E-Sport Tunier

Verleitung zum Glücksspiel – Sind Gamer gefährdet?

Der Boom der Online-Games hat einen eigenen Markt geschaffen und erfreut sich in vielen Ausprägungen immer größerer Beliebtheit. Die bekanntesten Spiele schaffen es bei großen Turnieren bis ins Free-TV und den Spielern winken vereinzelt sogar Preisgelder in Millionenhöhe. Nun haben Videospiele aber nicht immer den besten Ruf in manchen gesellschaftlichen Schichten oder in Zeiten rund um Amokläufe. Jetzt sollen PC-Spieler durch Zocken von Videospielen zu Glücksspielen verleitet werden. Dadurch vergrößere sich die Gefahr, spielsüchtig zu werden. Was ist da dran? Treiben PC-Games die Spieler tatsächlich in die Glücksspielsucht?

In der Vergangenheit wurden nach Amokläufen und erschütternden Taten psychisch kranker Einzeltäter Videospiele und/oder Filme als Übeltäter ausgemacht, die die Jugend verrohen ließen, falsche Werte vermitteln oder gar zum Töten animieren würden. Dabei schießen sich Medien gerne auf First-Person-Shooter ein, bei denen das Ziel tatsächlich darin liegt, seinem Gegenüber mittels einer Schusswaffe den Garaus zu machen.

Da nun einmal aber ein komplexes Gebilde aus verschiedenen, meist traurigen oder dramatischen Umständen zu derlei Taten führt, lassen wir eine erneute Diskussion über den Zusammenhang zwischen Videospielen und (Massen-)Morden beiseite. Denn nun sollen Videospiele auch noch zum Glücksspiel verleiten.

 

Taktik-Shooter als Einstieg ins Glücksspiel?

 

Allen voran hat das Spiel Counter-Strike: Global Offensive (CS:GO), bereits als Killerspiel in Verruf, das Potential, Spieler zum Glücksspiel zu verleiten. Dabei hat das Game an sich nichts mit Glücksspiel zu tun. Seit Jahrzenten ist Counterstrike bei Gamern als extrem taktischer Shooter beliebt und auch heute noch in den Top-Platzierungen der meistgespielten PC-Spiele zu finden. Wie kann so ein Spiel zu Glücksspiel verleiten? Wie gelangt man vom Ballerspiel in die Online-Casinos?

Hier bedarf es einer genaueren Betrachtung folgender Punkte:

•    Das Skin-System von Counterstrike,
•    Den Marktplatz der Spieleplattform Steam und
•    Externe Webseiten, die Glücksspiel anbieten.

CS:GO hat ein Skin-System wie viele andere Online-Games auch. Die Skins sind Verschönerungen bzw. neue Designs für die im Spiel benutzten Waffen. Das Spielgeschehen wird dadurch in keinerlei Maße beeinflusst, die Skins dienen nur der Optik.

 

 

Steigt man durch fortschreitende Spieldauer im Level auf, erhält man hin und wieder Skins vom Spiel geschenkt. Ist man mit diesen nicht zufrieden, kann man mit echtem Geld auch Designs über den Marktplatz von Steam erstehen. Dieser Marktplatz ermöglicht es den Spielern nämlich, Waffendesigns zu kaufen oder zu verkaufen und zu tauschen.

 

Skins als Kryptowährung

 

Das Guthaben bei Steam wiederum lässt sich auf unterschiedlichem Wege mit Geld auffüllen. Die einfachste Methode ist dabei das Aufladen über die Paysafecard, die beispielsweise auch an Tankstellen oder im Supermarkt erhältlich ist. Dabei übersteigt der Preis mancher Waffendesigns das Taschengeld des gemeinen Gamers bei Weitem. Die einfachsten Skins sind zwar für ein paar Cent zu erstehen, die seltensten Skins hingegen gehen für mehr als 1000 Euro über die virtuelle Ladentheke. Die Brücke zum Glücksspiel schlagen Webseiten von externen Anbietern. Davon gibt es einige mit unterschiedlichen Varianten. Die bekanntesten sind eine Seite für Sportwetten auf Counter-Strike-Begegnungen, bei der man auf den Sieger von professionellen CS:GO-Matches tippen muss, und verschiedene Seiten mit Skin-Lotterien.

