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15 kleine deutsche Städte, die wir absolut abfeiern

„Kleinstadtmief ist das Schlimmste aller Nervengase!“ hat der deutsche Textdichter Lothar Peppel mal gesagt und befand sich dabei bestimmt in einer existentiellen Krise, weil er zu weit weg von Berlin aufwuchs und jeden Abend in den gleichen piefigen, literarischen Salon ging, wo er alle Poesie vortragenden Visagen schon Tausende Male ansehen musste. Und ja, kleine Städte treiben uns punktuell in den Wahnsinn mit ihrer blöden Schnuckeligkeit, ihren viel zu frühen Sperrstunden und der Tatsache, dass man das Haus nicht verlassen kann, ohne irgendeinen Kommilitonen auf dem Fahrrad auf dem Weg in den Stadtgarten zu treffen.

 

Die kleine Stadt ist wie eine angenehme Blase der Zufriedenheit

Aber, heads up: Kleine Städte können so unheimlich viel schöner sein und eine bessere Lebensqualität bieten als die großen Beautys wie München, Hamburg, Berlin oder Frankfurt. Die Wege sind viel kürzer, der Freundeskreis so viel einfacher zusammen zuhalten und überhaupt ist die Blase der Kleinstadt doch auch eine wirklich angenehme. Vielleicht muss man auch einfach komplett weg davon gehen, die Kleinstadt mit der Großstadt vergleichen zu wollen – vielmehr wollen wir den kleinen Städten mal mehr Beachtung schenken, die völlig zu Unrecht viel zu wenig gefeiert werden:

1

Freiburg

Freiburg, die geile Sau, läge am Meer, wenn Frankreich nicht wär. So sagen es die Freiburger und dürfen sich zurecht in ihrer Selbstsicherheit ergötzen und in sich in Ruhm baden. Die Stadt mit den meisten Sonnenstunden, eigenen Fahrradstraßen, einer renommierten Uni und zahlreichen Kneipen ist eigentlich komplett vom Schwarzwald umgeben. Egal, von welchem Balkon man schaut, irgendeinen Berg erblickt man eigentlich immer. In den Weinbergen werden nicht selten kleine Raves gefeiert, im Winter kann man das Snowboard quasi mit in die Uni nehmen und nach der Vorlesung mit der Bahn zum Skilift fahren. Manche Ecken der Stadt wie das Café Sedan fühlen sich an wie Berlin, andere wie Provinz. Herrlich!

Bild via Flickr unter CC BY 2.0 Lizenz

2

Passau

Die bayerische Altstadt mit den drei Flüssen ist wunderschön und kann wassermäßig sowohl mit dem Innstrand als auch mit dem Stausee auftrumpfen. Ist man Student und kann sich gerade Rambazamba erlauben, darf man sich brutal auf die Bootspartys im Sommer freuen, die auf einem Schiff auf der Donau stattfinden – mit Musik, sanfter Windbrise und Seifenblasen. Das Volksfest Passauer Dult ist hier eines der wichtigsten Ereignisse: zweimal im Jahr – einmal im Frühling, einmal im Herbst – wird man sich wohl oder übel überlegen müssen, ob man sich nicht endlich eine Tracht zulegen soll. Egal, ob man sich am Anfang dagegen gesträubt hat. Cafés wie das Sello’s Caffe Bar Centrale machen helle Freude. Und auch wenn die Auswahl an Clubs begrenzt ist und die Busse selbst am Wochenende nur bis halb eins fahren – studieren in Passau kann pures Lebensglück bedeuten.

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3

Weimar

Eine Stadt wie eine Sahnetorte. Etwa 65.000 Menschen leben in dem Ort, den sowohl Goethe als auch Schiller so verehrt haben. 6.000 Studenten studieren hier entweder an der Hochschule für Musik oder an der renommierten, ja sogar hochberühmten, Bauhaus Universität – wobei beide direkt am wunderschönen Stadtpark liegen. Man kann so ziemlich überallhin in zehn Minuten hinflanieren, sich hier einzuleben ist nicht schwer. Wlada Kolosowa hat es in der Zeit mal so wunderbar ausgedrückt: „Man lebt in einem Internat. Der einzige Mensch, den man nicht von der Uni kennt, ist der Grasdealer. Gerüchte verbreiten sich wie Windpocken in der Krabbelgruppe. Geheime Affären: unmöglich.“

