Bye, bye Bargeld: Ein Pro und Contra zum bargeldlosen Leben

Zahlen mit Bargeld fördert die Schattenwirtschaft: PRO von Jan Karon

Wir schreiben den den 02. Februar 2016. Wegen der Zika-Virus-Epidemie wurde der internationale Notstand ausgerufen, die Flüchtlingskrise scheint endgültig zum Spaltpilz der Nation zu werden und Politiker bekräftigten nimmermüde, klare Kante gegen die AfD zeigen zu wollen – da lässt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Bombe platzen.

Ein Vorschlag des Finanzministeriums sieht vor, eine Obergrenze für Bargeldzahlungen einzuführen. Vor dem Hintergrund des Kampfes gegen Geldwäsche, Terrorfinanzierung und Drogenhandel sollen zukünftig nur noch Zahlungen bis maximal 5.000 Euro bar getätigt werden.

Vorschnelle Panik

Schnell ist klar: Sie nehmen uns das Bargeld weg! Machen uns zum gläsernen Bürger! Beschneiden Freiheiten! Und ach ja, bevor ich’s vergesse: Wehret den Anfängen! Erst sind es 5.000 Euro, dann die komplette Abschaffung.

Dabei betonen die Autoren des Gesetzesvorschlags (!), dass es explizit nicht um eine Bargeld-Abschaffung geht, sondern um das Finden einer Grenze, ab wann größere Zahlungen nachvollziehbar gemacht werden können. Das ist eigentlich recht logisch. Wer Transaktionen in hohem Wert tätigt, sollte kenntlich machen, für was er so viel Geld ausgibt. Man mag darüber streiten, ob 5.000 Euro nun die Grenze sein sollte, aber grundsätzlich ist das sinnvoll. Ob der Kauf eines Kleinwagens und Verlobungsringes unter solche Reglementierung fallen sollten? Wahrscheinlich nicht. Aber wenn beispielsweise Wert- oder Eigentumspapiere in weitaus höheren Summen gekauft werden, sollte dieser Kauf elektronisch nachvollziehbar sein.

Es handelt sich also schon mal nicht um eine Abschaffung, sondern um ein Oberlimit. Dieses existiert übrigens in drei Vierteln aller EU-Länder – und Deutschland ist eines von sieben Staaten der Union ohne solche Reglementierung.

Keine Bagatelldelikte

Dazu kommt noch etwas ganz Anderes: Deutschland als Wirtschaftsprimus im Zentrum Europas ist ein Mekka für Geldwäscher.

Eine Studie von Polizeibehörden und Europol, in Auftrag gegeben vom Bundesfinanzministerium, kommt zum Schluss: Bis zu 100 Milliarden jährlich werden in Deutschland gewaschen. 2013 belief sich die Schätzung übrigens noch auf die Hälfte. Zum Vergleich: Der Türkei hat man sechs Milliarden für das Flüchtlingsabkommen zugesichert, der Abgas-Skandal wird VW einen Bruchteil davon kosten. Es handelt sich hierbei schlichtweg um extrem große Summen.

Wenn man in einem Land unbegrenzte Bargeldsummen einbezahlen kann, wirkt das anziehend auf Menschen, die Transaktionen verschleiern wollen. Das macht nicht jeden, der bar zahlt, zu einem Kriminellen. Aber es schützt Kriminelle, die ihr Geld mit Diebstählen, Drogen oder weiteren Schwerdelikten verdienen und intransparent veräußern. Dass es sowas in nicht irrelevantem Maße gibt: Dafür braucht es kein Duisburg-Marxloh, es reicht ein Blick in jede beliebige Großstadt.

Das sieht auch die Nichtregierungsorganisation Transparency International so: „Eine Obergrenze für Bargeldzahlungen ist ein sinnvoller Beitrag, um die Schattenwirtschaft zu bekämpfen“, sagte unlängst Vorstand Caspar von Hauenschild. Diese Schattenwirtschaft ist ein Sumpf, den es auszutrocknen gilt. Anders gesagt: Ein Oberlimit für Zahlungen mit Bargeld wird die Kriminalität nicht aus der Welt schaffen, aber erschweren.

Es geht um Transparenz

Man muss sich einfach mal die Frage stellen: Wann könnte man in die Situation kommen, viel Geld auszugeben? Vielleicht beim Auto-, vielleicht beim Immobilien- und Grundstückskauf, vielleicht bei Aktienkäufen oder Wertanlagen. Wenn diese Dinge bei mir elektronisch auf dem Konto auftauchen – was ja auch noch nicht heißt, dass sie öffentlich oder einsehbar sind –, dann ist das eigentlich ein Preis, den ich zahlen kann.

In den USA oder Skandinavien werden Zahlungen anders abgewickelt. Die Kreditkarte ist dort Usus, Bargeldzahlungen Seltenheit. Dass heißt nicht, dass deswegen faltige Schnauzbartträger in Ministerien überprüfen, wie sich Kontoabbuchungen aus Netflix-Gebühren, Flugtickets und Pubcrawls zusammensetzen. Sollte aber ein konkreter Verdacht auf Geldwäsche vorliegen, soll er es können. Darauf zielt ein solches Gesetz ab.

Datenschutzrechtliche Fragen sind freilich noch zu klären, aber mit der gleichen Vehemenz, mit der „Gläserner Bürger!“ geschrien wird, sollte auch gegen Intransparenz, Nichtnachvollziehbarkeit und Verschleierung von Finanztransaktionen gekämpft werden.

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Bildquelle: Jake Melara unter unsplash.com