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Warum Unterwürfigkeit beim Sex dich nicht zu einer schlechten Feministin macht

Sex und Feminismus, das passt nicht zusammen? Doch, wie unsere Kolumne „Stellungswechsel“ beweist. Nadine Kroll befasst sich mit den Fragen, die junge Menschen und speziell Frauen, die gerade ihre Sexualität entdecken, ganz besonders beschäftigen. Es geht um gesellschaftlichen Wandel, Selbstbestimmtheit, neugewonnene Freiheiten, Frauenrechte und natürlich ums Ficken, kurz: um sexpositiven Feminismus und darum, dass sich niemand für seinen Körper oder seine Vorlieben schämen muss.

Du bist beim Sex gerne devot? Lässt lieber deinen Partner die Führung übernehmen, als selbst zu bestimmen, wo es langgeht und fragst dich, was Alice Schwarzer wohl sagen würde, wenn sie mitbekäme, dass du im Bett gern unterwürfig bist? Das geht mir ganz genauso. Zumindest an den meisten Tagen, denn ich bin Switcherin. Das heißt, ich übernehme beim Sex mal die dominante, allzu gerne aber auch die unterwürfige Rolle ein, wobei man devot nicht mit passiv verwechseln darf. Denn auch wenn ich beim Sex gerne devot bin, bin ich immer noch aktiv dabei und lasse das Geschehen nicht nur passiv über mich ergehen.

Die Sache mit der Lust

Unterwürfig sein bereitet mir Lust. Und als Frau die eigene Lust auszuleben, ist für mich etwas Feministisches. Die Sexualität von Frauen wurde lange unterdrückt oder sogar komplett geleugnet. Sie galt als etwas, das man nur für seinen Mann tat, etwas, das man passiv erlebte, eine Sache, bei der man sich den Regeln des Patriarchats unterwarf, die man aber keinesfalls aktiv mitgestaltete. Spaß hatte Frau nicht für sich selbst, sondern maximal für ihren Typen.

Wenn ich erzähle, dass ich beim Sex gerne devot bin, mich voll und ganz hingebe, manchmal sogar würgen oder schlagen lasse, denken die meisten Leute an genau dieses veraltete Bild, das sie von weiblicher Sexualität haben. Diese Vorstellungen könnten nicht weiter von der Realität entfernt sein.

Denn auch wenn ich submissive bin, mich also von meiner*m Partner*in dominieren lasse, tue ich das selbstbestimmt. Weil ich selbst total Bock darauf habe und nicht etwa, weil mein*e Partner*in von mir verlangt, ihm*ihr zu dienen und sämtliche sexuellen Wünsche zu erfüllen, ohne dass ich irgendeine Art von Mitspracherecht dabei hätte.

Die Grundregeln

Eine der Grundregeln, wenn man wie ich BDSM praktiziert, lautet „safe, sane & consensual“. Das bedeutet, dass sexuelle Begegnungen nur dann zustande kommen, wenn sie „sicherheitsbewusst, mit gesundem Menschenverstand und einvernehmlich“ ausgeübt werden. Eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein, auch wenn man nicht der BDSM-Community angehört, aber spätestens seit #metoo ist der ganzen Welt bewusst, dass Sex ohne Einvernehmlichkeit aller Parteien in der Realität häufiger vorkommt als ursprünglich angenommen.

Auch wenn ich mich einer*m Partner*in unterordne, bestimme ich selbst, wie weit ich dabei gehe. Auch als Sklavin bleibe ich ich selbst, mache nur mit, was mir Spaß macht und Lust bereitet und setze meinem dominierenden Gegenüber klare Grenzen. Sowohl bevor es losgeht, als auch zwischendrin. Die Entscheidung, wie viel Macht ich aufgebe, bleibt alleine bei mir. Und das wiederum versetzt mich in eine Machtposition, denn mein*e Dom*me darf beim Spiel nur so weit gehen, wie ich es zulasse. Wenn man es so betrachtet, klingt es schon gar nicht mehr so passiv wie zu Beginn, stimmt’s?

Männer haben Macht und Frauen dienen ihnen nur?

Das Problem liegt also keinesfalls bei dir, wenn du als Frau darauf stehst, dominiert zu werden, sondern vielmehr bei der Gesellschaft. Die meisten Menschen gehen nämlich davon aus, dass ich gegenüber Männern devot bin, dabei habe ich viel lieber mit dominanten Frauen Sex, während ich bei Männern eher die Rolle der Domina einnehme. Das Patriarchat sitzt bei den meisten allerdings hartnäckig im Kopf: Männer haben Macht und Frauen dienen ihnen nur.

In Wirklichkeit sind die Menschen, die dir mit einer solchen Einstellung begegnen, die schlechten Feministen. Offen zuzugeben, dass du dich gerne auch mal hemmungslos durchnehmen lässt und Spaß daran hast, deiner*m Partner*in sexuelle Wünsche zu erfüllen, macht dich allenfalls zu einer besseren Feministin. Denn Feminismus bedeutet eben auch, selbstbestimmt zu leben, der eigenen Lust nachzugehen und darauf zu pfeifen, was andere von deinem Sexleben halten. Es geht sie sowieso nichts an.