Drei Freunde die einen Film auf der Couch schauen.

Liebeserklärung an: den Tatortabend 

Sonntagabend im Ersten, wir auf der Couch, mit Essen in der Hand und am Lachen ohne Ende: Wie der Tatortabend ein Zuhause schaffen kann.

Es sind die kleinen Dinge, die uns unseren tristen Alltag versüßen und das Leben ein bisschen besser machen. Ob es hübsche Gänseblümchen sind, die am Straßenrand wachsen oder eine Kugel deiner liebsten Eissorte – wir alle haben kleine Muntermacher in unserem Alltag, über die wir nur selten ein Wort verlieren. Das soll sich jetzt ändern! Wir bieten euch eine Liebeserklärung an die kleinen Dinge, die uns in stressigen Situationen retten, an schleppenden Tagen motivieren oder uns die guten Tage versüßen! 

Für manche eine Verschwendung der GEZ-Gebühren, für uns die perfekte Unterhaltung am Ende der Woche: 90 Minuten zuschauen, rätseln, wer der*die Täter*in ist, lautstark argumentieren und am Ende „Wusste ich doch!“ sagen, selbst wenn wir es nicht wussten.  

Unbekannter Tatort 

Frisch angekommen in einer neuen Stadt: neue Umgebung, neue Bekannte und jede Menge Unbekanntes. Wie wir dazu gekommen sind, weiß ich gar nicht mehr; nur dass wir plötzlich an einem Sonntagabend alle auf der Couch saßen und gebannt zuschauten, wie auf der Leinwand jemand umgebracht wurde und die Detektive grübelnd in die Kamera schauten.  

Die Stadt, die auf der Leinwand zu sehen war, sollte jetzt unser Zuhause sein. Aber die Orte, die wir sahen, kannten wir noch nicht.  

Beim Dreh 

Den ersten Frühling hier haben wir im Park um die Ecke verbracht. Folgendes Szenario:

Mit einer Picknickdecke und Spielen bewaffnet sitzen wir unter den Bäumen und genießen die ersten Sonnenstrahlen. Hinten am kleinen Pavillon ist sonderbar viel los. Er ist abgesperrt und drumherum tummelt sich eine Menschenmasse. Eine Freundin wagt sich hin und schaut, was passiert: „Die drehen den Tatort”, ruft sie und schon springt der Rest von uns auf, läuft rüber und schaut aufgeregt zu. Der jüngere Kommissar, den wir alle toll finden, hat jetzt eine andere Frisur. Sein älterer Kollege sieht fertig mit der Welt aus. Aus diesem Merkmal entstehen Thesen über Thesen, was im nächsten Tatort wohl passieren wird. Bis die große Enttäuschung kommt: Auf den müssen wir ein Jahr warten. Bis dahin bekommt jede Person von mir zu hören: „Hier wird im nächsten Tatort eine Blutlache entdeckt”, sobald wir am Pavillon vorbeilaufen. 

Langsam zu Hause 

Ein Jahr später: Sonntagabend und wir sind wieder auf dem Sofa. Essen ist bestellt und wir warten gespannt darauf, dass der Fernseher endlich anspringt. Das Datum ist seit Wochen im Kalender markiert und der Tatort beginnt. 

Wir sind nicht mehr neu in der Stadt, kennen die Viertel, Straßen und Läden und erkennen sie auf dem Bildschirm. Lachen über die anderen Namen, die sie den Kneipen gegeben haben und wundern uns, wo diese eine Szene wohl gedreht wurde. 

Ich schaue mich um und fühle mich zu Hause. Meine Freund*innen, meine Stadt und so halt eben auch mein Tatort. Innerhalb von drei Tatort-Episoden aus unserer Stadt sind aus Bekannten Freund*innen und Familie geworden. Wir sitzen eng umschlungen auf der Couch, klauen heimlich das Essen voneinander, reden, lachen und theoretisieren.  

Tradition Tatortabend  

Als Erstsemester*innen sah das Leben noch entspannter aus: Zeit war da und somit haben wir uns sonntags für einen Tatort nach dem nächsten getroffen. Sonntag für Sonntag rutschten wir langsam näher und näher aneinander. Aus Tatortabend wurde Tatortkuscheln, während Blut über die Leinwand geflossen ist. 

Und genau dafür ist er da. Vielleicht war das nicht ganz so geplant, als der erste Tatort ausgestrahlt wurde, aber mittlerweile treffen sich Freund*innen in Kneipen, Familien in Wohnzimmern und Studis eben in der WG-Küche und fiebern mit. Die Vorgeschichte ist irrelevant, nur der Mord und die Aufklärung zählt. Die Story muss nicht immer gut sein, das wird auch nicht erwartet, dafür sind andere Filmabende da. Der Tatort bleibt seine ganz eigene Tradition – ohne hohe Erwartungen: Wir wollen manchmal lachen, weinen und geschockt werden, aber all das zumindest gemeinsam.  

Im Frühling diesen Jahres haben wir alle nicht mehr so viel Zeit, schaffen es nicht mehr so oft, für einen Tatort zusammenzukommen. Aber wenn wir wissen, dass unsere Stadt zu sehen ist, sitzen wir plötzlich wieder alle zusammen auf der Couch.  

Ob es nur der Tatortabend war oder hundert weitere Dinge auch: Irgendwo habe ich es ihm zu verdanken, hier angekommen zu sein. 

Bildquelle: Ron Lach via Pexels; CC0-Lizenz