TikTok-Trend „Sephora-Kids“: Wenn Kinder Kosmetik-Influencer*innen werden

Die Generation Alpha (Kinder und Jugendliche, die nach 2010 geboren wurden) zeigt eine starke Begeisterung für Hautpflege. Dieser „Sephora-Kids“-Trend hat in den USA bereits zu einschneidenden Maßnahmen in Sommerlagern geführt.

Lager wie das Lake Bryn Mawr Camp in Pennsylvania, das Camp Mataponi in Maine und das Tyler Hill Camp an der Grenze von Pennsylvania und New York haben beschlossen, Schönheitsprodukte in ihren Einrichtungen zu verbieten. In Informationsbriefen werden Eltern darauf hingewiesen, dass Make-up-Pinsel und Gesichtspflegecremes zuhause bleiben müssen. Das Camp Canadensis in den Pocono Mountains von Pennsylvania fordert Eltern auf, ihre Kinder auf diese Regel vorzubereiten. Während begrenzte Mengen an Nagellack und Gesichtsmasken erlaubt sind, soll das „Spielen mit Hautpflege und Kosmetik“ nicht zur Hauptbeschäftigung werden.

Eltern unterstützen die Maßnahmen

Viele Eltern begrüßen diese Maßnahmen, da sie sich über den enormen Verbrauch an Schönheitsprodukten durch ihre Kinder beklagen. Laut einem Bericht von NielsenIQ stieg der Ausgabenanteil für Hautpflegeprodukte in Haushalten mit 6- bis 12-jährigen Kindern im letzten Jahr um 27 Prozent. Ein Elternteil berichtet gegenüber dem Business Insider, dass ihre 9-jährige Tochter mit Kosmetiktaschen voller teurer Produkte ins Camp kommt. „Sie hat 40-Dollar-Rouge und Dior-Lipgloss“, erzählte sie.

Auf TikTok sind Kosmetik-Videos von Kindern ein großer Hit. Tausende Grundschülerinnen aus den USA folgen diesem Trend, wie ZDF heute berichtet. Besonders beliebt sind Produkte der französischen Marke Sephora, was zu dem Begriff „Sephora Kids“ geführt hat. In den Videos präsentieren acht- bis zwölfjährige Mädchen ihre neuen Kosmetikprodukte und imitieren Schmink-Tutorials von bekannten Beauty-Influencerinnen. Teure Feuchtigkeitscremes, die umgerechnet 70 Euro kosten, sind keine Seltenheit.

Der Beauty-Wahn lenkt die Kinder nicht nur von den Camp-Aktivitäten ab, sondern nimmt sie völlig ein. „Alles dreht sich um Retinol-Seren, Masken, Hyaluronsäuren und Augencremes“, sagte eine Mutter. Laut Fortune wird der Trend von Influencern und Marken verstärkt, die mit einem gewissen Status verbunden sind. Kinder verbringen mehr als zwei Stunden pro Woche mit Online-Shopping und nutzen oft die Kreditkarten ihrer Eltern, um beliebte Marken zu kaufen.

Skepsis unter Expert*innen

Dermatolog*innen sehen den Trend kritisch. Dr. Brooke Jeffy äußert gegenüber USA Today Bedenken, dass Kinder die Funktion ihrer Haut nicht verstehen und wahllos Produkte anwenden. Die meisten Produkte seien für ältere Erwachsene gedacht, die Falten bekämpfen wollen. Retinol-haltige Produkte seien für junge Haut ungeeignet.

Dr. Penzi stimmt dem zu und berichtet, dass sie bereits negative Auswirkungen bei jüngeren Patient*innen beobachte. „Dieses Alter ist eine Zeit, in der Hautprobleme auftreten können. Hormonschwankungen, Stress und mangelnde Hygiene spielen eine Rolle. Kinder sollten lernen, ihren Hauttyp zu verstehen und richtig damit umzugehen,“ sagte sie. Sie empfiehlt sanfte Reinigungsmittel und Feuchtigkeitscremes sowie Sonnenschutzmittel für Tweens (Kinder zwischen 10 und 13 Jahren). Weitere Produkte sollten nur spezifische Bedürfnisse wie fettige oder zu Akne neigende Haut adressieren.

Hautirritationen und Akne

Dr. Penzi hat unter ihren jüngeren Patient*innen vermehrt Fälle von allergischen Reaktionen beobachtet. „Sie kommen mit Rötungen, Brennen, Juckreiz, Schuppenbildung und Ausschlägen,“ erklärte sie. „Entweder sind sie gegen Inhaltsstoffe allergisch oder die Produkte sind zu reizend für ihre Haut.“ Auch verschlechterte Akne sei häufiger geworden, was auf die übermäßige Nutzung von Hautpflegeprodukten zurückzuführen sei. In der Altersgruppe von 10 bis 12 Jahren sehe sie solche Fälle heute häufiger als früher.

Alex Popken, Vizepräsident für Vertrauen und Sicherheit bei WebPurify, erklärte gegenüber Fortune, dass viele Kinder chronisch online seien und ein höheres digitales Verständnis hätten als ihre Eltern. Diese Online-Welt ermögliche ihnen den Zugang zu Produkten, die sie nicht benötigen.

Kein Grund zur Panik?

Kinderpsychologin Keneisha Sinclair-McBride vom Boston Children’s Hospital meint, dass Panik unnötig sei. Fortune zitiert sie mit den Worten, dass Trends kommen und gehen und die Gen Alpha wahrscheinlich bald ein neues Interesse entwickeln werde. „Wir Erwachsenen machen uns Sorgen, dass sie bald Anti-Aging-Behandlungen wollen,“ sagte sie. „Kinder finden Hautpflegeprodukte einfach nur lustig und wohlriechend.“ Diese neue Begeisterung für Hautpflege mag aus Erwachsenensicht besorgniserregend erscheinen, doch letztlich sind es nur Phasen, die vorübergehen.

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Bild: Vecteezy; CC0-Lizenz