Was Frauen zwischen 20 und 70 über die Pille denken

Vor genau 60 Jahren kam die erste Antibabypille in den USA auf den Markt. Bis heute spielt die Pille in all ihren Ausführungen eine große – wenn auch nicht unumstrittene – Rolle in Sachen Verhütung. Wir haben Frauen verschiedener Generationen dazu befragt, welche Rolle die Pille in ihrem Leben spielt oder gespielt hat.

„Die Pille War ein Schritt Richtung Gleichberechtigung“

„Ich war 15 oder 16 Jahre alt, als mich meine Mutter zum Frauenarzt schleppte und mir die Pille verschreiben ließ. Ohne Elternteil bekam man sie damals gar nicht. Männer wollten in dieser Zeit wenig mit Verhütung zu tun haben.
Für mich als Frau bedeutete die Pille Freiheit, einen Schritt in Richtung Gleichberechtigung: Ich konnte auf einmal mit jemandem schlafen ohne Angst davor, schwanger zu sein.  Man hatte plötzlich ein entspanntes Sexualleben. Die 70er Jahre waren ja auch keine prüde Zeit.
Ob die Pille tatsächlich so ein Segen war, weiß ich im Nachhinein nicht. Mit Mitte 20 versuchte ich schwanger zu werden – lange Zeit ohne Erfolg. Da wurde mir erst so richtig bewusst, dass ich über Jahre hinweg ständig Hormone zu mir genommen hatte.“

Lydia, 68

„Die Frauenärztin hatte die Pille als Einzige Alternative verkauft“

„Ich habe die Antibabypille vor circa einem Jahr abgesetzt und für mich haben sich seitdem Welten verändert. Mit 16 hat mir meine damalige Frauenärztin die Pille als einzige Alternative verkauft, trotz mehrmaliger Nachfrage. Vielen meiner Freundinnen wurde sie damals verschrieben, um ihre Akne in Griff zu bekommen und ohne zu wissen, was genau dadurch in ihrem Körper ausgelöst wird. Seit meinem Körper nicht mehr durch Hormone vorgegaukelt wird, dass er schwanger ist, hat er psychisch und physisch wieder eingependelt. Dass meine Stimmungsschwankungen verschwunden sind und mein Körper ein halbes Jahr gebraucht hat, bis meine Periode wieder regelmäßig verlief sind nur zwei Zeichen, was für ein starker Eingriff die Pille in unser Hormonsystem ist. Obwohl die Antibabypille für sexuelle Freiheit steht, machen die negativen Punkte für mich diesen Vorteil nicht wett, gerade weil es mittlerweile einige alternative Verhütungsmethoden gibt.“

Salome, 22

„Mit anderen Verhütungsmethoden habe ich mich nie sicher gefühlt“

„Ich habe mir die Pille zum ersten mal 18 Jahren geholt. Mein Vater hatte mich darauf angesprochen. Der Arzt hatte mit mir über diverse Nebenwirkungen gesprochen, aber nicht über psychische. Mit der Zeit habe ich unterschiedliche Pillen ausprobiert, aber auch immer mal wieder abgesetzt. Nach meinem dritten Kind habe ich dann eine Pille genommen, bei der ich gemerkt habe, dass sie mir nicht gut tut. (Auch) durch die Pille hatte ich Depressionen und Lustlosigkeit, 2012 habe ich sie deshalb abgesetzt. Aber mit anderen Verhütungsmethoden habe ich mich nie sicher gefühlt, ich hatte immer die Sorge schwanger zu sein. Januar 2016 habe ich dann wieder angefangen. Der Arzt hat sich auch mit mir zusammengesetzt und beantwortet mir häufig Fragen dazu. Falls ich noch einmal Probleme bekomme, würde ich es lassen, da es jetzt auch wieder neue interessante Möglichkeiten gibt. Natürlich könnte ich sie auch jederzeit absetzen, aber ob es mir damit anders gehen würde weiß ich nicht. Außer, dass ich dann wieder regelmäßig Angst hätte schwanger zu werden. Denn das kann definitiv noch passieren.“

Sandra, 45

„Man schmeißt die sich jeden Morgen ein und denkt sich nichts dabei“

„Ich habe die Pille zum ersten mal mit 17 genommen, als ich meinen ersten Freund hatte. Das wurde in der Familie auch ganz normal besprochen. Ich war dann bei der Frauenärztin und hab mich beraten lassen. Im Nachhinein merke ich, dass das nicht die beste Beratung war. Weil es einfach total selbstverständlich ist jungen Mädchen schädliche Hormonpräparate zu geben. Aber das war ganz normal und viele meiner Freundinnen haben auch schon die Pille genommen. Das war sehr spannend und ein weiterer Schritt in der Entwicklung, den hat man nicht hinterfragt. Mit der Pille war ich zufrieden, weil ich keine Nebenwirkungen hatte. Jetzt gehöre ich leider zu den vielen Frauen, die die Pille einfach noch nehmen, weil sie sich nicht vernünftig mit dem Thema auseinandersetzen. Ich vertraue anderen Verhütungsmethoden noch nicht genug und ich will einfach nicht schwanger werden. Man ist da so in einem Trott drin, schmeißt die sich jeden Morgen ein und denkt sich nichts dabei. Aber gut ist das auf jeden Fall nicht und stolz darauf bin ich auch nicht.“

Sophie, 25

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Bildquellen: Unsplash