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Krieg der Wolken: Wie E-Zigaretten die Meinungen der Raucher spalten

Unaufhaltsam sind sie auf dem Vormarsch, die Glaubenskrieger der Kaugummiwolke. Die Jünger der E-Zigarette haben ihren Einmarsch in die Büros, Kneipen und Clubs dieser Welt erfolgreich abgeschlossen, auch wenn der keine geschlossene Übernahme war, sondern schleichend vonstatten ging. Vielleicht ist er deshalb so ohne Widerstand und scheinbar unbemerkt über die Bühne gegangen. Und jetzt sitzen die Moralisten der Heizspirale an den Schreib- und Restauranttischen und fabulieren vom gesunden Rauchen, während sie im Nebel ihrer Vapes vor den Natursteinwänden verschwimmen.

Lieber Dampfer, mit deinen Vorträgen über dein neues Spielzeug erreichst du nur Kopfschütteln, den Spott bekommst du gratis noch dazu – ganz selbstverschuldet. Glückwunsch, Du bist jetzt also umgestiegen vom Doppelapfel-Liquid auf Keks mit frischer Milch. Jetzt musst Du nur noch erwachsen werden.

Die größte Angst, die Du als Dampfer hast, ist von einem Unwissenden als Raucher bezeichnet zu werden. Du verkrampfst Dich, atmest schneller und presst mit hochrotem Kopf und brüchiger Stimme hervor: „Ich rauche nicht, ich dampfe!“ Raucher sind für dich die Schwächlinge, die noch nicht den Weg zur Erleuchtung gefunden haben und möglichst zügig vom Tabak loskommen sollten. Vielleicht gehörst du ja zu denen, die von der Zigarette umgestiegen sind und hast Deine eigene spirituelle Reinigungsstory, die du mit den Bedürftigen teilen möchtest.

Du kannst jetzt nämlich endlich wieder weiter als 100 Meter joggen, ohne gleich das Sauerstoffzelt mitnehmen zu müssen. Mit dem Rauchen hast du aufgehört und pumpst dich jetzt mit Chemikalien voll. Auf Nikotin kannst du in deinen Liquids gut verzichten, aber so ganz ohne was zu dampfen geht’s dann halt doch nicht. Aber anscheinend hat dir und deiner Community das Propylenglycol zu sehr das Hirn vernebelt und eine Rechthaberei ausgelöst, die man sonst nur von religiösen Eiferern kennt.

 

Dampfen wird zur Lebensaufgabe

 

Verdampfer werden verglichen, Liquids getestet und Coils gewechselt. „Bei welcher Wattzahl dampfst Du?“ Gespräche über E-Zigaretten können mitunter abendfüllend sein und lassen das Dampfen zur Lebensaufgabe werden. Als Nichtraucher möchte man schreien: „Dampf deinen Müll und gut ist“. Aber so einfach ist das nun auch wieder nicht. Ganze Youtube-Tutorials führen dich zur besten E-Zigarette, denn keine E-Zigarette ist wie die andere. Die eine liegt gut in der Hand, die andere hat das übersichtlichste Display und in den Kommentarspalten wird knallhart diskutiert, welches das beste Gerät ist – und warum alle anderen der letzte Dreck sind.

Aber immerhin in einem ist sich die Community einig: Egal wie schlecht das Liquid, bloß keine Tabakzigarette mehr! Natürlich haben die Dampfer recht, dass die E-Zigarette im Vergleich zur Tabakvariante weniger gesundheitsschädlich ist, aber eine gesundheitsfördernde Offenbarung ist sie deswegen noch lange nicht. Aber vielleicht ist genau das die Rache der Dampfer, die viel zulange von den Rauchern belächelt wurden (und bisweilen immer noch werden).

 

Nicht mehr nur dampfende Minderheit

 

Wie die Proletarier aller Länder vereinigen sich endlich die Dampfer zu ihrer qualmenden Revolution. Wie die Veganer und Sport-Lifestyler haben sie ihre Chance zur Machtübernahme gewittert und predigen aus dem Elfenbeinturm von der gesunden Lebensweise. Die ein oder andere Studie passt da gut ins Bild, die übrigen Studien kann man getrost unter den Tisch fallen lassen. Damit beruhigt ihr Dampfer euer Gewissen und bringt den Tabakkonzernen ein lukratives Nebengeschäft, das gar nicht mehr so nebenbei läuft.

Das Sortiment an E-Zigaretten wird immer größer, die Sorten der Liquids immer abstruser. Ach, und gleichzeitig umgeht ihr ganz geschmeidig das Nichtraucherschutzgesetz, das seit 2007 das ritualisierte Angekeife von Rauchern und Nichtrauchern in der Kneipe unterband. Wo kein Tabak drin ist und nix mehr verbrannt, sondern nur erhitzt wird, da besteht anscheinend kein Bedarf einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen. Durchaus clever! Die Raucher stehen vor der Tür und reiben sich verwundert die Augen. Punkt für die Dampfer.

 

Immerhin sind E-Zigaretten geruchsneutral

 

Die zweite Offenbarung, die uns die Dampfer-Community verkündet, ist die Tatsache, dass die E-Zigarette nicht so schlimm stinkt wie eine Tabakzigarette. Und auch an dieser Aussage kann man auf den ersten Blick nichts aussetzen. Doch wer Kollegen hat, die sich mit der Iqos-Wunderwaffe ausgestattet haben und ihre Tabak-Headsticks am Arbeitsplatz erhitzen, dem brennt bei dieser Aussage sofort der Hut. Denn was die Amerikaner da zusammengebastelt haben, entwickelt beim Gebrauch ein Odeur, das einen nassen Hund wie eine frische Blumenwiese erscheinen lässt.

Außerdem weiß man als Nichtraucher immerhin, was man beim Rauch einer Tabakzigarette zu erwarten hat, während die Wölkchen der E-Zigaretten eine Wundertüte an Aromen versprühen, die sich von Tutti Frutti bis Lollipop für nichts zu schade sind. Es ist als ob man Bertie Botts Bohnen an der frischen Luft verköstigt.

 

Jeder ist auf jeden sauer

 

Die Dampfer wollen keine Raucher sein, die Raucher finden Dampfer lächerlich und die Nichtraucher finden eh alles Scheiße, was dampft oder brennt. Das sind natürlich keine guten Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben. Vielleicht wäre es dann eine gute Idee, wenn alle wieder mehr Rücksicht auf einander nehmen. Liebe Dampfer, feiert eure E-Zigaretten und behelligt die Umwelt nicht mit ihren überwältigenden Vorteilen, dann werdet ihr bald merken, dass es wichtigere Themen gibt, als die Wattzahl eurer neuesten E-Zigarette.

 

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Bildquelle: Unsplash unter CC0 Lizenz