pathologie

Ein Tag als Praktikantin – in der Pathologie

 

 

Denn: seit Jahren sinkt die Zahl der Sektionen. Eine Entwicklung, die Riepertinger Sorge bereitet: „Die klinische Sektion ist eine Qualitätskontrolle. Wir bieten dem Arzt, der die Todesursache festgestellt hat, die Möglichkeit, seine Diagnose zu überprüfen. Warum nehmen die Kollegen diese Option nicht mehr wahr? Und warum klären sie die Angehörigen der Verstorbenen nicht über den Ablauf einer Sektion auf?“

 

Der Tod wird totgeschwiegen

 

Wer zu Lebzeiten nicht verfügt hat, dass er nach seinem Tod obduziert werden möchte, überträgt (zumindest im Süden Deutschlands, Obduktionsrecht ist Ländersache) seinen Hinterbliebenen die Verantwortung für diese Entscheidung – und die sind viel zu oft viel zu überfordert damit. „Die Leute beschäftigen sich mit dem Tod erst, wenn im familiären Umfeld jemand stirbt. Und dann sind sie alle völlig ratlos und wissen überhaupt nicht, was zu tun ist. Genau das ist das Problem. Die Menschheit probt den Ernstfall für alles mögliche – nur nicht für den Tod. Da wartet man lieber, bis der Karren an die Wand gefahren ist und wundert sich dann, wenn alles schief läuft.“

Eine sehr deutsche Mentalität: in vielen anderen Kulturen ist der Tod schließlich ein großer, wichtiger Teil des Lebens. In Mexiko feiert man jedes Jahr den Día de los Muertos, den „Tag der Toten“, in Kuba bettet man die Knochen der Verstorbenen nach drei Jahren feierlich um. „Hier höre ich dagegen oft, dass Kinder nicht mit zur Beerdigung der Oma oder des Opas mitkommen sollen. Schwachsinn! Je früher man anfängt, den Tod als etwas Natürliches anzusehen, desto besser“, sagt Riepertinger. Und fügt hinzu: „Jeder von euch wird mal Leiche sein.“

 

95 Prozent lebende Patienten

 

Es ist erstaunlich, wie weit Realität und Imagination auseinanderklaffen, sobald der Begriff Pathologie fällt. Fast jeder meint, dass ein Pathologe nur an Toten herumdoktert. Das stimmt nicht mal ansatzweise: „Wenn Sie im OP sind und Ihnen was raus geschnitten wird, kommt das auch in die Pathologie und wird untersucht. Wir arbeiten zu 95 Prozent mit Biopsien, also mit Material von Lebenden.“ Auch die Begriffe Rechtsmedizin und Pathologie werden fast immer wild durcheinandergemischt – vermutlich dank Krimiserien wie Tatort und Co. „Im Krimi hat der Pathologe nichts zu suchen. Wir kommen nur ins Spiel, wenn es um natürliche Tode geht. Sobald das nicht der Fall ist, übernimmt der Rechtsmediziner die Sache.“