Bei der Skin-Lotterie setzen die Spieler einen oder mehrere Designs ein, nach deren Wert sich ihre Gewinnchance bemisst. Der Gewinner bekommt alles. Es handelt sich in beiden Fällen, (E-)Sportwetten und Lotterien, um Glücksspiel. Es bedarf jedoch nur eines Steam-Accounts und einiger Skins, um hier zu partizipieren. Die Skins sind hierbei das Zahlungsmittel und wirken wie eine Kryptowährung vergleichbar mit Bitcoin.

 

Einfacher Zugang zum Glücksspiel

 

Soweit zur Theorie. Wem sich die Problematik noch nicht erschlossen hat, der möge bitte weiterlesen. In der Praxis verhält es sich nämlich wie folgt: CS:GO ist ab 16 Jahren freigegeben. Die Spieleplattform Steam setzt ein Mindestalter von 13 Jahren voraus. Die Kontrollen dieser Altersgrenzen fallen jedoch nicht in die Kategorie „ausreichend“. Will man sich altersbeschränkte Inhalte auf Steam ansehen oder herunterladen, muss man nur ein Geburtsdatum angeben, woraufhin man den Zugriff erhält. Dass also auch Kinder und Jugendliche unter 16 in den Kontakt mit CS:GO kommen, ist gewiss. Auf der anderen Seite stehen die Betreiber der Glücksspielseiten, bei denen ebenfalls keine Kontrollen bezüglich des Alters stattfinden. Der Steam-Account reicht aus. Somit wird sogar Minderjährigen das Glücksspiel ermöglicht. Die Hürden, die es zu überwinden gilt, sind nicht gerade hoch. Hinzu kommt, dass das Einsetzen der Gegenstände aus dem Steam-Inventar auf Wetten oder in Lotterien mit wenigen Mausklicks zu bewerkstelligen ist. Das ganze Procedere ist also „kinderleicht“.

 

Es bedarf erheblich besserer Kontrollen

 

Der Betreiber von Steam, Valve, hatte indes wenig Motivation, dem Treiben Einhalt zu gebieten. Das Unternehmen hat im Steam-Marktplatz eine sehr lukrative Plattform gefunden. An jedem Verkauf von virtuellen Gegenständen auf diesem Markt verdient Valve 15% an Transaktionsgebühren. Bei einer durchschnittlichen Spieleranzahl von täglich rund einer halben Million allein bei Counter-Strike, von denen fast alle schon einmal mit Skins gehandelt haben, erwirtschaftet der Betreiber Unsummen durch Gebühren. Nachdem es allerdings wiederholt zu Betrug und Ungereimtheiten im Zusammenhang mit den Sportwetten und Lotterien via Skins kam, hat sich auch Valve dazu genötigt gefühlt, Schritte gegen Glücksspielportale einzuleiten und das größte Wettportal CSGO-Lounge hat die Zahlung mit Waffenskins eingestellt. YouTuber und Spieler von professionellen E-Sport-Teams waren in Machenschaften verwickelt, bei denen es um illegale Glücksspielwerbung und um manipulierte Spiele ging.

Das beliebteste Fußballvideospiel Fifa hat mit ähnlichen Skandalen zu kämpfen. So wurden in Großbritannien YouTuber wegen illegaler Glücksspiel-Werbung für Minderjährige zu hohen Geldstrafen verurteilt. Das Problem ist also nicht an ein Spiel oder Genre gekoppelt, sondern hängt mit der im Spiel verfügbaren Währung zusammen, die außerhalb des eigentlichen Spielprinzips für diverse Glücksspiele verwendet wird. Hier bedarf es besserer Kontrollen der Betreiber und der Politik, so dass illegale Angebote von Glücksspiel gar nicht erst die Chance haben, eine dermaßen hohe Popularität und vor allem Minderjährige zu erreichen wie CSGO-Lounge. Auch YouTuber sind hier in der Pflicht bzw. müssen vermehrt zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie illegale Angebote anpreisen. Die Suchtgefahr darf nicht vernachlässigt werden, auch bei der digitalen Aufmerksamkeit besteht Suchtgefahr.

 

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Bildquelle: Titelbild und Bild 1: adamziaja.com – 125188859 / Shutterstock.com; Infografik: ZEITjUNG.de