Scared teenage watching movies

Hobby Cineastik: Mehr als fernsehsüchtige Couch-Potatoes

118 Minuten. So viel verbringen junge Menschen täglich vor dem Fernseher. Und auch wenn Du vielleicht tendenziell eher weniger Zeit dort „absitzt“, wird die Glotze doch auch in deinem Leben eine mehr oder weniger wichtige Rolle spielen. Klar, zu viel Fernsehen ist schädlich, das kennt man noch aus seinen Schulzeiten. Aber das Fernsehen ist neben seiner Eigenschaft als Abspielgerät für günstig produzierte Vorabendserien, Nachrichten und Werbung auch noch etwas Anderes: Es ist ein Hobby, das viele Jugendliche gar nicht kennen, obwohl sie vielleicht selbst Filmfans sind. Wo richtig große (Film-) Kunst gezeigt wird. Auf den folgenden Zeilen liest Du, was es damit auf sich hat und auch wie dir der Einstieg gelingt.

 

Der Gourmet unter den Zuschauern

 

Du denkst, es gibt nur eine Art von Fernsehgucker? Falsch gedacht, genauer gesagt gibt es nämlich sogar drei davon:

(1) Filmkonsumenten

(2) Filmfans

(3) Cineasten

Die ersten beiden erschließen sich noch allein durch ihre Namen: Filmkonsumenten sind die, die einfach gucken, die Otto Normalverbraucher eben, die vielleicht noch für die großen Blockbuster ins Kino gehen, aber ansonsten dem Film nicht mehr Bedeutung beimessen als ihren anderen Hobbies. Filmfans sind dagegen schon etwas tiefer in die Materie eingedrungen. Das sind die, die beispielsweise wissen, dass Peter Jackson nicht nur wegen Herr der Ringe und Der Hobbit bekannt ist, sondern auch noch für eine ganze Reihe anderer Filme nicht nur Regie führte, sondern auch schauspielerte und produzierte.

Und dann gibt es noch Cineasten. Das sind die richtigen Gourmets unter den Filmkennern. Die wissen um Regisseure wie Fritz Lang oder Sergej Eisenstein. Die kennen die größten Filme aller Zeiten aus dem FF und gehen nicht nur ins Kino, weil da gerade die nächste Superhelden-Verfilmung läuft, sondern eher, weil dort ein besonders wertvoller Streifen gezeigt wird. Ein bisschen kannst Du dir solche Charaktere wie Kunstkenner vorstellen, bloß eben dem Bewegtbild zugeneigt. Und um diese Film-Feinschmecker geht es hier.

 

Wir wird man Cineast?

 

Die einfache Antwort auf diese Frage ist nicht schwer: Einfach Filme gucken. In Wahrheit sieht die Sache allerdings deutlich differenzierter aus. Denn Du bist noch jung. Und vieles (aber längst nicht alles) von dem, was als „Klassiker der Filmgeschichte“ gilt, ist ziemlich schwer verdauliche Kost, die einem angehenden Cineasten in vielen Fällen vielleicht bloß staubtrocken und langweilig vorkommt. Der Grund dafür ist einfach: Diese Filme sind oft älteren Datums. Die damaligen Zuschauer-Geschmäcker unterschieden sich stark von den heutigen. Und dementsprechend sind solche Streifen gänzlich anders aufgebaut und geschnitten als Exemplare, die in den 2010ern ins Kino kamen. Aber: richtig hochwertige Filme können zwar, müssen aber nicht alt sein.

Aber selbst das ist auch kein großes Problem. Denn um Cineast zu werden, musst Du nicht einfach alles konsumieren, bloß weil es als kultig gilt. Cineastik ist ein sehr viel vielfältigeres Hobby, bei dem es um mehr als den Film an sich geht.

Eine gute Möglichkeit einzusteigen, wäre es, wenn Du dir beispielsweise erst einmal ein wenig Hintergrundwissen erliest. Ein guter Anfang sind die unterschiedlichen Filmgenres. Da lernst Du nicht nur, dass jeder Stil sich durch seine ganz eigene Erzählweise von den anderen unterscheidet, sondern auch, dass Stilvermischungen gar nicht mal so einfach sind – etwa bei Actionkomödien, die zwar für den Zuschauer leichte Unterhaltung sind, aber für die Ausführenden ein kniffliges Terrain, weil man eben weder zu ernst noch zu blödelhaft rüberkommen darf.

