Sockige Füße in der Öffentlichkeit

Hassobjekt: Menschen, die in Öffis ihre Schuhe ausziehen

Jeder kennt sie, jeder hasst sie und doch brauchen wir sie wie die Luft zum Atmen: Nervige Klientele und unnütze Gegenstände des Alltags, über die man sich so richtig schön echauffieren kann – da geht es den ZEITjUNG-Autoren nicht anders. Deshalb lassen wir unserer Wut in der Reihe „Hassobjekt“ einfach freien Lauf und geraten überspitzt in Rage. Eins ist sicher: Nichts ist uns heilig und keiner wird verschont. Dieses Mal auf der Abschussliste: Menschen, die ihre Schuhe in den öffentlichen Verkehrsmitteln ausziehen.

Die Zugfahrt, der Flixbus, das Flugzeug – lange Reisen auf engem Raum mit vielen Menschen: so manche Abgründe der Menschheit tun sich dabei auf. Ein Anlass für Gesellschaftsstudien über die Marotten der Mitbürger. Doch eine Eigenheit scheint sich hartnäckig zu halten: Das Ausziehen der Schuhe in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Benimm dich, du bist nicht daheim auf der Couch!

Sockige Füße irritieren

Ein erwachsener Mensch poltert strümpfig an mir vorbei. Auf Socken schlängelt er sich durch den Gang meines Abteils, um die Toilette aufzusuchen. Ich bin verblüfft, sockig laufe ich nur durch meine Wohnung. Sockige Erwachsene in der Öffentlichkeit irritieren mich, in meiner Matrix gibt es das nur daheim in der Diele, in Moscheen oder buddhistischen Tempeln. In der Öffentlichkeit jedoch finde ich sockiges Auftreten von Erwachsenen deplaziert: von den Zehen bis zu den Knien erinnern sie mich an Kinder, die zu groß geraten sind. Erwachsene, die sich sockig in der Öffentlichkeit präsentieren, kann ich nicht ernst nehmen. Jeder Businessmensch verliert in meinen Augen ab dem Moment seine Glaubwürdigkeit und Autorität, in dem er sich entscheidet, sich der Anzugsschuhe zu entledigen.

Mach es dir bitte nicht allzu bequem

Vermutlich verbinde ich sockige Füße einfach mit intimen Privat- und Rückzugsräumen. Denn sehe ich sockig entblößte Füße in der Öffentlichkeit fühle ich mich in meiner Privatsphäre irritiert. Ich finde, dass reisen auf engem Raum eine gewisse Rücksichtnahme auf die zahlreichen anderen Passagiere verlangt. Viele Reisende ziehen ja ihre Schuhe aus, um es sich so richtig bequem zu machen. Für mich ist das zu viel. Auch für mich ist der Sitzplatz zu klein, die Beinfreiheit beschränkt, auch bei mir stauen sich nach vielen Stunden des Sitzens die Flüssigkeiten in den Knöcheln. Aber die Schuhe auszuziehen, um die Beine auf den Nachbarsitz zu legen, ist schon eine gewagte Nummer. Es ist ungeschriebenes Gesetz in den öffentlichen Verkehrsmitteln, dass jeder Passagier nur einen gewissen Raum zur Verfügung hat. Allerdings haben Menschen zahlreiche Tricks auf Lager, um den eigenen Raum größtmöglich zu erweitern: Taschen auf dem Nebensitz, schlafend stellen beim nächsten Stopp, das frauenfeindliche Menspreading oder eben die sockigen Füße auf dem anderen Platz.

Was, wenn die Bequemlichkeit mit den sockigen Füßen erst anfängt? Ich teilte einmal mein Abteil mit einem älteren Paar (das ist eine wahre Geschichte!), die nicht nur sockig vor mir saßen, sondern es fertig brachten, sich beide vor meiner Nase komplett umzuziehen und schließlich ihre normale Tageskleidung in jeweils einen Hausanzug getauscht hatten. Doch damit noch nicht genug mit der Heimeligkeit in meinem Abteil. Ihre Sitzreihe wurde in ein Buffet umgewandelt und verschiedene, stark riechende Speisen – wie Schweizer Käse in mehreren Variationen -aufgetischt. Warum machten sie es sich so bequem und merkten nicht, dass nicht jeder in ihrem Abteil mit Jogginganzugsmodenschau und Gruyère-Duft beglückt werden will?

Most unwanted: Käsefußgeruch

Und kommen wir mal zum Offensichtlichen: Füße riechen. Nicht alle und nicht immer, aber Schuhe und Socken sind ein buntes Fischernetz für allerhand Keime und Bakterien, die wiederum Schweißgeruch produzieren. Und was kann man in einem überfüllten Zug am allerwenigsten gebrauchen? Käsefuß-Schweißgeruch, der sich unter die eh schon zahlreich verbreiteten anderen menschlichen Gerüche des Abteils mischt.

Im Grunde sind Socken im öffentlichen Raum oder auch blanke Füße ein doppeltes hygienisches Debakel. Zum Einen sind das die eben beschriebenen Gerüche. Zum Anderen sind die Böden von Flixbus, Flugzeug und Co. wiederum auch kein Vorzeigebeispiel für Hygiene.

Keep your shoes on!

Ich habe keinen Fußfetisch und keinen Ekel vor Füßen, ich habe ein ziemlich normales Verhältnis zu Füßen. Gepflegte Füße finde ich schön, ungepflegte nicht. Aber privat finde ich Füße trotzdem. In der Öffentlichkeit gehören sie einfach in Schuhe verpackt, ob das barfuß in Sandalen, Birkenstocks, Flipflops oder dann doch in Winterstiefeln eingepackt ist, ist mir dann letzten Endes egal. Nur angekleidet sollen sie sein.

Folge ZEITjUNG auf Facebook, Twitter und Instagram!

Bildquelle: Pexels mit CCO Lizenz.