Bildquelle: Netflix

Dahmer & Co.: Wie True Crime das reale Leid von Betroffenen ausbeutet

True Crime zählt seit Jahren zu den beliebtesten Genres überhaupt. Ob Serien, Filme, Dokumentationen, YouTube Videos oder Podcasts, überall lassen sich die nacherzählten Kriminalfälle finden und ziehen zumeist junge Frauen in ihren Bann.

Ein schwerwiegendes Problem, welches hierbei auftritt, ist, dass der Fokus von True Crime oftmals auf die Verbrecher gelegt wird, während die Opfer und deren Hinterbliebenen in den Hintergrund rücken. Das führt dazu, dass unter den Zuschauer*innen eine gewisse Faszination für den Verbreche*innen entsteht, welche in die Glorifizierung der Person umschlagen kann. 

Durch das Casten von beliebten Schauspieler*innen für die Rolle der Verbrecher, kann zu dem eine Distanz zum realen Verbrechen entstehen. Es wird unbewusst verdrängt, dass es sich um reale Kriminalfälle, Opfer und deren Leid handelt. Bei YouTube Videos hingegen werden oftmals Verbrechen besprochen, während die Person im Video sich beispielsweise schminkt. Das Thema verliert somit an Wichtigkeit und wird zu einer Nebensache. True Crime dient immer weniger als Aufklärung, sondern entwickelt sich zu purem Entertainment. 

Der Fall Jeffrey Dahmer auf Netflix

Aktuell steht besonders die Netflix Serie „Dahmer“ in der Kritik. In der Serie wird das Leben des Serienmörders Jeffrey Dahmer (gespielt von Evan Peters) porträtiert. Dahmer hat zwischen 1978 und 1991 im Bundesstaat Wisconsin 17 Männer, zumeist schwarze Männer, ermordet und zum Teil verspeist. Kritisiert wird die Serie unter anderem dafür, dass die Angehörigen der Opfer nicht um Erlaubnis für den Dreh gefragt wurden. Zudem haben sich nichts vom Profit der Serie erhalten, nachdem ihr Trauma für Unterhaltungszwecke ausgebeutet wurde. 

Die Schwester einer von Dahmers Opfern, Rita Isbell, schrieb dazu „It felt like reliving it. It brought back all the feelings I felt at the time. I was never contacted about the series. I think Netflix should have asked our permission. You didn’t do that. They are just making money off this tragedy.”

Von Dokumentation zu Entertainment

Die Schattenseite von True Crime zeigt sich besonders in den Sozialen Medien. Nach der Veröffentlichung der Serie, wurde häufig kritisiert, dass es zu wenig Gewaltszenen gab. True Crime Kritiker*innen schrieben dazu, dass die Forderung nach mehr Gewalt taktlos gegenüber den Opfern und deren Angehörigen sei. Zudem wurde aufgebracht, dass die Forderung nach mehr Gewaltszenen hauptsächlich von weißen Zuschauer*innen kam, welche somit das reale Leid von den größtenteils schwarzen Opfern herunterspielen. 

Dahmer selbst wurde stark glorifiziert. In den Sozialen Medien tauchen immer wieder Beiträge aus, die den Serienmörder als eine Art Opfer der Gesellschaft verstehen. Zudem scheint es einen Markt zu geben, welcher sich auf Dahmer und ähnlichen Verbrecher*innen spezialisiert hat. Ob Schmuck, Kostüme oder Tattoos, alles rund um Serienmörder*innen wird angeboten. 

Die Opfer und Hinterbliebenen müssen mit anschauen, wie die Obsession rund um True Crime weiter steigt und werden somit dazu gezwungen, ihr eigenes Trauma immer wieder zu durchleben. Anstatt die Fälle aufzuarbeiten, den Fokus auf die Opfer zu setzen und den Angehörigen eine Plattform zu geben, wird das Leid der Menschen ausgebeutet. True Crime scheint den Bezug zur Realität und zur Moral zu verlieren. Der Profit wird über die Menschen gestellt. 

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