Und wenn Du dich durch den Genre-Dschungel bewegst, wirst Du schnell feststellen, dass immer wieder die gleichen Filme als stilprägend genannt werden. Der nächste Schritt könnte dann der sein, sich einfach mal ein, zwei Stück davon aus den jeweiligen Genres anzugucken – damit das Ganze spaßig bleibt, aber nur die, die dich interessieren. Hier mal ein paar Empfehlungen:

(1) Actionfilm: Stirb Langsam, Nur 48 Stunden, Speed

(2) Liebesfilm: Schlaflos in Seattle, Wie ein einziger Tag, Der englische Patient

(3) Thriller: Sieben, Shining, Der dritte Mann

(4) Fantasyfilm: Conan, Die unendliche Geschichte, Dragonheart

(5) Roadmovie: Der Wilde, Easy Rider, Convoy

(6) Krimis: Die üblichen Verdächtigen, Das Schweigen der Lämmer, Die Unbestechlichen

(7) Musikfilm: Blues Brothers, Walk the Line, Rock of Ages

Die hier genannten Filme sind zwar Klassiker, gleichzeitig sind sie aber auch noch nicht so alt, dass sie völlig an deinen jugendlichen Sehgewohnheiten vorbeilaufen. Sie sind sozusagen Einsteiger-Klassiker. Und wenn Du mehr willst, sei dir eine Anmeldung in einem Filmforum empfohlen.

 

Jäger und Sammler

 

Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Das ist bei Cineasten eine ziemlich gewichtige Frage, denn wie Du schnell feststellen wirst, sobald Du dich mit dem Film-Virus infiziert hast: Selbst in den Auslagen gutsortierter Elektrodiscounterketten findet man nur sehr wenige der Filme, die für einen Kenner wirklich von Bedeutung sind.

Die vielleicht klassischste Vorgehensweise wäre der Besuch einer Filmbörse – von denen finden auch im Internetzeitalter jährlich noch genügend viele deutschlandweit statt. Allerdings: Ein Pflichtbesuch ist das heute nur, wenn man es darauf abgesehen hat, wirklich einzigartige Dinge zu bekommen. Etwa limitierte Editionen, Sammler-DVDs und so weiter. Wenn Du es günstiger haben willst und es dir erst einmal genügt, einfach nur viele stilprägende Filme zu sehen statt zu besitzen, solltest Du dir alternativ einen Account bei einem Streamingdienst zulegen. Amazon und Netflix sind derzeit die, mit dem größten Repertoire. Ganz wichtig: Der richtige Streaming-Einstieg will gekonnt sein. Zum Beispiel haben viele Anbieter Rabatte für Schüler, Azubis und Studenten. Das solltest Du nutzen, anstatt einfach ein Abo abzuschließen. Außerdem kennt jeder Dienst seine eigenen Internet-Bandbreiten-Anforderungen. Um etwa auf Amazon HD zu streamen, sollten es mindestens 3,5Mbit/s sein. Ein weiterer Clou: Mit einigen Streaming-Abos kannst Du auch zwischendurch auf Handy oder Tablet Filme genießen. Einlesen in die Thematik ist also Pflicht.

Der große Vorteil des Streamens für Cineasten ist, dass dabei oft (aber nicht immer) alle Filme auf dieser Plattform inkludiert sind. Man kann also für einen geringen monatlichen Betrag sehr viel konsumieren. Gerade als Einsteiger kannst Du so eine Menge gucken, ohne an Kosten denken zu müssen

Aber, falls Du wirklich zum Filmkenner wirst, wird der Tag kommen, an dem dir „einfach gucken“ nicht mehr ausreicht. Wie ein Bücherwurm willst Du dann besitzen. Und wenn (Online-) Shops und Tauschbörsen nichts mehr hergeben, wird das Hobby wahrhaft detektivisch: Suche in Foren, auf Flohmärkten, bei Haushaltsauflösungen. Vielleicht gehst du gar einen Schritt weiter und beschäftigst dich mit der Frage beruflich in diesem Bereich Fuß zu fassen.

 

Tipps für Angehende

 

Cineasten genießen Filme als solche. Achten viel intensiver auf Story, Kameraführung und Aufbau als normale Zuschauer. Und wer sieht, welche Preise so manche Sammler-Editionen auf aktuellen Medien erreichen, versteht auch schnell folgenden Ratschlag: Nicht zum Technik-Sklaven werden!

