"Lucky Girl Syndrome"

„Lucky Girl Syndrome“: Macht der TikTok-Trend wirklich glücklich?

Was ist dran am Trend?

Hat das Manifestieren positiver Dinge wirklich zur Folge, dass man das Glück auf der Straße findet? Oder ist das alles Hokuspokus? Ob man wirklich mehr Glück anzieht, nachdem man positive Affirmationen internalisiert und mehrmals wiederholt hat, ist nicht wissenschaftlich belegt – dass Optimismus einen positiven Einfluss auf die Gesundheit eines Menschen hat jedoch schon.

Die Theorie der Selbstbestätigung wurde bereits vielfach von Neurowissenschaftler*innen untersucht. Eine Studie der University of Wisconsin-Madison aus dem Jahr 2015 ergab, dass positive Affirmationen die Gehirnaktivität tatsächlich beeinflussen können. Die neuronalen Bahnen nehmen in dem Teil des Gehirns, der für die Verarbeitung selbstbezogener Informationen zuständig ist, durch positive Aussagen zu. Allein die Vorstellung, dass ein Ziel erreicht wird, verhilft zu einem positiven Erleben. Mit anderen Worten: Gaukeln wir uns vor, ein Glückspilz zu sein, wird unser Gehirn aktiv nach Signalen suchen, die uns beweisen, dass wir es wirklich sind. 

Affirmationen helfen also, weniger negative Gedanken zu haben. Dass wir davon sehr viele haben, ergab offenbar eine Studie der National Science Foundation: Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen bis zu 60.000 Gedanken pro Tag haben. 80 Prozent davon sind negativ. Grund dafür ist der sogenannte „Negativity Bias” des Gehirns, der zur Folge hat, dass wir Negatives stärker wahrnehmen als Positives – selbst dann, wenn beides in gleicher Intensität auftritt. Positive Affirmationen sollen dabei helfen, aus diesem Muster auszubrechen.

Darum ist das „Lucky Girl Syndrome“ -Phänomen problematisch

So vorteilhaft die Manifestation auch sein kann: Sie klingt zu schön, um wahr zu sein. Wenn Positivität so extrem wird, dass sich Menschen negative Gefühle verbieten, kann Positivität auch toxisch und gefährlich werden – das wird oftmals auch toxische Positivität genannt. Es ist wichtig, negativen Gedanken und Gefühlen Raum zu geben. Denn wenn man sich das „Lucky Girl Syndrome“ als Methode zu eigen macht, belügt man bis zu einem gewissen Grad sich selbst. 

Hinzu kommt: Das Phänomen des Lucky-Girl-Syndroms ignoriert die Tatsache, dass das Leben nicht fair ist und dass einige Menschen privilegierter sind als andere. Wenn man die selbsternannten „Lucky Girls“ auf TikTok genau unter die Lupe nimmt, stellt man fest, dass es sich dabei meistens um weiße und konventionell attraktive Cis-Frauen handelt. Es wird so getan, als existierten systematische und strukturelle Vorurteile und Ungleichheiten nicht. Die wenigsten von ihnen werden aufgrund ihrer Hautfarbe benachteiligt worden sein. Oder aus einer niedrigen sozialen Schicht stammen und ökonomische Nachteile haben. 

Positive Affirmationen zu verinnerlichen und nach außen zu tragen, mag für manche funktionieren. Ob positive Affirmationen einem dabei helfen können, sich aus der Armut heraus zu kämpfen oder Krebs zu besiegen, ist zweifelhaft. Wie bei jedem Trend sollte man deshalb auch diesen mit Vorsicht genießen – und vor allem mit einer guten Menge gesundem Menschenverstand.

Auf den folgenden Seiten seht ihr weitere TikTok-Beispiele für das „Lucky Girl Syndrome“!

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Bildquelle: Samson Katt via pexels.com; CCO-Lizenz