Winterschlaf für den Menschen: Zukunftsvision oder Utopie?
Winterschlaf beeindruckt durch seine Effizienz: Tiere wie Igel, Bären oder Fledermäuse sparen Energie, indem sie ihren Körper in einen extremen Ruhezustand versetzen. Wissenschaftler untersuchen, ob dieses Prinzip auch für den Menschen nutzbar wäre – etwa in der Medizin oder Raumfahrt. Doch die evolutionären Unterschiede zwischen Mensch und Tier stellen dabei eine Herausforderung dar.
Warum Menschen keinen Winterschlaf halten
In der Tierwelt spart der Winterschlaf Energie, wenn Nahrung knapp und die Temperaturen niedrig sind. Tiere reduzieren ihre Körpertemperatur und senken ihren Stoffwechsel, um so ihre Ressourcen zu schonen. Menschen hingegen bleiben selbst in eisigen Wintern aktiv. Das liegt unter anderem an ihrem geringen Anteil an braunem Fettgewebe. Der Neurophysiologe Tom de Boer von der Universität Leiden erklärt, dass Training die Bildung von braunem Fett fördern kann, jedoch nicht ausreichend, um einen echten Winterschlaf zu ermöglichen.
Auch die Körpergröße spielt laut National Geographic eine Rolle. Kleinere Tiere wie Fledermäuse verlieren schneller Wärme und benötigen mehr Energie, um ihre Körpertemperatur zu halten. Deshalb profitieren sie besonders stark von einem Energie-Sparmodus. Menschen verlieren aufgrund ihrer größeren Körpermasse Wärme langsamer und sind weniger auf einen Winterschlaf angewiesen. Zusätzlich sorgt die konstante Verfügbarkeit von Nahrung dafür, dass ein solcher Zustand evolutionär überflüssig bleibt.
Der Mechanismus des Winterschlafs
Tiere wie Igel oder Fledermäuse senken ihre Körpertemperatur im Winterschlaf auf wenige Grad über den Gefrierpunkt. In regelmäßigen Abständen wachen sie kurz auf, um sich aufzuwärmen – ein Vorgang, der viel Energie kostet. Braunes Fettgewebe liefert in diesen Momenten die benötigte Wärme.
Diese Aufwachphasen verbrauchen bis zu 90 Prozent der eingesparten Energie. Größere Tiere wie Bären erreichen keine so niedrigen Temperaturen wie kleinere Arten. Dennoch profitieren sie vom reduzierten Stoffwechsel während ihrer Ruhezeiten. Unterschiede in der Anpassungsfähigkeit zeigen, wie vielfältig der Winterschlaf in der Natur genutzt wird.
Können Menschen vom Winterschlaf profitieren?
Die Forschung untersucht, ob ein künstlicher Winterschlaf für Menschen möglich ist. Besonders in der Medizin könnten solche Zustände hilfreich sein, etwa bei Schwerverletzten, um Energie zu sparen und die Heilung zu fördern. In der Raumfahrt wäre der Einsatz bei langen Missionen interessant, um den Verbrauch von Ressourcen zu reduzieren und Strahlenschäden zu minimieren.
Forscher berichten, dass sie bereits Tiere wie Ratten und Schweine mithilfe von Medikamenten in ähnliche Zustände versetzt haben. Diese Experimente stehen jedoch noch am Anfang. Die Medikamente wirken direkt im Hirnstamm, bleiben bisher aber nur kurzzeitig effektiv. Welche langfristigen Auswirkungen sie auf den menschlichen Körper und die Psyche haben könnten, ist noch ungewiss.
Historische Hinweise auf winterschlafähnliche Zustände
Es gibt Berichte, die darauf hindeuten, dass Menschen in früheren Zeiten Energie durch extreme Ruhephasen gespart haben. In kalten Regionen wie Sibirien und Nordspanien schliefen Dorfbewohner während des Winters fast durchgängig und wachten nur zum Essen oder Trinken auf. Diese Praktiken ähneln einem Winterschlaf, hatten jedoch oft gesundheitliche Konsequenzen. Mangelerscheinungen wie Vitamin-D-Defizite oder Wachstumsstörungen traten häufig auf.
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