In den 80ern und 90ern etwa gab es Cineasten, die tausende (damals) D-Mark in den Kauf von VHS-Videokassetten investierten – als dann gegen Ende des Jahrtausends die DVD ihren Siegeszug begann, waren die Sammlungen plötzlich wertlos, weil alle auf das neue Medium umsattelten. Und ganz ähnlich sah es auch aus, als die Blu-Ray sich anschickte, die DVD abzulösen. Klar sieht es im Regal gut aus, wenn alle Filme nur zu einem System gehören, aber für ein Azubi-Gehalt kann das sehr schnell ziemlich teuer werden. Außerdem kann es Jahre dauern, bis ein alter Film für ein neues Medium angepasst wird.

Nein, als preisbewusster Cineast brauchst Du nur folgendes:

(1) Einen VHS-Player (gibt es leider seit 2016 nur noch gebraucht)

(2) Einen Blu-Ray-Player (die sind nämlich abwärtskompatibel zur DVD)

(3) Entweder einen Fernseher, der Streaming-Anbieter-Apps verarbeiten kann oder alternativ einen Streaming-Stick

Damit bist Du vollkommen ausreichend gerüstet, um dir selbst älteste Filme anzugucken, aber sie auch zu genießen, wenn sie in einer „Remastered“-Edition herauskommen. Und dann versuche zumindest, dem Drang zu widerstehen, dem viele Cineasten anheimfallen: Wenn ein neues System kommt, ignoriere einfach die Summen, die Du für die jetzt „alten“ Filme ausgegeben hast. Wirklich dauerhaften Wert gibt es bei Filmen nur ebenso spärlich wie bei Büchern.

 

Die harte Nuss der Klassiker

 

Man kann Literaturfan sein, ohne jemals Shakespeare gelesen zu haben Man kann Musikfan sein, ohne jemals in einer Oper gesessen zu haben. Aber man wird in beiden Fällen nicht zum „Profi“, wenn man sich nicht in diesen Grundlagen auskennt. Und ganz ähnlich sieht es auch für dich als angehenden jungen Cineasten aus. Du wirst mit den bisher genannten Tipps Monate, vielleicht Jahre lang ein erfüllendes Hobby haben. Aber die letzten Weihen, um zum „Film-Jedi“ zu werden, empfängst Du nur dadurch, dass Du dich auch aktiv mit den genannten trockenen Klassikern befasst. Mit etwas Glück bist du nach einiger Zeit so tief im Hobby drin, dass Du sie gerne ansehen wirst. Und selbst wenn nicht, gib den Filmen trotzdem eine Chance – wenn es auch nur darum geht, dass Du eine eigene Meinung dazu vertreten kannst. Das Problem ist, dass es tausenderlei Listen gibt, die alle in Anspruch nehmen die bedeutsamsten Filme aller Zeiten aufzuführen. Eine der vielleicht seriösesten ist die der Bundeszentrale für politische Bildung. Einige Auszüge:

(1) Nosferatu – Symphonie des Grauens

(3) Blade Runner

(4) Stalker (Der Film war Vorlage für die gleichnamige Videospielreihe)

(5) Taxi Driver

(6) Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben

(7) Vertigo

(8) Die Brücke

(9) Der Pate

Wenn Du diese Filme gesehen hast – nicht einfach nur angeguckt und dazwischen auf Facebook gesurft – dann kannst Du mit Fug und Recht behaupten, sehr viel mehr Ahnung von Filmen zu haben, als die meisten deiner Altersgenossen. Übrigens: Auch, wenn dir kein einziger davon gefallen sollte, ist das kein Zeichen dafür, dass Du ein schlechter Cineast wärst oder das Hobby nichts für dich ist. Es zeigt nur, dass Du einen anderen Geschmack als die Cineasten-Masse hast. Und außerdem gefällt denen auch nicht jeder Klassiker – genau so wenig, wie Kunstliebhaber jedes Exemplar eines Malers mögen.

 

Fazit

Filme haben, als gleichberechtigte Form zeitgenössischer Kunst, eine unglaubliche Ausbreitung. Du musst nicht gleich Filmkritiker werden. Aber wenn Du dich nur ein klein wenig mehr dafür interessierst, als bloß von aktuellen Blockbustern gut unterhalten zu werden, solltest Du es wagen und mal einen Fuß ins kalte Becken der Cineasten stecken. Denn die meisten davon starteten in Jugendjahren als „Normalo-Zuschauer“ und wurden schneller zum absoluten Experten, als sie sich es vorstellen konnten. Vor allem eignet sich dieser Zeitvertreib auch deshalb klasse als Hobby, weil er einen wirklich entspannenden Ausgleich zu deinem stressigen Berufsalltag schafft.

 

Bildquelle:

1) fotolia.com © iko

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