Warum Ehrlichkeit in Beziehungen oft weh tut – aber glücklich macht

Ehrlichkeit ist in einer Beziehung ein Balanceakt. Zu viel Offenheit kann verletzen, zu viele Notlügen schaffen Misstrauen. Doch eine neue Studie legt nahe: Ehrlichkeit zahlt sich langfristig aus. Auch wenn die Wahrheit im ersten Moment schmerzt, verbessert sie das Wohlbefinden beider Partner.

Wie Ehrlichkeit das Beziehungsleben stärkt

Ein Forscherteam befragte 214 Paare über mehrere Monate hinweg zu ihren Erfahrungen mit Ehrlichkeit. Die Ergebnisse zeigen: Wer offen über Wünsche und Probleme spricht, fühlt sich in seiner Beziehung zufriedener. Auch der Partner, der eine unangenehme Wahrheit hört, profitiert davon – zumindest langfristig.

Direkte Kommunikation fördert das Vertrauen und steigert die Bereitschaft, Kompromisse einzugehen. Wenn jemand beispielsweise sagt, dass er sich mehr Unterstützung im Haushalt wünscht oder der andere weniger Zeit mit dem Handy verbringen soll, erhöht das die Chance auf Veränderungen. Laut mdr trägt Ehrlichkeit nicht nur zur Stabilität der Beziehung bei, sondern steigert auch das persönliche Wohlbefinden.

Warum Menschen trotzdem lügen

Trotz der Vorteile ehrlicher Kommunikation greifen viele Menschen in bestimmten Situationen zur Lüge. Eine Untersuchung unter Beteiligung der Universität Kiel zeigt, dass Misstrauen ein entscheidender Faktor ist. Wer seinem Gegenüber skeptisch begegnet, neigt eher dazu, die Wahrheit zu verdrehen.

In einem Experiment wurden Berufsfischer gebeten, vier Mal eine Münze zu werfen und die Ergebnisse in einer anonymen Umfrage anzugeben. Jede gemeldete Zahlseite brachte eine finanzielle Belohnung. Ein Detail machte den Unterschied: Die Einladung zur Umfrage trug entweder nur das Logo von Universitäten oder zusätzlich das Logo der Europäischen Union.

Das Ergebnis: Stand das EU-Logo auf dem Briefkopf, logen rund 30 Prozent der Teilnehmer. Fehlte es, gaben vier von fünf ehrliche Antworten. Laut mdr zeigt dies, dass Menschen Institutionen, denen sie misstrauen, häufiger belügen.

Wie Forscher Lügen entlarven

Aber wie fanden die Wissenschaftler*innen heraus, dass nicht alle Befragten ehrlich waren? Sie nutzten verschiedene Methoden zur Überprüfung der Antworten. Ein zweites Experiment lieferte interessante Erkenntnisse.

Die Fischer bekamen Papierbögen und sollten Schnipsel abreißen. Anschließend konnten sie angeben, ob sie für jeden Schnipsel fünf oder 15 Cent erhalten wollten. Der höhere Betrag wurde jedoch nur ausgezahlt, wenn ihre Schnipselanzahl größer war als die eines zufällig gewählten Vergleichspartners.

Einige Teilnehmer versuchten, ihre Chancen zu verbessern, indem sie fremdes Papier dazulegten. Genau diese Gruppe hatte beim Münzwurf auffällig oft „Zahl“ angegeben. So konnten die Forscher erkennen, wer vermutlich in beiden Experimenten geschummelt hatte.

Ehrlichkeit mit Fingerspitzengefühl

Lügen haben viele Ursachen. Manche sind harmlos, etwa die Geschichten vom Osterhasen oder Weihnachtsmann, die Kindern erzählt werden. Andere dienen eigennützigen Zwecken oder sollen Schaden anrichten.

Die Psychologin Annegret Wolf von der Universität Halle erklärte laut mdr, dass Menschen häufig Kosten und Nutzen einer Lüge abwägen: „Die Wahrheit tut manchmal einfach weh.“ Gerade in Beziehungen sei Ehrlichkeit jedoch entscheidend, weil sie Vertrauen aufbaut. Wer unangenehme Wahrheiten aussprechen muss, könne dies einfühlsam tun – zum Beispiel mit Sätzen wie: „Ich möchte dich nicht verletzen, aber …“.

Das Original dieses Artikels „Ehrlichkeit währt am längsten – auch in Beziehungen: Warum gut gemeinte Notlügen mehr schaden als nutzen“ erschien zuerst bei unserem Partner Smart Up News.

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Bild: Pexels; CC0-Lizenz