher Großveranstaltungen oft als teambildende Maßnahme oder zur Verbesserung der Corporate Identity und organisieren ein Tippspiel, bei dem am Ende auch noch ein attraktiver Preis winkt. Der Einsatz ist gering, der Mehrwert für das Unternehmen oft nicht zu unterschätzen.

Es mag aber durchaus verwundern, wer da beim Orakeln um die noch ausstehenden Fußballergebnisse in den meisten Fällen die Nase vorn hat. Das sind nämlich nicht etwa die eingefleischten Fußballfans, die schon morgens den Sportteil der Tageszeitung unter den Arm geklemmt haben. Die Ahnungslosen sind es, die eigentlichen Sportmuffel, die niemals ihre Ersparnisse für ein Ticket ins Stadion antasten würden. Sie lassen die Fußballgurus beim Tippspiel nur allzu häufig ziemlich im Regen stehen, weil ihre völlig ins Blaue hinein und aus dem Bauch heraus lancierten Spielergebnisse mitten ins Schwarze treffen.

 

Keine Ahnung, aber trotzdem mal die Klappe aufmachen

 

Eine salopp formulierte Lebensweisheit besagt ja: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klappe halten. Ja, da ist viel Wahres dran und so Mancher sollte diesen gut gemeinten Rat im Alltag hin und wieder beherzigen, bevor er sich um Kopf und Kragen redet. Wenn es um Tippspiele geht, scheint die Welt allerdings auf dem Kopf zu stehen. Gerade die Ahnungslosen sind es nämlich, die beim Tippen der nächsten Fußballergebnisse mit geradezu übernatürlich erscheinender Präzision zu Werke gehen.

Woran kann es liegen, dass fundiertes Fachwissen offenbar nicht zwangsläufig den Weg zum Ziel ebnet? Entschuldigung bitte, wir hatten schon einen Kraken als Orakel und der lag mit seinen „Prognosen“ gar nicht mal schlecht. Dass er sich im Vorfeld genau über die teilnehmenden Mannschaft, die eingesetzten Spieler und die Strategien der Trainer informiert hat, möchte hier sicher niemand als Erfolgsrezept ins Feld führen. Absolute Unwissenheit scheint also durchaus auch eine Herangehensweise zu sein, um beim Tippspiel so richtig abzuräumen

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Ein bisschen Statistik gefällig?

 

Das Phänomen ist so interessant, dass sich sogar Akademiker eingehender mit der Thematik beschäftigt haben. Andreas Heuer, Professor für physikalische Chemie an der Universität Münster, ist einmal ganz logisch an dieses eigentlich ziemlich unlogische Phänomen herangegangen. „Der Ausgang eines typischen Bundesligaspiels ist zu 86 Prozent Zufall und nur zu 14 Prozent ein Resultat der Leistungsstärke der beiden Mannschaften“, erklärte der Professor im Interview mit der Welt Online und bringt damit auch im Hinblick auf die Fußball Weltmeisterschaft ein wenig Licht ins Dunkel.

Ja gut, Statistik und Fußballturniere waren ja irgendwie schon immer Best Buddys, aber warum ist der Zufall den Ahnungslosen unter den Fußballfans so viel holder als den Experten? Der Marktwert einer Mannschaft sei es, der die Ergebnisse eines Fußballspiels maßgeblich beeinflusst, sagt Heuer.

„In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass es Mannschaften mit einem niedrigen Marktwert sehr schwer haben, unten rauszukommen“, heißt es in dem Interview mit der Welt weiter, „teure Teams hingegen setzen sich oben fest. So läuft eben der Fußball.“ Absolut unwichtig, da ist sich der Experte sicher, sind übrigens vorangegangene Spiele. Es kommt immer auf die Momentaufnahme und die tatsächliche Tagesform der Mannschaft an. Ok, das hat uns die deutsche Nationalmannschaft in ihrem Auftaktspiel am 17. Juni gegen Außenseiter Mexiko eindrucksvoll vorgeführt. So schnell zeigt man dem amtierenden Weltmeister, was eine Harke ist und verlässt den Platz mit drei Punkten in der Tasche.

