Sam Smith

Homophobie und Fettfeindlichkeit: Unfaire Kritik an Sam Smith

So wie auf dem Titelbild sieht Sam Smith schon seit einer ganzen Weile nicht mehr aus. Mit dem neuen Musikvideo zum Song „I’m Not Here To Make Friends“ hat Sam Smith viel Kritik ausgelöst und so eine kontroverse Debatte angestoßen: Was die negativen Reaktionen mit Homophobie und Fettfeindlichkeit zu tun haben.

Disclaimer: Der Beitrag basiert auf der Wahrnehmung unserer Autorin und enthält dementsprechend subjektive Standpunkte.

Im neuen Musikvideo „I’m Not Here To Make Friends“ kommt Sam Smith im goldenen Helikopter angeflogen. In ein pinkes Tüll-Kleid gehüllt macht sich der Sänger auf den Weg in ein prunkvolles Schloss und zeigt sich später in einem Dessous, einem Korsett und mit Nippel-Pasties. Auf den Herrentoiletten tummeln sich unter anderem Dragqueens.

Smith steht im Mittelpunkt, wird bewundert und verkündet: „I’m not here to make friends, I need a lover“ – ein Motto, das zeigt, dass nicht nur Sam Smiths Outfits, sondern auch die Zeilen der neuen Lieder „freizügiger“ geworden sind.

Androgyne Outfits lösen Kritik aus

Das Video lehnt heterosexuelle, traditionelle Geschlechterrollen zugunsten einer queeren Darstellung ab. Es zeigt geschlechtsspezifische Outfits und sich windende Männer in freizügiger Unterwäsche, die an Lady Gagas Musikvideo zum Song „Alejandro“ erinnern. Obwohl Sam Smith das macht, was unzählige Künstler*innen bereits vor dem Sänger gemacht haben, hat das neue Musikvideo heftige Kritik ausgelöst.

Im Jahr 2023 sollte es lächerlich erscheinen, die Outfits einer anderen Person zu verurteilen, geschweige denn andere Menschen in ihrem Sein und Tun einzuschränken. Die Reaktionen auf Smiths neues Musikvideo beweisen jedoch das Gegenteil: Es wird gemobbt, wo es nur geht. In Reaktionen à la „Aber was ist mit den Kindern?“ steckt eindeutig Queerphobie. Seien wir doch mal ehrlich: Wenn eine schlanke Cis-Frau ein Korsett mit Nippel-Pasties tragen würde, gäbe es diese wütende Debatte nicht. Im Jahr 2019 outete sich Sam Smith als nicht-binär. Im Englischen identifiziert sich Smith inzwischen mit den Pronomen „they/them“.

Auch wurden Fotos von Sam Smith mit der Bitte „Make Men Men Again“ (zu Deutsch: „Macht Männer wieder zu Männern“) gepostet. Als Reaktion darauf veröffentlichte der Queer-Aktivist Matt Bernstein (@mattxiv) kürzlich einen Beitrag auf Instagram, in dem er auf die Männlichkeitsideale der letzten Jahrhunderte hinwies. In dem Beitrag ist beispielsweise ein Foto zu sehen, das in den 1980er-Jahren entstanden ist und einen Mann in einem über dem Bauchnabel endenden Shirt zeigt. Direkt daneben sieht man Sam Smith – ebenfalls in einem Shirt, das den Bauch freilegt.

Warum echauffieren sich also so viele Menschen über Sam Smiths knappe Outfits? Was steckt dahinter?

Der Applaus für Sam Smith bleibt aus

Wenn die vielen Kritiker*innen Sam Smiths Outfits so veurteilen, dann würden sie doch sicher auch eine ähnliche Meinung über Harry Styles‘ Outfits haben, oder? Falsch gedacht. Wenn Harry Styles sich so wie Sam Smith kleidet, wird er als queere Ikone gefeiert. Ein Applaus, der für Sam Smith ausbleibt.

Natürlich haben auch Künstler*innen wie Harry Styles Kritik aufgrund ihrer androgynen Outfits einstecken müssen. Seine Erscheinung hat aber bei Weitem nicht so heftige Diskussionen verursacht. Die Kritik an Sam Smith hängt also offensichtlich nicht allein mit seinen Outfits zusammen: Die meisten Kommentare sind von Fettfeindlichkeit und Homophobie geprägt.

Die Body-Positivity-Bewegung hat zwar einige Fortschritte hinsichtlich der Diversifizierung des Spektrums an Körpertypen erreichen können. Doch die negativen Reaktionen implizieren ganz klar folgendes: Du wirst in der queeren Community nur dann geschätzt, wenn du einen konventionell „schönen“ Körper hast. Nachdem Harry Styles sein androgynes Vogue-Cover postete, waren Fans deutlich schneller darin, unfaire Kritik anzuprangern. So stellt sich doch unweigerlich die Frage: Warum unterstützen und verteidigen wir diejenigen schneller, die einer bestimmten Definition von attraktiv entsprechen?

Androgynität ist nicht nur etwas für konventionell schöne Körper. Sam Smith ist mit den öffentlichen Statements ein Vorbild für viele Menschen, die Geschlechterrollen hinterfragen und sie selbst sein wollen. Es ist schön, sich in seinem Körper wohlzufühlen und sich authentisch auszudrücken. Die Musik von Sam Smith ist eine Ode daran.

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Bildquelle: erintheredmc, Sam Smith Xcel Energy Center 8-24-2018 – 0001 128, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons (Bildgröße geändert)