Bundestag sucht Agenten um Geheimdienste auszuspionieren
Ein Kommentar von Daniel Guggeis
Nein diese Stellenanzeige ist nicht vom Postillon gestreut, sondern echt: Der Bundestag sucht tatsächlich Agenten, um die Geheimdienste besser zu kontrollieren. Das berichtet die Newsseite Golem.de. In der offiziellen Stellenausschreibung sucht der Deutsche Bundestag „zwei Referentinnen/Referenten“, die das Parlamentarische Kontrollgremium bei der Kontrolle der Geheimdienste unterstützten. Das Absurde: Bevorzugt berücksichtigt werden vor allem ehemalige Mitarbeiter oder aktuelle Mitarbeiter von Nachrichtendiensten.
Klingt doch nach dem richtigen Job für Edward Snowden. Bis 18. März hätte er jedenfalls noch Zeit, sich zu melden – wobei der Bundestag von Bewerbern absolute Verschwiegenheit verlangt. Übersetzt bedeutet das wohl: Whistleblower müssen draußen bleiben!
Das Erbe des NSA-Skandals
Die Aufstockung der Kontrolle ist eine unmittelbare Folge der NSA-Affäre. Aufgrund des Abhörskandals beschloss die große Koalition bereits letztes Jahr den Mitarbeiterstab des Kontrollgremiums zu verstärken, berichtete die taz. Um solche unangenehmen Überraschungen in Zukunft zu vermeiden, sucht der Bundestag nun nach „Fachkräften“, die ein abgeschlossenes Studium und „Erfahrungen im Bereich der Kontrolle der Nachrichtendienste im politiknahen Bereich“ haben. Ebenso sind „nachgewiesene mehrjährige berufspraktische Erfahrungen bei einem Nachrichtendienst“ sehr von Vorteil.
Ehemalige Agenten, um Agenten zu bespitzeln verwirrt nicht nur uns, sondern auch die Linke-Abgeordnete Halina Wawzyniak. Sie schreibt auf ihrem Blog: „Wenn ich Chefin von so einem Nachrichtendienst wäre, würde ich jetzt Leute abordnen, die sich auf diese Stellen bewerben. Werden ja bevorzugt behandelt. Und schon kontrollieren diejenigen, die kontrolliert werden sollen, die Kontrolleure. Sehr clever das.“
Das Problem mit dem Vertrauen
Gegenüber Golem.de äußerte sich auch ihr Fraktionskollege Andre Hahn sehr kritisch: „Ein Mehr an technischem Sachverstand bei den Mitarbeitern im PKGr würde ich sehr begrüßen und fordere das auch schon seit langem. Es muss und sollte aber kein ehemaliger oder aktueller Angehöriger der Geheimdienste sein.“ Er selbst hat als Ausschussvorsitzender gegen diese Art von Anstellungskriterien gestimmt. Ebenso die Grünen. Da aber die Mehrheit im Ausschuss in Form von SPD und Union anders entschieden hat, sind nun vor allem ehemalige oder aktuelle Agenten am meisten gefragt. Das gesamte Bewerbungsverfahren liegt übrigens nicht beim Parlamentarischen Kontrollgremium, sondern in der Hand der Bundestagsverwaltung. Unter Beobachtung des neuen Agenten stehen dann vor allem der Bundesnachrichtendienst (BND), der Verfassungsschutz und der militärische Abschirmdienst (MAD).
Die Frage ist wohl auch, ob sich überhaupt ein aktueller oder ehemaliger Mitarbeiter von Nachrichtendiensten findet. Immerhin müsste dieser seine eigenen Kollegen bespitzeln. Für den Lebenslauf ist diese Karriere-Station zudem nicht wirklich förderlich für einen Agenten. Und wer weiß, am Ende stellt sich raus, dass ein weiterer BND-Mitarbeiter im Auftrag der NSA oder anderer globaler Geheimdienste, Deutschland ausspioniert. Letztes Jahr stand ein BND-Agent unter dem Verdacht den NSA-Untersuchungsausschuss abgehört zu haben, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete. Wirklich vertrauen dürfen wir ehemaligen oder aktuellen Agenten also wahrscheinlich nicht.
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Bildquelle: gerlos über CC BY-SA 2.0