Sharon Horgan und John Hoogenakker als Eltern von Amanda Knox in der Disney+-Serie „The Twisted Tale of Amanda Knox“.

„Es war eine tragische, schlimme Geschichte“ – So erzählt „The Twisted Tale of Amanda Knox“ den umstrittenen Mordfall neu

In der neuen Miniserie The Twisted Tale of Amanda Knox übernehmen Sharon Horgan und John Hoogenakker die Rollen von Amandas Eltern. Sie verkörpern jene Familie, die 2007 durch die Festnahme der damals 20-jährigen US-Studentin in Italien ungewollt in den Fokus eines weltweiten Justiz- und Medienspektakels geriet. Mit beiden Schauspielern haben wir über die Herausforderung gesprochen, einen der aufsehenerregendsten True-Crime-Fälle unserer Zeit nachzuzeichnen.

Der Fall Amanda Knox sorgte weltweit für Schlagzeilen: 2007 wurde die US-Studentin in Perugia festgenommen, nachdem ihre Mitbewohnerin Meredith Kercher ermordet aufgefunden wurde. Knox und ihr damaliger Freund Raffaele Sollecito wurden zunächst wegen Mordes verurteilt – sie zu 26, er zu 25 Jahren Haft. Später stellte sich heraus, dass DNA-Spuren zu einem anderen Mann führten, der schließlich zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Nach Jahren widersprüchlicher Urteile – Verurteilung 2009, Freispruch 2011, erneute Verurteilung 2014 – wurde Knox 2015 endgültig freigesprochen. Bis heute gilt der Fall als einer der umstrittensten Justizskandale Europas.

Die sechsteilige Serie, die am 20. August 2025 auf Disney+ erscheint, erzählt den Fall Amanda Knox erstmals aus Sicht der Betroffenen selbst. Knox, inzwischen 38 Jahre alt, ist nicht nur Vorlage der Hauptfigur (gespielt von Grace Van Patten), sondern auch als ausführende Produzentin beteiligt. Der Fokus liegt weniger auf der Tat selbst als auf der Frage, wie Wahrheit entsteht – und wie Justiz, Polizei, Boulevardmedien und Mitgefangene aus einer jungen Frau eine Projektionsfläche machen: mal Opfer, mal Täterin, mal „Engel mit den Eisaugen“.

The Twisted Tale of Amanda Knox zeigt eine Amanda, die der italienischen Sprache kaum mächtig ist und unter dem Druck der Ermittler widersprüchliche Aussagen macht – Aussagen, die ihr 2009 eine Verurteilung zu 26 Jahren Haft einbringen. Nach Freispruch, erneuter Verurteilung und endgültiger Freisprechung durch den italienischen Kassationsgerichtshof im Jahr 2015 wird deutlich: Nicht nur das Rechtssystem, auch die Öffentlichkeit hat eine Rolle gespielt, die noch lange nachwirkt.

ZEITjUNG: Du bist bekannt dafür, scharfsinnige, komplexe Frauen mit einem Hauch Sarkasmus zu spielen. In dieser Serie wirkst du jedoch viel verletzlicher und emotionaler. Wie bist du an die Rolle von Amandas Mutter herangegangen, die mit so intensiven Gefühlen umgehen muss?

Sharon Horgan: Genau deshalb war ich auch ziemlich nervös. Ich habe viel Zeit mit K.J. Steinberg verbracht, der Autorin und Showrunnerin der Serie. Und ich bin die Rolle so angegangen, wie ich jede Rolle angehe: Ich habe viel darüber nachgedacht und wollte sie so echt wie möglich spielen. Ich habe viele Dokumentationen gesehen, alles online gesucht, was ich finden konnte, auch Interviews mit ihr. Ich wollte verstehen, wie eine ganz normale Frau mit dieser furchtbaren Situation umgehen musste – vor Kameras zu sprechen, ihre Tochter nach außen zu vertreten. Aber eigentlich war schon alles im Drehbuch angelegt. Ich habe dem vertraut – und auch dem großartigen Team dahinter. Die hatten so viel Erfahrung darin, gute Geschichten zu erzählen. So hatte ich das Gefühl, trotz der großen Herausforderung in sicheren Händen zu sein.

ZEITjUNG: In den meisten True-Crime-Serien können die betroffenen Personen nicht mitbestimmen, wie sie dargestellt werden. Amanda Knox war hier aber auch hinter der Kamera als ausführende Produzentin beteiligt. Hat das die Erzählweise verändert?

Sharon Horgan: Ja, absolut. Es ist kein klassisches amerikanisches Crime- oder Gerichtsdrama. Wir schauen mit einem breiteren Blickwinkel auf ihre Geschichte, ziehen viel aus ihren Erfahrungen und betrachten auch, was vor und nach dem Prozess passiert ist. Natürlich geht es um diesen tragischen Mordfall, aber es ist auch eine Familiengeschichte – die Geschichte einer Mutter und ihrer Tochter. Da ich die Mutter gespielt habe, lag mein Fokus besonders auf dieser Ebene.

ZEITjUNG: Heute findet das „Gericht der öffentlichen Meinung“ in Echtzeit auf Social Media, in Podcasts und in Kommentaren statt. Wie hätte das deiner Meinung nach Amandas Geschichte verändert, wenn es damals schon so präsent gewesen wäre?

Sharon Horgan: Oh mein Gott, das ist eine wirklich gute Frage – aber schwer zu beantworten. Denn die Medien spielten ohnehin schon eine riesige Rolle in dem Fall. Sie haben sicher viel zu den Vorurteilen beigetragen, mit denen Amanda und der ganze Fall belegt wurden.

Ich weiß nicht genau – aber Social Media macht die Dinge meistens noch schwieriger. Es ist ein unglaublich lauter Raum, in dem es schwer ist, überhaupt durchzudringen.

ZEITjUNG: True Crime ist derzeit überall präsent. Aber gerade bei so umstrittenen und emotional aufgeladenen Geschichten wie der von Amanda Knox besteht die Gefahr, das echte Leben zu stark zu dramatisieren. Wie seid ihr und das Team mit diesem Spannungsfeld umgegangen – zwischen Wahrheit und Erzählung?

Sharon Horgan: Ich habe da großes Vertrauen in K.J. Steinberg gesetzt. Sie hat, glaube ich, drei Jahre lang recherchiert, bevor sie überhaupt mit dem Schreiben begonnen hat. Natürlich macht man Fernsehen – und das heißt immer auch, man schaut durch die Linse der Unterhaltung. Aber wir wollten die Geschichte so wahrhaftig wie möglich erzählen und ihr den Respekt geben, den sie verdient.

Allen war von Anfang an bewusst, dass es hier um eine tragische, schlimme Geschichte geht. Schon beim ersten Drehbuchlesen war das spürbar. Ich war sehr dankbar, dass ich ein Team um mich hatte – von den Produzenten über die Regie bis hin zu den Schauspielern –, das genau wusste, wie man mit so einem Stoff umgeht. Wir haben nie den Blick für die Bedeutung dieser Geschichte verloren.

Auf der nächsten Seite geht es weiter mit dem Interview mit John Hoogenakker