Selbstdiagnose ADHS via TikTok: Warum der Trend gefährlich ist

Auf TikTok wird immer häufiger über psychische Erkrankungen wie ADHS gesprochen. Die Beiträge zu dem Thema können bestärkend sein, doch eine Selbstdiagnose via Social Media birgt auch Gefahren.

Falls du immer noch glaubst, dass TikTok eine App ist, auf der Kinder und Jugendliche ausschließlich tanzen – falsch gedacht! Auf der Plattform werden längst auch psychische Erkrankungen wie ADHS besprochen.

Du verlierst schnell Interesse an Hobbys, kommst oft zu spät oder vergisst oft, wo dein Schlüssel ist? Dann hast du laut TikTok möglicherweise ADHS. TikTok-Creator:innen klären in kurzen Videos über die Symptome von ADHS auf. Unter den Beiträgen tummeln sich Kommentare à la

  • „Endlich fühl ich mich verstanden!“
  • oder: „Jetzt weiß ich endlich, was nicht mit mir stimmt“

Für viele TikTok-User:innen dienen die Posts zum Thema ADHS als Schlüssel zur Selbsterkenntnis. Hinzu kommt: Die Inhalte werden leicht verständlich und niederschwellig erklärt. Die meisten Videos sehen so aus wie das vom selbsternannten „ADHD Girlie“ @tarahelizabeth_: 

@tarahelizabeth_

Who wants me to bring back the ADHD content? 🤷🏼‍♀️ #adhd #adhdtiktok #symptomsofadhd #adhdinwomen #neurodivergent

♬ Beggin‘ – Måneskin

TikTok ist für viele Jugendliche zu einem Safe Space geworden, in dem sie sich als Teil einer „Mental Health Community“ sehen: Sie tauschen sich über psychische Erkrankungen aus und fühlen sich verstanden. Die Nutzer:innen erkennen, dass sie nicht allein sind. Das Bewusstsein für psychische Erkrankungen ist auf der Social-Media-Plattform inzwischen so groß, dass der Hashtag ADHS beispielsweise inzwischen mehr als 19 Milliarden Aufrufe hat. Das Stigma, das die Krankheit umgibt, wird auf TikTok damit eindeutig infrage gestellt.

Fachleute warnen vor der Selbstdiagnose ADHS auf TikTok

Die Enttabuisierung der psychischen Erkrankung ADHS auf TikTok löst bei vielen Anhänger:innen der Generation Z ein Umdenken aus. Doch was für die einen zu einer bestärkenden Selbsterkenntnis führt, kann bei anderen die unbegründete Furcht auslösen, an ADHS zu leiden. 

Der Algorithmus sorgt dafür, dass Posts und Videos zum Thema ADHS auf der Startseite der User:innen landen, die sich nie mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Wer diese TikToks sieht, kann schnell in einer Spirale landen, in der immer mehr vermeintliche Diagnosen aufgezeigt werden.

Das Problem hierbei: Viele Creator:innen gehen nicht achtsam genug mit solchen ernsten Themen um. In vielen Beiträgen fehlt der Kontext sowie wichtige Fakten. So sind Beiträge keine Seltenheit, in denen sich vage Alltagsbeobachtungen mit tatsächlichen Diagnosekriterien mischen. Beispielsweise muss nicht jede Unaufmerksamkeit bedeuten, dass man ADHS hat.