„Flora Cash ist größer als wir“: Das Indie-Liebespaar im Interview

Es ist eine Liebesgeschichte, wie sie das moderne Streaming-Zeitalter nicht besser schreiben könnte: Beide teilen ihre Musik auf Soundcloud – sie in Schweden, er in den USA. Sie hören sich, treffen sich, verlieben sich und schenken uns kurz darauf das schönste und melancholischste Indie-Duo Flora Cash. Pünktlich zur Veröffentlichung ihres neuen Albums „Baby it´s okay“ erzählen uns die „You’re Somebody Else“-Sänger, was sie für die Release-Party geplant haben, wie die Liebe auf Tour Sicherheit gibt und wieso Flora Cash wie ihr gemeinsames Kind ist.

 

ZEITjUNG: Habt ihr für die Release-Party was geplant?
Flora Cash:
Wir werden einfach mit ein paar Freunden hier in Stockholm was trinken gehen und darauf anstoßen.

Ihr lebt zusammen in Schweden?
Genau. Eigentlich fühlt es sich momentan an als würden wir on the road leben, aber unser Appartement ist in Stockholm. Und wir lieben es hier.

Apropos: Ein Song auf dem neuen Album heißt „Missing Home“. Wo fühlt ihr euch am meisten daheim?
Die Orte in denen wir aufgewachsen sind – Minnesota und Småland – werden immer einen speziellen Stellenwert haben. Aber mittlerweile ist auch LA ein bisschen zu unserem Daheim geworden, da leben ein paar Verwandte und unser Manager. In Amerika ist das unser Hauptquartier. Über die Jahre hinweg haben wir gelernt, uns überall wo wir sind daheim zu fühlen. Das ist wichtig, wenn man so viel auf Tour ist. Sonst wird’s echt hart.

Ab März tourt ihr vorerst nur durch Amerika. Können wir auch auf eine Europa-Tour hoffen?
Wir haben im Sommer ein paar Festivals in Europa geplant. Mehr steht leider noch nicht fest.

Und ihr seid auf Tour immer zusammen?
Jap. Beim Job immer zusammen und zuhause auch immer. Aber wir kennen es ja gar nicht anders. Und wir sind so froh, immer zusammen auf der Bühne zu stehen. Wenn einer von uns nervös ist, schauen wir uns einfach in die Augen und alles ist gut. Wir halten uns immer den Rücken frei. Es ist schön, jemanden zu haben, der in der exakt selben Position ist und genau dasselbe durchmacht wie du.

Gibt es auch Schwierigkeiten?
Ein bisschen Zeit alleine zu finden. Aber glücklicherweise brauchen wir das beide nicht so häufig. Ansonsten halt die menschlichen Sachen, die in jeder Beziehung vorkommen – man geht sich mal auf die Nerven, aber das ist schnell wieder gut.

Schreibt ihr die Songs auch immer zusammen?
Wir haben da kein System, das läuft jedes Mal anders ab. Mal fängt einer von uns an und der andere macht weiter oder wir beginnen zusammen und probieren ein bisschen aus. Aber es hat immer unsere beiden Stile drin und wir lieben die Songs alle gleichermaßen.

Würde ein Ende eurer Beziehung das Ende von Flora Cash mit sich ziehen?
Flora Cash existiert auch ohne, dass wir ein Paar sind. Das wäre so, als würden wir einfach für die Kinder zusammen bleiben (lacht). Und eigentlich auch der beste Grund jedes Problem irgendwie zu lösen. Zu viele Beziehungen werden zu schnell einfach beendet. Dass wir uns trennen, wäre der absolute Worst Case. Aber wir würden uns einigen, nicht verbittert darüber zu sein – denn Flora Cash ist größer als wir.

Ihr habt euch in Amerika getroffen, aber die Karriere dann in Schweden gestartet. Warum?
In Minnesota haben wir bereits begonnen, zusammen Musik zu schreiben, aber als es mit Flora Cash richtig ernst wurde, lebten wir bereits in Schweden. Stockholm ist wie ein Mikrokosmos der Musikindustrie: Alle wichtigen Labels sind hier vertreten, aber alles im eher kleinen, familiären Rahmen. Da ist es einfacher, schnell Freunde und Erfolg zu gewinnen. Nicht etwa wie in LA.

Könnt ihr euch an den Moment erinnern, als ihr einen Song von euch zum ersten Mal öffentlich gehört habt?
„You’re Somebody Else“ haben wir zum ersten Mal in Washington im Auto gehört. Da haben wir gleich eine Insta-Story gemacht, und erst später gemerkt, dass die auf stumm gestellt war. Ups. Und ein Freund von uns hat einen unserer Songs mal in einem H&M gehört und uns gleich angerufen – das ist schon ein cooles Gefühl. Obwohl unser Stil vielleicht nicht so in ein H&M passt (lacht).

Stimmt, eure Musik klingt sehr melancholisch. Was wollt ihr bei den Menschen auslösen?
Depressionen. Haha oh nein, Spaß. Wir wollen einfach für alle Gefühle einen Outlet bieten. Wenn du traurig bist, willst du am liebsten traurige Musik hören und im Endeffekt geht es dir dadurch vielleicht besser. Alle unsere Lieder haben dieses ‚Silver Lining‘, das Hoffnung gibt, auch wenn es mal schwer ist oder du mit Angst zu kämpfen hast.

Habt ihr selber Erfahrungen damit?
Ja, leider schon. „You’re Somebody Else“ ist aus einer sehr schweren Phase heraus entstanden: Wir hatten Geld-Probleme, die Karriere verlangte uns einiges ab und wir verloren ein geliebtes Familienmitglied. Dieses Lied ist quasi unsere Selbsttherapie. Und es zeigt, dass aus etwas Schlimmen tatsächlich etwas Schönes entstehen kann.

Beschäftigt ihr euch auch sonst mit Mental Health Awareness?
Wir erwähnen es häufig auf der Bühne und suchen Gespräche. Das wichtigste ist, dass man das Stigma, das auf geistigen Erkrankungen haftet, endlich auflöst. Es sind so viel mehr Menschen betroffen, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Aber gut, wir wollen auch nicht immer negativ und melancholisch sein (lacht).

Deshalb meine letzte Frage aus Vorfreude: Was habt ihr für die nahe Zukunft geplant?
Wir arbeiten schon am nächsten Album und können versprechen: Es wird viele coole Collabs mit anderen Künstlern und Freunden geben.

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Daniel C. Shippey