Ken Nwadiogbu Zeichnung Hyperrealismus Porträt Bleistift Kunst

Dieser Künstler schafft unglaublich realistische Bilder – nur mit Bleistift und Papier

Zeichnen ist ein Hobby für Hausfrauen und Frührentner, die sich an der Volkshochschule noch einmal so richtig künstlerisch selbst verwirklichen wollen? Überflüssig in Zeiten, wo jeder zweite mit einer fancy Spiegelreflexkameras durchs Leben läuft und alle anderen mit ihren Smartphones so scharfe Bilder machen, wie eben jene rüstigen Volkshochschüler vor 20 Jahren nicht mal zu träumen gewagt haben?

Das alles gilt nicht für den Visual Artis Ken Nwadiogbu, der Kunstwerke schafft, bei denen man nicht weiß ob es sich um Zeichnungen oder Fotografien handelt, so detailgetreu und realistisch sind sie. Er zeigt uns wie modern und zutiefst beeindruckend Zeichnungen auch im Zeitalter von Selfies und tausenden von Fotoblogs sein können. Wir sind auf jeden Fall geflasht und wollen euch teilhaben lassen an einem jungen, aufstrebenden nigerianischen Künstler. Also lest selbst und schaut euch an was Ken einzigartiges nur mit Bleistift und Papier schafft.

 

ZEITjUNG: Ken, erzähl uns doch erstmal was über dich, wo kommst du her und was machst du so?

Ken: Mein voller Name lautet Kenechukwu Nwadiogbu, aber meistens einfach nur Ken. Ich bin in Anambra State in Nigeria geboren und lebe momentan in Lagos State. Ich bin Visual Artist und meine Kunst besteht vor allem in hyperrealistischen Zeichnungen und Arbeiten aus Papier. Beeinflusst sind meine Werke vor allem durch meine Fähigkeit über das Leben nachzudenken, Probleme auszusprechen und immer tiefer in das menschliche Bewusstsein vorzudringen.

 

Warum hast du dich dazu entschieden, nur mit einem Bleistift zu zeichnen?

Ich hatte nie eine professionelle künstlerische Ausbildung und so habe ich einfach einen Bleistift genommen, weil einer da war und ich die Entschlossenheit mitbrachte, zu lernen.

 

Es ist so faszinierend, wie unglaublich realistisch deine Bilder sind. Wie lange brauchst du für eine Zeichnung?

Hyperrealismus ist ein sehr geduldiges Genre der Visual Art. Es braucht Stunden, sich ein gutes Konzept auszudenken, alles vorzubereiten, die Motive zu fotografieren und dann eben jedes einzelne Detail mit dem Bleistift nachzuzeichnen, Strich für Strich. Man sich verliert sich leicht in der Zeit und es dauert Stunden über Stunden. Am Ende verbringe ich etwa einen Monat mit einem Kunstwerk.

 

Woher nimmst du die Ideen für deine Kunst?

Ich glaube die Gesellschaft spricht und wir alle können sie hören. Es ist für uns an der Zeit, zu antworten. Diese Gedanken sind das Grundgerüst für meine Kunst: der Gesellschaft zu antworten. Wenn nun also die Gesellschaft sagt, wir müssen uns auf die Modernisierung der Zukunft konzentrieren und alte Traditionen komplett hinter uns lassen, dann antworte ich: die Vergangenheit ist eine Ausdehnung der Gegenwart. Wir können nicht einfach einen Schlussstrich ziehen, sonst leben wir bald in einer Welt, der es an Werten mangelt. Ich spreche auch viel über Geschlechtergleichstellung, afrikanische Kulturen und Black Power. Meine Kunst soll Freiheit und Glaube ausdrücken und denen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden.

 

Wir haben gehört, dass deine Eltern anfangs nicht so überzeugt von deiner Kunst waren? Warum das und was hat ihre Einstellung geändert?

Keine nigerianischen Eltern würden jemals vor Begeisterung aufschreien, wenn ihre Kinder Künstler werden wollen, es sei denn sie sind selbst in der Kunstszene unterwegs. Alle Eltern in Nigeria wünschen sich für ihre Kinder einen ordentlichen Schreibtischjob, der einen anständigen Lebensstandard garantiert. Also ja, natürlich waren meine Eltern am Anfang überhaupt nicht überzeugt. Aber mit der Zeit, als ich mir  mit „deaf ear“ und „Determination“ in der Kunstwelt Gehör verschafft haben, haben sie angefangen etwas Größeres in meinen Bildern zu sehen. Ich wünschte die Kunstwelt in Nigeria wäre stärker in der Gesellschaft etabliert.