Frag Joanna! „Hormonfrei verhüten ohne Kondom – geht das?“

Birds do it, bees do it, even educated fleas do it… Wir Menschen machen es auch, denn mal ehrlich, wir sind alle sexuelle Wesen. Wir können gar nicht anders. Blöderweise kommt uns aber manchmal die von Cole Porter beschriebene Leichtigkeit abhanden, wenn wir mit nackten Tatsachen konfrontiert sind. Plötzlich sind da Unsicherheiten, Untiefen, Situationen; Dinge sind nicht mehr taghell oder nachtschwarz. Oft bewegen wir uns in den grauen, schattigen Zwischenräumen. Und dann? Für Dr. Sommer sind wir zu alt, unsere Freunde wissen auch nicht alles und manches wollen wir sie lieber nicht fragen. Pornos beantworten einige Fragen, können aber auch neue aufwerfen. 

Geht’s dir auch so, ab und an? Wir haben uns Sexualpädagogin Joanna Stein ins Team geholt. Von nun an wird sie in ihrer Serie eure Fragen rund um die schönste Sache der Welt beantworten. 

Frage: Hallo Joanna, ich bin 27 und nehme jetzt schon relativ lange nicht mehr die Pille. In den letzten Beziehungen und auch sonst so hab ich dann immer auf Kondome zurückgegriffen. Wirklich geil war das nicht, und einige Typen haben sich auch ziemlich dagegen gesperrt. Gibt’s da nicht noch eine gute Alternative, am liebsten ohne Hormone?

Antwort: Tja, da würd‘ ich dir jetzt echt gern was Gutes vorschlagen… Blöderweise gibt es auf dem Verhütungsmittelmarkt aber tatsächlich nichts, was deinen Wünschen aktuell gerecht werden kann. Klar, im Bereich der hormonellen Verhütung hat sich viel getan. Es gibt mittlerweile Präparate, die mit einer geringeren Hormondosis auskommen, und die Nebenwirkungen daher verringern. Ein gutes Beispiel ist da der Ring. Der wird vaginal eingesetzt und kann so die Hormone direkt da abgeben, wo sie hin sollen: zu den Eierstöcken. Weil die Hormone nicht den Weg durch den Magen nehmen müssen, sind auch nicht so viele drin. So weit, so gut, trotzdem immer noch hormonell. Es mag Phasen geben, in denen es Sinn macht hormonell zu verhüten. Es spricht auch nichts dagegen, wenn man eine informierte Entscheidung dafür trifft. Leider hapert es da aber in der Praxis oft ein bisschen. Die meisten Mädels, die sich mit 16 ein Rezept bei ihrer Gynäkologin holen, sind sich nicht so ganz im klaren darüber, dass sie mit der Einnahme eventuell weniger Lust auf Sex haben, eine Depression entwickeln können oder ein erhöhtes Tromboserisiko haben.

 

Was bleibt…ist der Gummi

 

Du hast dich aber, wie gerade beschrieben, nicht ganz zu unrecht gegen hormonelle Verhütung entschieden, und, so leid mir das tut, da bleibt tatsächlich eigentlich nur das Kondom! Alle anderen Verhütungsmethoden ohne Hormone kommen da einfach nicht ran. Das Diaphragma ist ziemlich umständlich in der Handhabung, und auch deutlich weniger sicher. Und die Temperatur- und Kalendermethode sind nicht von ungefähr eigentlich Methoden, mit denen man eine Schwangerschaft sicherstellt… Vom Rausziehen als Verhütungsmethode will ich da gar nicht erst anfangen. Letztlich ist das Risiko, das man eingeht, wenn man so verhütet, ziemlich groß. Das kann und muss aber natürlich jeder für sich selbst entscheiden, ob er das eingehen will. Ab einem gewissen Alter oder einer gesicherten Lebenssituation mag es vielleicht egal sein, ob man mehr oder minder ungeplant ein Kind zeugt.

 

Kondome – die Krankheitskrieger

 

Das Kondom hat außerdem noch einen weiteren, ganz entscheidenden Vorteil, der oft gar nicht so in Betracht gezogen wird. Es schützt ziemlich wirkungsvoll vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen. Das kann außer dem Femidom, dem Kondom für die Frau, kein anderes Verhütungsmittel. Und grad bei Sexualkontakten, wo man jetzt nicht unbedingt auf vertrauensvoller Basis darüber spricht, ob im Schritt alles fit ist, sollte man eher nicht drauf verzichten. Und wenn’s doch mal passiert, was allzu menschlich ist, dann trägt man für die eigene sexuelle Gesundheit, und auch die zukünftiger Partner, die Verantwortung, das mal mit ’nem entsprechenden Test abzuklären.

 

Nachteile von Kondomen

 

Klar haben Kondome Nachteile… Das Aufziehen unterbricht den Spaß mal kurz, es fühlt sich anders an für alle Beteiligten. Männer berichten schon auch mal darüber, dass es alles abschnürt und dann die Erektion nicht mehr so der Hit ist. Dass das keine Freude macht, ist völlig verständlich. Da kann dann helfen, sich mal ein bisschen durch verschiedene Marken und Größen durch zu probieren. Nicht jedes Kondom passt jedem, oder fühlt sich für jede gleich an. Da gibt es tatsächlich große Unterschiede. Und schlussendlich ist das alles eine Sache der Gewöhnung.

 

Nachteile von Männern

 

Zu guter Letzt muss ich mich noch ein kleines bisschen über die Typen aufregen, die sich beschweren, wenn sie ein Kondom benutzen sollen oder ganz selbstverständlich erwarten, dass die Partnerin die Pille nimmt. Zum einen geben sie damit einen Teil des eigenen Schutzes aus der Hand, außerdem verlangen sie damit von ihrem weiblichen Gegenüber, sich ein Medikament einzuwerfen, das sie selbst auf lange Sicht wohl sicher nicht bereit wären, zu nehmen. Mal ehrlich, welcher Typ gibt denn freiwillig über lange Zeit seine Libido ab oder nimmt in Kauf, dass die zumindest eingeschränkt ist? Ganz zu schweigen von all dem anderen Kram…
Die Pille für den Mann ist da also auch keine Alternative. Eh fraglich, ob es sie irgendwann geben wird, aber wenn doch, dann verlagert sie lediglich das Problem.

Also, Augen zu und durch, lern mit Kondomen zu lieben! Das gilt nicht nur für dich, sondern für alle Zaudernden. Je eher ihr euch dran gewöhnt, desto schneller könnt ihr euch auch wieder voll auf das konzentrieren, was bei diesem Thema wirklich wichtig ist: den Sex.