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4

Würzburg

Nicht zu groß und trotzdem nicht klein: Würzburg hat eine optimale Größe – vor allem für Studis, deren Heimat das nächste Kaff ist. Wer dann doch mal am Wochenende in der City abhängt, der kennt das Credo: Nach dem Weinfest ist vor dem Weinfest. Von Frühjahr bis Ende Sommer, von Weinstrand über Weindorf – hier gilt nicht ungerne „In Vino Veritas“. Schlappmachen ist nich‘, feiern kann man hier nämlich von Montag bis Sonntag: Montag Ludwig, Dienstag Studio oder Laby, Mittwoch Odeon, Donnerstag Boot und am Wochenende im Club seiner Wahl. Würzburg hat es voll verstanden, sein junges Publikum abzuholen (bis auf die Sperrstunde ab 05.00 Uhr morgens – das ist kacke!) und trumpft zumindest mit ziemlich vielen hipsteresquen Bars und Cafés auf, die sowohl Veganer als auch Carnivoren abholen. Ende Mai ist jährlich das Africa Festival, das mitsamt internationaler Musik, Mampf und Workshops glänzt und zumindest für den Besuch der Eltern herhalten kann.

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5

Celle

Die kleine Stadt in Niedersachsen beschreibt sich selbst als eine moderne, aufgeschlossene und lebensfrohe Stadt mit internationalem Flair. Und ja, damit hat sie Recht: Hier leben Menschen aus mehr als 110 Nationen. Celle ist das südliche Tor zur Lüneburger Heid und wahrscheinlich ein Ort, den wir in erster Linie wegen seiner Nähe zu Hannover abfeiern. Celle ist nämlich als kleiner und schnuckeliger Wohnort für alle ziemlich nice, die in Hannover studieren und täglich die kurze Strecke pendeln können (eine halbe Stunde mit der Bahn). Außerdem hat die Stadt einen Hafen, an dem man abends nach einem busy Tag in der Großstadt Hannover flanieren kann.

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6

Konstanz

In Konschdanz sitzt du im Uni-Hörsaal und hast dabei einen wunderbaren Bodensee-Blick, nach der Vorlesung kannst du vom campus-eigenen Seesteg ins kalte Nass hüpfen. Die Wassersport-Möglichkeiten sind riesengroß: Im wohl schönsten und auch saubersten (Trinkwasserqualität) See Deutschlands kann du nicht nur Schwimmen, sondern auch hervorragend Segeln, Surfen, Rudern oder Tauchen. Wer mal in eine andere, unberührtere Welt flüchten möchte, sollte unbedingt die „Blumeninsel“ Mainau oder die „Gemüseinsel“ Reichenau besuchen. In Konstanz kannst du außerdem wortwörtlich im Paradies leben, dies ist neben der Altstadt auch der schönste Ortsteil der Stadt. Besonders gut Bier trinken gehen, kann man im Klimperkasten, im K9, in der Heimat oder im Kula. Im nebligen Winter sind die Alpen zum Ski-Fahren nicht weit. Und wenn man mal etwas mehr Big City Life haben möchte: einfach ins nur 40 Minuten entfernte Zürich fahren.

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7

Flensburg

Binational, bunt, sehr skandinavisch und direkt am Wasser. Man wird in der nördlichsten kreisfreien Stadt Deutschlands gerne mit dem trockenen „Moin“ oder „Goddag“ begrüßt und wohin man auch blickt, man sieht die „Refugees Welcome“-Parole, die noch immer an vielen Laternenmasten klebt und als Graffiti an Hauswänden zu lesen ist. Rund um die Flensburger Förde kann man an den Stränden rumhängen, die so wunderbare Namen wie Solitüde, Wassersleben und Langballigau haben. Hach. Man sehnt sich nur ein bisschen nach Dänemark, das halt eigentlich nur ein paar Meter weiter ist. Außerdem glänzt Flensburg mit einer Regenbogenfahne auf dem Rathaus und den ersten homosexuellen Ampelmännchen – zu sehen sind unter anderem zwei Männer, die Hand in Hand die Straße überqueren und ein Herz über sich haben.

