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Männer und der Sex: Wenn man bei der Traumfrau keinen hochbekommt

Von Moritz Jung

Sogar ihr Filmgeschmack stimmt. Ich merke, dass ich ein bisschen zittere. Nicht wegen der Filme. Aber auch. Irgendwie. Ich stehe in einem WG-Zimmer. Zurückhaltende Farben mit ein paar wenigen, aber tollen Vintage-Möbeln. Auch wenn ich es gerne minimalistisch halte, komme ich nicht umhin, Caro ein bisschen zu bewundern. Wer hat mit Anfang Zwanzig schon eine Einrichtung, die dem Filmset eines New Yorker Indie-Streifens gleicht? Ich sehe die Fotos über dem Pallettenschreibtisch. Darauf: Mädchen, die ähnlich wahnsinnig gut aussehen wie Caro und Jungs mit dem selbstsicheren Lächeln von Typen, die Gitarre spielen können und wissen, wie gut sie aussehen, aber trotzdem nicht arrogant sind.

Ich sehe nicht schlecht aus, aber eher auf so eine Durchnittsart. An wenigen Tagen denke ich mir: ‚Gar nicht mal so übel‘. An den meisten aber bin ich unausgeschlafen, habe zu lange Haare oder einen Pickel. Ich mache mir nicht sonderlich viel aus Klamotten – was nie ein Problem dargestellt hat. Ganz manchmal aber, fühlte ich mich neben diesen unfassbar stylisch gekleideten Menschen ein wenig unsicher. Wie jemand, der als einziger im Raum die Sprache nicht versteht. Warum ich das alles erzähle?

 

Das schönste Mädchen der Welt

 

Nun ja, drei Stunden vorher saß ich mit Kumpels im Eck einer Bar und trank Bier. Es war ein Montag oder Dienstag. Es herrschte deshalb eher eine After-Work-Stimmung als eine In-dieser-Nacht-ist-alles-möglich-Stimmung. Selbst mein eitler Kumpel Luca hatte sich nicht wirklich zurecht gemacht. Ich trug einen Kapuzenpulli und unter meinen Augen verbündeten sich der wenige Schlaf des Wochenendes zuvor zu einem Augenringpaar, auf das sogar mancher Boxer stolz wäre.

Die anderen gingen rauchen, ich blieb alleine sitzen, nippte an meinem Bier, als mein Blick auf eine Couch fiel, die am anderen Ende des Raums stand. Darauf: ein Mädchen, das laut lachte. Sie warf dabei ihren Kopf in den Nacken. Es war ein entwaffnendes Lachen und eines dieser Lachen, bei der ich, egal ob bei Männern oder Frauen, immer den Drang habe, sie sofort anzusprechen und zu fragen, was so lustig wäre. Als sich ihre Mundwinkel wieder zurückzogen, sah ich eines der schönsten Mädchen, das ich jemals gesehen hatte. Nicht schön im Sinne dieser Werbeplakat-Zahnpasta-Lächeln-Art, sondern auf eine Art und Weise, wie sie jeder nur für sich selbst fühlen kann. So wie Aaron Lucas beste Freundin vergötterte, wir anderen sie zwar ganz süß fanden, das Besondere aber nicht sehen konnten.

Ich bin eigentlich ganz gut im unauffälligen Beobachten. Dieses Mal, an diesem völlig gewöhnlichen Wochentag, aber nicht. Denn ich starrte. So auffällig, dass sie plötzlich ihren Kopf drehte und mich ansah. Ich fühlte mich in etwa so wie vor Jahren, als der Vater einer Nachtbekanntschaft ins Zimmer geplatzt war. Ich würde jetzt gerne schreiben, dass ich ihrem Blick standhielt, leicht lächelte und sie zuerst wegsah. Natürlich blickte ich aber weg, sobald sie mich entdeckt hatte. Ich fühlte mich seltsam ertappt, obwohl es dazu eigentlich keinen Grund gab. Bis die Jungs wieder reinkamen beschränkte ich mich also mit hastigen Sekunden-Blicken, was wahrscheinlich noch gruseliger aussah als das Anstarren.

 

Plötzlich gemeinsam im Club

 

Dass ich drei Stunden später in ihrem Zimmer stehe, war für mich so etwas wie das verspätete Weihnachtswunder, auf das ich mit sieben Jahren vergeblich gewartet hatte. Zwar gibt es da immer wieder Mädchen, aber es gibt auch die, die so unerreichbar scheinen und die mit Typen zusammen sind, neben denen man sich fühlt wie Familienväter neben Ryan Gosling. Das ist gar nicht unbedingt eine Frage des Selbstbewusstseins, denn ich hatte nie ein Problem damit, auf Leute zuzugehen, aber dennoch kommt man nicht umhin, manche Menschen im Stillen zu bewundern. Caro war so ein Mensch. Und keiner, bei dem man plötzlich im Zimmer stand, während sie „noch kurz ins Bad will“.

Dass es trotzdem dazu kam, habe ich Aaron zu verdanken. Er ist zwar der stillste aus unserer Gruppe, hat aber diesen ruhigen Charme, sodass man ihn sofort sympathisch findet. Außerdem hat er eine Freundin, geht also viel gelassener an Bar-Abende ran als wir. Ich erzähle den Jungs also von diesem Wesen, das da drüben am anderen Ende der Bar sitzt. Und eine halbe Stunde später sind wir mit den beiden Mädels auf dem Weg in einen der wenigen geöffneten Clubs. Das ist bei Aaron so, er hat etwas, dem man sich nicht entziehen kann. Er hatte ihre Freundin angesprochen und gefragt, wo man denn hier gut feiern könne. Dass wir nicht von hier seien. Eigentlich eine alte Masche.