Überarbeiten können wir uns alle – Ein Kommentar

Comedian, Podcaster und Buchautor Felix Lobrecht verkündet, aus gesundheitlichen Gründen eine einjährige Öffentlichkeitspause einzulegen: Er fühle sich kaputt und habe sich in letzter Zeit „tot gearbeitet“, nach seiner nächsten Tour soll daher erst einmal Schluss mit Arbeit sein. Neben Besserungswünschen erntet diese Nachricht auch eine Menge unverdienten Spott.

Dazu gehört nicht nur Impfgegner-Bullshit, der – natürlich, wie auch anders – seine Corona-Impfung dafür verantwortlich macht. Macht ja auch voll Sinn, weil bevor es Impfungen gab, wurde ja nie irgendjemand krank. Nein, denn noch dazu scheint Felix Lobrecht nicht das Recht zu haben, sich eine Auszeit zu nehmen: „Das, was er mache, sei doch gar keine richtige Arbeit!“.

Was nehmen wir uns eigentlich heraus?

Stimmt: Abgesehen von Tourneen und Kurzauftritten, dem Schreiben und Konzipieren von Programmen, dem Führen von Interviews, dem am Laufen halten seines Podcast „Gemischtes Hack“ und seiner ständigen Präsenz in der Öffentlichkeit tut er ja gar nichts. Klar lässt sich nicht abstreiten, dass er aus einer privilegierten Position heraus handelt. Nur wenige Menschen befinden sich in einer finanziellen Lage, die es ihnen erlaubt, für die Gesundheit ein ganzes Jahr auf Arbeit zu verzichten. Er hat aber auch nie etwas anderes behauptet oder gar nur angedeutet. Woher kommt also diese ganze Aufregung?

Arbeit ist und bleibt Arbeit

Das Problem ist doch vielmehr unsere Arbeitsethik: Immer wieder wollen Menschen einem sagen, was „richtige“ Arbeit ist und was nicht. So, als ob es keine echte Arbeit wäre, wenn man Abends noch seine Arme und Beine spüren kann. Als ehemaliger Einzelhandelsangestellter kann ich mit Sicherheit sagen, dass die Form der Arbeit schon einen Unterschied macht. Hat man sich aber erst einmal überarbeitet, ist es egal, ob man dafür Regale einsortieren musste oder ob dir vor lauter Überlegungen die Rübe dampft, denn das Gefühl ist das gleiche.

Wenn du deinem Frust darüber, dass dir nichts anderes bleibt als dich halb zu Tode zu schuften, Ausdruck verschaffen willst, dann tu das. Du wirst aber ganz sicher nichts an deiner Lage ändern können, wenn du dafür über Leute herziehst, die aus dem Teufelskreis aus Überarbeitung und daraus resultierenden psychischen Problemen ausbrechen konnten.

Und zu guter Letzt kommen wir noch kurz auf den Punkt sozialer Etikette zu sprechen: Wenn du jemandem schon keine gute Besserung wünschen willst, dann sag doch lieber gar nichts. Das ist nämlich auch erlaubt und in vielen Fällen sogar die deutlich bessere Entscheidung.

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Bildquelle: Andrea Piacquadio via Pexels