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8

Mainz

Die kleine Schwester von Frankfurt überzeugt nicht nur mit dem ZDF und dem berühmten Karneval. Ohne den Mainzer Johannes Gutenberg hätten wir den Buchdruck nie erfunden und würden wohl immer noch Lettern in Stein meißeln. Als Student hast du es nicht weit von Fakultät zu Fakultät, denn Mainz hat einen ziemlich hübschen Campus im Zentrum der Stadt. Der Studentenanteil ist enorm hoch und das prägt das junge Stadtbild (bei über 200.000 Einwohnern sind circa 40.000 Studenten im süßen Mainz). Besonders gut leben lässt es sich in der Neustadt. Um den Gartenfeldplatz tummeln sich junge Mamis, Hipster und Alteingesessene. Im Annabatterie oder Nelly´s kannst du dir den lieben langen Vormittag den Bauch vollschlagen. Abends trifft man sich mit seiner Crew im Schick & Schön oder Fiszbah.

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9

Bamberg

„Wir haben nicht Florenz, und wir haben nicht Venedig, aber wir haben Bamberg, nur wissen das viele nicht“, schreibt die Zeit und weiß wahrscheinlich selbst gar nicht, wie unheimlich Recht sie damit hat. Wissen tun es aber auf jeden Fall die Bamberger, die einfach in der völlig übertriebenen Schnuckeligkeit umherwandern, im Café Kranen einen Espresso mitnehmen, sich dann einfach an die Untere Brücke setzen und die beste Zeit ihres Leben haben. Denn, „was a ächder Bambercher is“, der lobt sein Bamberg halt immer – und auch, wenn man nicht aus Franken kommt und erstmal Anschluss suchen muss: Als junger Mensch wirst du von deinen zahlreichen jungen, wilden und freien, ökologisch bewussten Kommilitonen einfach mit auf den Platz vor der Tb5 am Wasser oder eben abends in das Sound’n’Arts mitgeschleppt. Und es wird dir wahrscheinlich gefallen.

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10

Augsburg

Über Augsburg kann man viel schimpfen: Schwäbische Sparfuchs-Mentalität, CSU Bürgermeister und eine Uni, die außerhalb der Innenstadt liegt: Aber trotz all diesen fatalen Merkmalen ist Augsburg nicht nur die Stadt, die wegen ihrem Döner-Verbot bekannt wurde, sondern auch ein ziemlich netter Fleck, in dem es sich gut leben lässt. Die Altstadt ist wie geteertes Karamell: zuckersüß. Über die Jahre hinweg haben viele ziemlich gute Kneipen und Clubs die Türen geöffnet – der City Club und das Hallo Werner lassen uns fast vergessen, dass Clubs wie die „Kantine“ konstant in Gefahr sind, zu schließen. Mit dem Fahrrad kann man sowohl in die kleinen Seen fallen als auch in die vielen Parks und Biergärten. Das Modular-Festival haut uns einmal im Jahr ziemlich gute Mukke um die Ohren und die Brechttage ziemlich viel Kultur – kann man machen!

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11

Lüneburg

Wer Freunde in Lüneburg hat oder selbst dort wohnt, der weiß, dass man niemals unerkannt und ungegrüßt von A nach B kommt. Man kennt sich hier – denn alle studieren Uwi oder Kuwi (Umwelt- oder Kulturwissenschaften) an der renommierten Leuphana Uni. Richtig feiern kann man nicht im Club, deshalb purzeln die meisten Menschen an WG-Partys zusammen, die eigentlich jedes Wochenende irgendwo stattfinden. Lüneburg hat nicht nur wunderschöne, schiefe Fachwerk-Häuschen, sondern auch die kleine, nette Ilmenau, die man ständig überqueren darf. Obwohl die Stadt so klein ist, hat sie es verstanden, die Studis richtig abzuholen – mitsamt veganem Essen, Bierverkostungspartys und geilen Cafés wie dem neu eröffneten Blaenk.

