Jacqueline, 29, will katholische Priesterin werden

Jacqueline, 28, möchte katholische Priesterin werden

Der Glaube hat in Jacqueline Straub ein Feuer entzündet. Dabei hat sie absolut keine klassische „Kirchenkarriere“ hinter sich, wie man sie vielleicht kennt. Jacqueline interessierte sich als Kind nicht besonders für den Glauben und ihre Oma schaffte es damals nicht, sie zu einem Kirchenbesuch zu bewegen. Ihre Eltern bringen ihr zwar christliche Werte näher, betreten die Kirche selbst aber auch nur zu Weihnachten. Erst über eine Freundin lernt sie im Alter von 14 Jahren mehr über den christlichen Glauben und ist sofort begeistert. „Ich möchte unbedingt einmal das machen, was der Priester immer macht!“, sagte sie sich damals. Heute kämpft sie unermüdlich für die Gleichstellung von Mann und Frau in der katholischen Kirche und für das Frauenpriestertum. Mit uns spricht sie im Interview über eine verstaubte Institution, Papst Franziskus und die Missbrauchsfälle. Außerdem vertritt sie die Meinung, dass es sich auch für junge Menschen lohnt, dabei zu bleiben…

ZEITjUNG: Sie kämpfen dafür, katholische Priesterin zu werden. Waren Sie schon immer eine Revoluzzerin?

Jacqueline Straub: Ich selbst weiß nicht, ob ich schon immer so war. Aber die Menschen, die mich von früher kennen, würden das wohl bestätigen. Außerdem sind die Frauen in meiner Familie große Vorbilder für mich, weil sie wahre Kämpferinnen sind und mir immer gezeigt haben, dass man auch als Frau seine Stimme erheben kann und sogar soll. Wenn ich für etwas brenne, dann setze ich mich dafür ein… Das Frauenpriestertum ist natürlich mein Steckenpferd, weil es mich ganz persönlich betrifft.

Sie wollen katholische Priesterin werden. Im evangelischen Glauben könnten Sie als Frau genau das sein. Warum der schwierigere Weg?

In meiner Jugend habe ich mir überlegt, ob ich evangelisch werden soll. Ich habe dann zu Gott gebetet und ihn gefragt, ob das der richtige Weg für mich wäre. Dann habe ich gespürt, dass er das nicht wäre. Ich soll auf diesem Weg bleiben und mich für Frauen in der katholischen Kirche stark machen. Die katholische Kirche ist es wert, dafür zu kämpfen und auch dort die Gleichstellung zwischen Mann und Frau voranzutreiben. Außerdem fühle ich mich im katholischen Glauben sehr wohl.

Ihr Wunsch ist nicht entstanden, weil Sie besonders intensiv im katholischen Glauben erzogen wurden. Wie steht Ihre Familie und ihr persönliches Umfeld zu Ihrer Entscheidung?

Die finden das alle gut und meine Familie steht vollkommen hinter mir. Ich glaube, sonst könnte ich das auch gar nicht schaffen, denn es gibt natürlich auch viel negative Reaktionen. Gerade in den letzten Tagen habe ich wieder sehr viele Hass-E-Mails bekommen und da braucht man Zuhause Menschen, die einen lieben und sagen: „Hey, mach weiter, lass dich davon nicht unterkriegen!“ Meine Freundinnen und Freunde unterstützen mich auch sehr, obwohl viele von ihnen Atheisten sind und selbst überhaupt nichts mit der Kirche anfangen können. Sie finden, die Kirche sollte im 21. Jahrhundert ankommen und das wieder umsetzen, was sie im frühen Christentum bereits gelebt hat: Gleichheit zwischen den Geschlechtern.

Wenn wir gleich beim Umfeld bleiben. Sie haben im letzten Jahr erst geheiratet. Damit hat sich für ihren Wunsch eine weitere Hürde aufgetan. Den Zölibat gibt es jetzt seit ungefähr 900 Jahren. Glauben Sie wirklich daran, dass Sie das Ende noch erleben werden?

Ich hoffe, ja. Das Zölibat ist im 12. Jahrhundert entstanden und zwar aus politischen Gründen und nicht aus theologischen. Damals wurde das damit gerechtfertigt, dass die Priester ihr Erbe in der Kirche belassen und nicht an ihre Kinder weitergeben sollten. Erst im 20./21. Jahrhundert wurde das Zölibat dann nachträglich auch theologisch begründet. Man hat gemerkt, dass das mit dem Erbe nicht mehr zieht und man etwas anders machen muss. Es gibt auch kein Dokument, das sagt, dass der Zölibat nicht geändert werden darf. Die Chance, dass der Pflichtzölibat abgeschafft wird, ist viel größer, als dass Frauen in den nächsten zehn Jahren Priesterinnen werden können.

Was war dann die verspätete theologische Begründung?

Man hat gesagt, dass Jesus auch ehelos gelebt hat und das ist auch besser, wenn man seinen Willen in der Welt verkünden möchte. Mit einer Familie hat man Verantwortung und kann nicht so viel arbeiten. Allein Manager und Managerinnen heute zeigen aber, dass es trotzdem geht. Ein weiterer Aspekt ist die räumliche Ungebundenheit. Man kann Priester auf der ganzen Welt herumschicken, wenn sie irgendwo anders dringender gebraucht werden. Aber das kann man heutzutage beides sehr leicht entkräften. In der Wirtschaft beispielsweise ist das ja Gang und Gäbe, dass jemand längere Zeit im Ausland verbringt und dort arbeitet.