Die „Winnetou“-Debatte – Eine einzige große Überreaktion

Das ist die Debatte

Nun titelte die Bild vor ein paar Tagen ganz groß:

„Sender zieht Schlussstrich – ARD zeigt keine Winnetou-Filme mehr“

Und weiter:

„Winnetou“ ist auch bei den Öffentlich-Rechtlichen erst mal abgemeldet!

Was nicht nur missverständlich, sondern auch ausgemachter Schwachsinn ist: Die Rechte haben schließlich nur den Sender gewechselt – „Winnetou“ wurde nicht aus den Öffentlich-Rechtlichen „weggecancelt“, wie die aktuell kursierenden Vorwürfe behaupten. Darauf wird sogar im Bild-Artikel (Link) ganz kurz noch hingewiesen.

Ragebait und fehlgeleitete Diskussionen

Das hindert jedoch Politiker wie Wolfgang Kubicki (FDP), Markus Söder (CSU) und auch den in seiner Partei höchst umstrittenen Boris Palmer (Die Grünen) nicht daran, Kritik zu äußern: So bestimme eine Minderheit, was die Mehrheit lesen dürfe (Palmer) und „das alles“ nehme langsam absurde Züge an (Söder). Hier wird mit dem Vorwurf der Cancel Culture um sich geworfen und ein Autor in Schutz genommen, der gar nicht in Schutz genommen werden muss – weil es ursprünglich gar nicht um ihn ging.

Ravensburger hat eine Buchreihe zu einem Kinderfilm herausgebracht, wie er nicht mehr hätte gedreht werden sollen: Er bedient sich uralten Klischees, die auch schon bei Karl May zu finden sind, aber nicht mehr in die heutige Zeit reinpassen – die Darstellung der Ureinwohner als „edle Wilde“ oder die Rede von „Indianern“, als wäre es eine homogene Gruppe. Es macht einen großen Unterschied, ob eine Geschichte im Jahr 2022 diese Klischees unreflektiert wiedergibt, oder sie bereits vor mehr als 100 Jahren geschrieben wurde – von einem Autor, der das Land, das er in seinem Buch beschreibt, nie mit eigenen Augen gesehen hat.

Eine direkte Konsequenz hat der Aufschrei immerhin: Von allen Seiten wird nun analysiert und geforscht, ob „Winnetou“ doch schädlicher ist, als allgemeinhin angenommen – immerhin soll das Werk eine Lieblingslektüre Adolf Hitlers gewesen sein und das nicht ohne Grund, wie von einigen Wissenschaftler*innen behauptet wird.

Damit haben nun all die Leute, die sich aus Angst vor Zensur und „linker Verbotskultur“ vor den Autor gestellt haben, dafür gesorgt, dass er nur umso mehr ins Kreuzfeuer gerät.

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Bildquelle: Bild: Hinnerk11, Karl-May-Spiele Winnetou I Blutsbrüder 13, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons (Bildgröße geändert); CC BY-SA 4.0