Maryl Streep Berlinale 2016

Warum es einfältig ist, Meryl Streep für ihre Aussage zu verurteilen

Die Tatsache, dass ihre Worte „we’re all Africans really“ völlig aus dem Kontext gerissen wurden, lässt die meisten Panikmacher kalt. Entsetzt über diese angeblich rassistische Antwort twittern Tausende Nutzer, wie unglaublich diskriminierend die Aussage der Oscar-Preisträgerin sei. Dabei versucht Streep eigentlich nur, die Situation aufzulockern und die ohnehin nachteilige Frage nach der Besetzung der Jury mit Charme zu beantworten: „Bis jetzt habe ich sehr viele Persönlichkeiten aus vielen verschiedenen Kulturen gespielt und ich habe bemerkt, dass es einen Kern der Menschheit gibt, der sich zwischen vielen Kulturen bewegt und aus vielen Kulturen zusammensetzt, aber im Grunde genommen sind wir ursprünglich alle aus Afrika.“ Sie lacht und ergänzt: „Ihr wisst schon, wir sind alle Berliner, wir sind alle eigentlich Afrikaner.“

Das Absurde: Meryl Streep setzt sich seit Jahren für Gleichberechtigung ein und engagiert sich für soziale Zwecke. Bei den Vereinten Nationen ruft die Schauspielerin im Jahr 2010 die Regierungen der Welt dazu auf, diskriminierende Gesetze gegen Frauen und Mädchen außer Kraft zu setzen. Sie engagiert sich seit Jahren für eine saubere Umwelt und hilft 2006 bei einer Kampagne für Flüchtlinge aus dem Sudan mit. Aber hat man sich einmal eine derartige Aussage erlaubt, interessiert das offensichtlich niemanden mehr. Die 66-Jährige hat sich der Wohltätigkeit verschrieben, wenn sie nicht gerade für ihren 20. Oscar nominiert ist. Warum sollte sich so eine Frau zu einem unterschwelligen, rassistischen Kommentar hinreißen lassen?

Wenn man gerade denkt, man lebe in einer aufgeklärten und progressiven Gesellschaft, passiert ein Vorfall, der uns eines Besseren belehrt. Und diesmal erinnert uns nicht das Verhalten Meryl Streeps an längst vergangene Zeiten, sondern das unserer peniblen und übergenauen Öffentlichkeit.