Wann haben Menschen in Europa helle Haut entwickelt – und warum?
Warum haben viele Menschen in Europa helle Haut? „Irgendwas mit Vitamin D und Sonnenlicht“, werden viele sagen und das Thema damit abhaken. Das ist aber nur ein Teil der Antwort, wie Prof. Johannes Krause, Direktor des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig, gegenüber dem MDR erklärt.
Als der Homo erectus (Latein für: „Der aufrechte Mensch“) vor etwa 1,4 Millionen Jahren Afrika verlassen und sich in Europa angesiedelt hat, war seine Haut dunkel – und blieb es auch noch sehr lange. Der Mann aus dem Eis ist tatsächlich ein gutes Beispiel dafür: Ötzi hatte dem neusten Erkenntnisstand nach dunkle Haut (und eine Glatze). Die wohl bekannteste Rekonstruktion von ihm, nämlich mit heller Haut und Haarpracht, ist damit veraltet.
Die helle Hautfarbe, so wie wir sie heute bei Mitteleuropäern finden, ist erst vier- bis fünftausend Jahre alt.
Prof. Johannes Krause
Herausgefunden haben die Wissenschaftler*innen dies anhand genetischer Analysen. Die Theorie, dass Menschen mit zunehmender Entfernung vom Äquator hellere Haut entwickelt haben, um mehr Vitamin D zu produzieren, ist damit vom Tisch – oder? Nein. Diese Erklärung ist nicht per se falsch, nur unvollständig.
Hellere Haut hilft bei der hauseigenen Produktion von Vitamin D, wenn wenig Sonnenlicht vorhanden ist. Man kann es aber auch über die Nahrung aufnehmen und genau das haben Jäger und Sammler bis vor relativ kurzer Zeit auch gemacht. Durch den Verzehr von Fisch und Fleisch konnten sie ihren Bedarf an Vitamin D bereits abdecken, wie Untersuchungen von Knochen ergeben haben. Helle Haut hätte ihre Überlebenschancen nicht signifikant verbessert, es fehlte also der evolutionäre Druck.
Das Fehlen von Fell begünstigte dunklere Haut
Übrigens ist der Homo sapiens nicht der einzige Menschenaffe, der helle Haut hat: Wer schon mal ein Bild von einem Schimpansen ohne Fell gesehen hat, weiß, dass unser nächster Verwandter ebenfalls helle Haut hat. Dass der Mensch sein Fell verlor, ist auf seine einzigartige Art zurückzuführen, Tiere zu jagen.
In jedem von uns steckt nämlich ein echter Marathonläufer. Viele Tiere, die deutlich schneller sind als wir, können dieses Tempo nicht sehr lange halten. Geparden können zwar Geschwindigkeiten von über 100 km/h erreichen, aber nur für kurze Sprints. Daher greifen sie ihre Beute vorzugsweise aus dem Hinterhalt an. Warum das wichtig ist? Weil der Mensch zwar nicht so schnell wie ein Gepard laufen kann, dafür aber deutlich länger durchhält, ohne durch Überhitzung zu kollabieren. Das liegt daran, dass wir schwitzen und so unseren Körper kühlen können – das geht mit Fell nicht.
Ohne Fell ist die Haut aber auch der Sonne stärker ausgesetzt. Daher haben sich in Afrika die frühen Menschen mit dunkler Haut durchgesetzt, da diese besser vor UV-Strahlung schützt und so das Risiko für Hautkrebs senkt (sie macht Menschen aber nicht immun). Diese Menschen haben sich vom afrikanischen Kontinent aus in andere Teile der Welt verbreitet, wo sie bis vor relativ kurzer Zeit ihre Hautfarbe beibehalten haben.