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12

Tübingen

„Tübingen reimt sich auf Hoffnungslosigkeit“, hat einmal der Wortkünstler Jonathan Löffelbein gesagt. Hach, wer nach Tübingen zieht, der ist also entweder hoffnungslos verliebt, naiv oder dumm. Oder? Oh, ganz im Gegenteil, würden die Tübinger hier sagen. Die Stadt Tübingen sieht mit ihren kleinen Gassen und ihrem Schloss älter aus als sie ist – und wer das Schöne im Kleinen finden kann, der ist in dieser Stadt perfekt aufgehoben. Das Café Willi ist mindestens einer der besten Orte der Stadt, bietet nicht nur die besten Kekse und die geilste Einrichtung, sondern auch Flohmärkte und Hinterhofsessions. Auf der Neckarinsel kann man picknicken oder mit dem SUP (Stand UP Paddling Board) rumdüsen, danach im alten Botanischen Garten chillen und sich im Anschluss entweder für Kunst in der Kunsthalle oder für schwäbische Tapas im „Bären“ entscheiden. Hoffnungslos ist hier vielleicht nur die Suche nach Hässlichkeit. Außerdem hängt in der City ein Schild: Hier kotzte Goethe.

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13

Oldenburg

In Goldenburg findest du hanseatischen Küstenflair und schnucklige holländische Gässchen, protzige Altbauten und kleine süße Fachwerkhäuschen. Die Innenstadt ist mit ihrer Mischung aus Backsteingebäuden und Villen, dem Schloss und dem Hafen vielseitig und wunderschön. Im Schlossgarten auf der KiWi (nein, hat nix mit der haarigen Frucht zu tun, heißt KifferWiese) genießt man den Sommer, Abends geht’s in die UmBaubar, in der man sich eh wie Zuhause fühlt oder zum Raven in die Metro. Wenn dich mal das Fernweh packt, sind die Nordsee und Holland auch um die Ecke. In Oldenburg kann man nicht nur hervorragend und günstig in wunderschönen Altbauten wohnen und die alten Gemäuer bei etlichen WG-Partys zum beben bringen, sondern nebenbei auch echt gut studieren und die Welt verbessern: Die Uni ist eine der jüngsten Deutschlands und bietet einen der besten Nachhaltigkeitsstudiengänge „Sustainability Economics and Management“ an.

Bild von Mintje Zorn

14

Osnabrück

In Osnabrück sind die Menschen laut einer Studie am glücklichsten. Kein Wunder, denn der Westerberg mit dem Botanischen Garten, die Altstadt und das gelbe Uni-Schloss sind wirklich fein. Wenn du ein echter Grammar-Nazi bist, ist Osna deine Stadt – denn hier sprechen die Leute angeblich das reinste Hochdeutsch (Oho, noch besser als in Hannover). Neben dieser besonderen Sprachaffinität lässt es sich in Osnabrooklyn sehr gut feiern: in der Kleinen Freiheit kann man zu Indie-Mukke in einem alten Schulbus tanzen, im Pollys gibt es die besten Poetry Slams + super lecker Frühstück und im Tiefenrausch ist der Name Programm. Oh und probiert unbedingt alle eine Praline dort.

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15

Ulm

Wer die perfekte Mischung aus Feiern, Faulenzen und Kultur haben möchte, der ist in Ulm genau richtig. Zusammen mit Neu-Ulm ist die Doppelstadt an der Donau einzigartig, denn hier werden Bayern (Neu-Ulm) und Baden-Würtemberg (Ulm) nur durch den Fluss getrennt. Tagsüber ist die Altstadt das Kulturzentrum schlechthin, nachts wandelt sich das wunderschöne Fischerviertel zur Partymeile. Chillen lässt es sich wunderbar auf den Donauwiesen, die entlang des Flusses zum Sonnen, Entspannen und Abhängen einladen. Das Zentrum von Ulm bildet mit 161,53 Metern Höhe das Münster – somit ist der höchste Kirchturm der Welt in der 122.636 Einwohner-Stadt beheimatet. Der Schwörmontag und das dazugehörige Schwörwochenende stellen das Highlight des Sommers dar: Die ganze Stadt ist auf den Beinen und feiert sich selbst. Wer das einmal erleben will, sollte sich dieses Jahr den 24. Juli merken, nach Ulm reisen und mit wahnsinnigen Erinnerungen wieder in die Heimat fahren.

Bild via flickr unter CC by-ND 2.0 Lizenz

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Titelbildquelle: Pexels unter cc0 Lizenz