Zwei Frauen unterhalten sich am Tisch. Bild: Unsplash

Sprechen wir wie die Nazis? – Nationalsozialistische Alltagsbegriffe

Ein anderes Beispiel: „Betreuung“. „Es war ein Hüllwort für den Mord an Behinderten“, erklärt Heine. Ähnlich ist es mit dem Begriff „Sonderbehandlung“, den die Nazis häufig als Synonym für die Ermordung in den Konzentrationslagern verwendeten. 

Andere Ausdrücke waren zwar schon vor den Nationalsozialisten in Gebrauch, durch den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust werden sie heute allerdings anders verstanden als in ihrer ursprünglichen Bedeutung. „Wenn man etwas ‘bis zur Vergasung’ erhitzt, macht man es so heiß, dass es anfängt zu kochen und verdampft“, erklärt Matthias Heine die ursprüngliche Bedeutung der Redewendung. Der Ausdruck weckt heutzutage natürlich unweigerlich Assoziationen mit dem Holocaust. Und vor allem in Österreich sagt man, jemand kann „sich brausen gehen“, wenn er verschwinden soll. Auch dieser Ausdruck erscheint vor dem Hintergrund des Holocaust in einem völlig unpassenden Licht. Er stellt die Verbindung der gängigen Praxis in den Konzentrationslagern her, als die Neuankömmlinge in die Brausekammer geschickt wurden, wo sie allerdings nicht duschen konnten, sondern vergast wurden. 

Darf ich das noch sagen? 

Sollte ich Wörter wie „Eintopf“ oder „Sonderbehandlung“ also am besten nicht mehr verwenden? Nein, natürlich nicht. Viele Begriffe sind heutzutage schließlich überhaupt nicht mehr ideologisch behaftet. Dieser Meinung ist auch Matthias Heine: „Es geht um Aufklärung, und es geht auch um die Befriedigung von Neugier. Man soll einfach diese Informationen nutzen und sich dann überlegen können: Ist das Wort hier (fehl) am Platze?“ 

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