Alles digital – oder doch nicht?

Ein Leben ohne Internet, ohne Smartphone, ohne Netflix…das kannst du dir vermutlich gar nicht mehr vorstellen. Langsam, aber sicher, wird unser gesamtes Leben digitalisiert. Das bringt viele Vorteile mit sich, jedoch auch gewisse Nachteile. Manchmal ist es daher gar nicht so schlecht, dass die Digitalisierung in einigen Bereichen hinterherhinkt; zumindest noch.

Kleidung online einkaufen, per App mit Freunden kommunizieren, im Internet nach Informationen suchen, Fotos auf Social Media hochladen – diese und viele weitere Gewohnheiten gehören heutzutage zum ganz normalen Alltag. Vor allem, wenn du zu den Vertretern der Generation Y oder Generation Z zählst, den sogenannten „Digital Natives“, kannst du dich mit großer Wahrscheinlichkeit kaum noch an eine Zeit vor Internet, Handys & Co erinnern. Was für uns heutzutage ganz normal ist, war für unsere Eltern- und Großelterngenerationen noch Utopie, die sie höchstens aus Science-Fiction-Filmen kannten. So manches Gadget aus diesen Filmen wirkt aus heutiger Sicht beinahe lächerlich und ist technologisch längst überholt, seien es übergroße Helmkameras oder Handys mit Antennen. Ja, wir leben in einer Welt, die tatsächlich in mancher Hinsicht einem Science-Fiction-Film gleicht. Tendenz steigend. Aber ist das wirklich eine gute Entwicklung?

Vorteile der neuen „digitalen“ Welt für deinen Alltag

Natürlich gibt es viele Argumente, inwiefern die Digitalisierung eine tolle Sache ist. Sie hat unser Leben schließlich in vielerlei Hinsicht einfacher gemacht. An Beispielen für positive Effekte der Digitalisierung auf deinen Alltag mangelt es jedenfalls nicht:

  • Kommunikation: Heutzutage kannst du einfacher denn je mit Familie, Freunden oder sogar völlig Fremden kommunizieren. Alles, was du dafür tun musst, ist dein Handy, das Tablet oder einen Laptop zu schnappen und den gewünschten Kanal aussuchen. Von Chats bis Videotelefonie stehen dir diesbezüglich zahlreiche Möglichkeiten offen, sodass du jederzeit mit allen in Kontakt bleiben kannst, selbst über weite Entfernungen hinweg. Die Digitalisierung kann somit ein Plus für die Sozialleben bedeuten und das Suchen von neuen Freunden – oder sogar einer neuen Liebe – einfacher denn je machen.
  • Bildung: Wenn du früher etwas wissen oder lernen wolltest, musstest du jemanden fragen; deine Eltern vielleicht, einen Lehrer oder einen Arzt, um nur drei von vielen Beispielen zu nennen. Heutzutage findest du gebündeltes Wissen im Internet, häufig sogar kostenfrei und für jedermann zugänglich. Du kannst dir somit große Mengen an Wissen, aber auch Fähigkeiten wie das Spielen eines Musikinstruments oder eine Fremdsprache, kurzerhand selbst beibringen. Das kann dein Leben in vielerlei Hinsicht bereichern, sei es zum Beispiel für eine bessere Gesundheit oder eine steilere Karriere.
  • Work-Life-Balance: Mit der Karriere ist ein wichtiges Stichwort gefallen. Denn die digitalen Technologien machen Arbeit in vielen Branchen zeit- sowie ortsunabhängig. Das ermöglicht innovative Arbeitskonzepte wie das Homeoffice oder das digitale Nomadentum. Auch für eine Selbständigkeit bietet das Internet heutzutage zahlreiche Möglichkeiten. Viele Menschen genießen daher dank der Digitalisierung bessere Karrierechancen oder können ihre Arbeitszeit flexibler gestalten – und profitieren dadurch von einer ausgewogeneren Work-Life-Balance.
  • Zeitersparnis: Viele alltägliche Aufgaben kannst du heutzutage online oder per App erledigen. Das gilt zum Beispiel für Überweisungen, für die Steuererklärung, für Bewerbungen und viele weitere Dinge. Unterm Strich sparst du somit viel Zeit und unter Umständen sogar auch noch Geld, weil du beispielsweise nicht mehr persönlich zur Bank (fahren) musst. Die Digitalisierung macht dein Leben also effizienter, was sowohl privat als auch beruflich gilt.

Damit ist die Liste an Beispielen aber noch lange nicht zu Ende. Die Digitalisierung hat das Leben also tatsächlich in vielerlei Hinsicht „besser“ gemacht. Sie birgt zudem große Chancen für die Gesellschaft, denn plötzlich hat jeder mit einem Internetzugang eine Stimme. Du kannst einen Blog erstellen, Influencer werden, auf YouTube eigene Videos hochladen, Inhalte kommentieren oder mit Menschen aus aller Welt in Foren diskutieren. Du bist sozusagen mündig und kannst aktiv an der Meinungsbildung teilnehmen. Auch das war bis vor wenigen Jahren undenkbar und ist eine wertvolle Entwicklung dank digitaler Technologien. Diese pauschal zu verteufeln, ist daher nicht berechtigt.

