Ironie Satire

Probleme mit [Ironie]?

Sarkasmus ist ja so ein Prinzip, das nicht überall funktioniert. Manche Leute scheinen regelrecht immun dagegen zu sein und feuern aufgebrachte Leserbriefe wie Kanonenkugeln durch das Internet, wenn sie mal wieder irgendwo gelesen haben, dass Felix Baumgartners Sprung aus 39 Kilometern Höhe für ungültig erklärt wurde, weil er beim Absprung angeblich die Linie um 7 Millimeter übertreten habe. Achso, nicht irgendwo. Im Postillon. Von denen hört man aber auch nur Schlechtes. Prüfen ihre Informationen nicht, verbreiten ständig Falschmeldungen. Armer Online-Journalismus!

 

Satire-Führerschein gegen Gedankenstau

 

Damit sich Leute mit einer kleinen Lese-Satire-Schwäche nicht ständig fehlleiten lassen und um generell dem Herzinfarktrisiko in Deutschland vorzubeugen, hat sich Der Postillon in Kooperation mit anderen Satire-Seiten jetzt etwas einfallen lassen: künftig muss jeder Leser, bevor er Zugriff auf die Meldungen hat, den sogenannten „Satire-Führerschein“ machen. Er wird aus einem kleinen Fragebogen bestehen, in einem zweiten Teil muss man dann testweise einige Nachrichten auf ihren Satire-Gehalt erkennen und Falschmeldungen von seriösen Berichten unterscheiden. Nur wer diesen Test besteht, wird auf die Seite mit den Artikeln weitergeleitet. Damit soll sichergestellt werden, dass nur diejenigen die satirischen Inhalte lesen, die sie auch als solche verstehen.

 

Ein spöttischer Tonfall oder hochgezogene Augenbrauen übersetzen sich nicht in HTML

 

Und vielleicht ist das gar keine so schlechte Idee. Klar, wir lieben die Leserreaktionen und Facebookkommentare, die der Postillon manchmal veröffentlicht. Sie schäumen vor Wut und Rechtschreibfehlern und erhellen meist unseren Tag. Einfach, weil wir uns an fast nichts so sehr freuen können wie an der Dämlichkeit anderer Leute. Aber es zeigt auch: Satire ist ein schwieriges Verfahren. Besonders im Internet, denn Ironie und Sarkasmus verraten sich vor allem durch Mimik und Gestik. Ein spöttischer Tonfall oder hochgezogene Augenbrauen übersetzen sich nicht in HTML. Gedrucktes schluckt alle Nuancen. „Satire is dying because the internet is killing it“, titelt The Guardian.

Im August wurde bekanntgegeben, dass Facebook an einem Satire-Tag arbeitet, mit dem künftig Artikel von Seiten wie The Onion, dem amerikanischen Äquivalent zum Postillon (und dessen Vorbild) idiotensicher als [Satire] gekennzeichnet werden sollen. „It should perhaps be noted that Facebook isn’t introducing the satire tag because it thinks we’re all morons, but rather because it knows we’re all morons”, heißt es im Artikel des Guardian. Aber zu unserer aller Verteidigung: Mittlerweile gibt es so viel Schund im Internet, machen so viele Leute die absurdesten Dinge und meinen es völlig ernst damit; Ironie, Pardoie, Satire oder Wirklichkeit, wie soll man da noch durchblicken? Wie sagte Robert Neumann so schön – „Manche Leute braucht man nicht zu parodieren. Es genügt, wenn man sie zitiert.“

Bevor uns die ersten entrüsteten Leserbriefe erreichen: Das mit dem Satire-Führerschein ist übrigens erfunden. Aber wir fänden es gar nicht mal eine schlechte Idee. Das mit dem Facebook-Tag ist (leider) wahr.

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