Und was machen wir daraus jetzt für unsere eigene Tippstatistik? Unser Chemieprofessor empfiehlt, sich an die statistisch wahrscheinlichsten Ergebnisse zu halten, und das bedeutet: 2:1, 1:2 oder schlicht und ergreifend unentschieden. Die Chance, mit einem solchen Tipp einen Treffer zu landen, ist erfreulich hoch. So, und jetzt ist es aber wirklich gut mit der Statistik.

 

Bauch über Kopf: Warum zu viel Hintergrundwissen das Tippglück trübt

 

Es zeigt sich immer wieder im Leben: Wer zu viel nachdenkt, verpasst vielleicht die besten Chancen. Man kann das Phänomen mit dem Glück der Ahnungslosen nämlich nicht nur von einer statistischen sondern auch von einer psychologischen Seite aus betrachten, wie der Spiegel Online bereits 2012 berichtete. Und das hat Franz Baumgarten, studierter Psychologe aus Potsdam mit einem persönlichen Interesse und Schwerpunkt im Bereich der Sportpsychologie, getan. Sogar seine Diplomarbeit hat er dem Zusammenhang von Expertise und dem Erfolg bei Sportwetten gewidmet.

Damit ist er in guter Gesellschaft, denn das Thema Zufall oder Vorhersagbarkeit von sportlichen Ereignissen beschäftigt die Sportpsychologie schon seit mehr als zehn Jahren. Das wenig überraschende Ergebnis: Auch die Psychologen kommen zu dem Schluss, dass der Zufall bei Spielverläufen der entscheidende Faktor ist und dass Laien deshalb ebenso gute Chancen auf den richtigen Tipp haben wie Experten.

Tatsächlich besagt der psychologische Ansatz sogar, dass zu viel Fachwissen sich eher negativ auf die Prognose auswirken kann, weil Experten versuchen, das Zufallsmoment durch eine Vielzahl an Daten und Fakten, Statistiken, Koeffizienten und das da noch so alles in der Welt der Sportstatistiken herumschwirrt, zu übertrumpfen. Da die Karten im Moment des Spielverlaufs aber immer wieder neu gemischt werden, ist das wenig sinnvoll und kann mehr Verwirrung stiften als Erkenntnis bringen.

Trotzdem müssen fundierte Fachkenntnisse doch etwas wert sein, wenn eine sportliche Begegnung richtig eingeschätzt werden soll. Das sind sie auch, sie müssen nur richtig eingeordnet werden. Und dabei soll das Unterbewusstsein helfen. Schon lange sind sich Psychologen sicher, dass das Unterbewusstsein bei der persönlichen Entscheidungsfindung eine wichtige Rolle spielt und häufig auch der bessere Ratgeber ist als das Bewusstsein. Grund dafür ist die Fähigkeit des Unterbewusstseins, Informationen vor dem Hintergrund der gerade vorherrschenden Umstände zu filtern, zu interpretieren und einzuordnen und ihnen so das richtige Gewicht zum richtigen Zeitpunkt zu verleihen. Zu der Annahme, dass jede Begegnung der Fußball WM eine Momentaufnahme ist, in der alles möglich ist, passt diese Aufgabe des Unterbewusstseins ja ziemlich gut.

Es geht beim Tipperfolg also tatsächlich gar nicht darum, dass das Glück mit den Dummen, oder formulieren wir es lieber etwas versöhnlicher, mit den Ahnungslosen, ist, sondern darum, dass Tipper ohne viel Hintergrundwissen einfach die momentanen Umstände auf sich wirken lassen und ihrem Bauchgefühl vertrauen können, anstatt sich vom Kopf ein Szenario à la „Was wäre wenn?“ oder „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf“ vorschreiben zu lassen. Käme ja tatsächlich mal auf einen Versuch an.

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Bildquelle: stux via pixabay.com unter CC0 Lizenz