Warum es manchmal analog doch besser ist – oder war

Trotzdem ist die Digitalisierung auch nicht frei von Kritik und diese hat ebenso ihre Daseinsberechtigung. Denn all diese Veränderungen kommen nicht ganz ohne Nachteile. Wie immer im Leben, hat also jede Medaille zwei Seiten. Und auch auf der Kehrseite ist die Liste lang. Nachteile der Digitalisierung können zum Beispiel im Sozialleben entstehen, wenn Kontakte nur noch über Smartphone & Co stattfinden und die Menschen sich daher zunehmend einsam fühlen. Hier sind digitale Technologien somit Fluch und Segen zugleich. Durch Social Media werden zudem oft unrealistische Erwartungen bei (vor allem jungen) Leuten geweckt, was ihr Aussehen oder ihr Leben im Allgemeinen betrifft. Eine zunehmende Unzufriedenheit lässt sich daher durchaus bei einigen Personen beobachten; und hier ist die Tendenz ebenfalls steigend.

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Aber auch Datenrisiken oder die ständige Erreichbarkeit – nicht nur für den Arbeitgeber – sind zwei typische Beispiele, inwiefern die Digitalisierung negative Folgen haben kann. Letztere kann zur echten Belastung werden, denn das ständige Piepen des Smartphones, die andauernd eingehenden E-Mails, die Anrufe durch den Chef nach Feierabend…solche und ähnliche Auswirkungen der ständigen Erreichbarkeit sind ein unterschwelliger Stressor. Wenn es dir also manchmal schwerfällt, gedanklich abzuschalten, sei es von der Arbeit, von Social Media oder anderen Dingen, ist mit großer Wahrscheinlichkeit die Digitalisierung schuld. Wenig verwunderlich ist daher, dass sich derzeit ein Gegentrend entwickelt, nämlich der „Digital Detox“. Denn manchmal ist es analog eben doch besser, zumindest für eine gewisse Zeit.

Wo die Digitalisierung noch hinterherhinkt

Manchmal sind es stattdessen die Schnittstellen, die zu Problemen führen, wie du vielleicht bereits am eigenen Leib erfahren musstest. Jene Punkte sozusagen, an denen digitalisierte auf noch nicht digitalisierte Prozesse treffen. Das Arbeitsleben ist hierfür ein hervorragendes Beispiel: In der Theorie bringt die Digitalisierung hier zahlreiche Vorteile. In der Praxis stehen aber oftmals noch Hürden im Weg, beispielsweise durch den Arbeit- oder Gesetzgeber. Das kann zu verwirrenden und unpraktischen Regelungen führen. So ist es beispielsweise mittlerweile möglich, dass Ärzte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung direkt an die Krankenkasse weiterleiten – aber noch nicht an den Arbeitgeber. Also musst du den „gelben Schein“ nach wie vor persönlich vorbeibringen, allen digitalen Möglichkeiten zum Trotz. In naher Zukunft soll sich das endlich ändern, sodass du tatsächlich von der Digitalisierung profitieren und guten Gewissens zuhause bleiben kannst; und zwar nicht nur nach dem Arztbesuch, sondern immer häufiger wird dieser ebenfalls online möglich sein, beispielsweise in Form einer Videosprechstunde.

Doch dieses ist nicht das einzige Beispiel, inwiefern Deutschland bei der Digitalisierung im internationalen Vergleich abgehängt ist. Auch im E-Government, beim Ausbau der neuesten Mobilfunkstandards, im Gesundheitswesen und in vielen weiteren Bereichen gibt es bislang bestenfalls Notlösungen und diese sind, wie bereits deutlich wurde, oft schlimmer als die „analoge“ Ausgangssituation. Zwar ist Besserung in Sicht, noch aber eher in schleppendem Tempo.

Fazit

Zum Status quo ist in Deutschland also längst nicht alles digital. Dennoch gehören die digitalen Technologien bereits untrennbar zum ganz normalen Alltag, vor allem in den jüngeren Generationen. Hier bringen sie durchaus zahlreiche Vorteile mit sich und von diesen werden wir in Zukunft immer mehr profitieren. Bis dahin müssen wir uns aber auch mit einigen Notlösungen zufriedengeben, welche die einstige Situation eher „verschlimmbessert“ haben. Zudem lässt sich so mancher Nachteil der Digitalisierung nicht von der Hand weisen, denn Instagram, Tinder & Co machen das Leben eben doch nicht immer besser.

Ob es also gut ist, dass zunehmend alles digitalisiert wird, an dieser Frage scheiden sich die Geister. Die Antwort ist wohl ein klares „Jein“. Aufhalten lässt sich diese Entwicklung trotzdem nicht. Stattdessen ist es wichtig, diese sogar schneller voranzutreiben, damit Deutschland den Vorsprung anderer Länder aufholen kann. Das ist nicht zuletzt aus wirtschaftlicher Perspektive essentiell. Ebenso wichtig ist aber, dass du in deinem eigenen Leben „richtig“ mit der Digitalisierung umgehst, ihre Vorteile nutzt, aber auch die Nachteile zu verhindern weißt. Hin und wieder ist „Digital Detox“ daher tatsächlich die bessere Entscheidung.