Eine Person erhält eine Impfung.

Corona: Kann eine neue Impfstrategie tausende Tote verhindern?

Die erhobenen Daten wiesen zunächst einmal darauf hin, dass Menschen mit Down-Syndrom tatsächlich das höchste Risiko für einen tödlichen Verlauf haben: Im Vergleich zu vollkommen gesunden Personen ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Corona-Infektion nicht überleben, 5,7 Mal so hoch. An zweiter Stelle folgen Menschen mit degenerativen Hirnerkrankungen wie Demenz, die ebenfalls in der zweiten Impfgruppe zu finden sind. Ein schwerwiegender Fehler ist den Wissenschaftler*innen jedoch im Bezug auf Krebserkrankte aufgefallen: Wer von Metastasen in der Lunge betroffen ist, hat ein 3,8-fach erhöhtes Risiko, an einer Infektion mit dem Coronavirus zu sterben. Dennoch befinden sich auch diese Patient*innen in der dritten Priorisierungsstufe und müssen deshalb voraussichtlich noch einige Monate auf ihre Impfung warten. Auch die Bedeutung von psychischen und schweren neurologischen Erkrankungen wurde laut bifg unterschätzt: Der Studie zufolge gehen diese Krankheitsbilder mit einem 2,8- bzw. 2,2-fachen Sterberisiko einher. Trotz allem sieht die aktuelle Impfstrategie für Betroffene keinerlei Priorisierung vor.

Das bifg stellte ebenfalls heraus, wie viele Menschenleben mit der überarbeiteten Methode gerettet werden könnten. Dabei bezogen sich die Wissenschaftler*innen auf die Annahme, dass ab dem Erreichen der Priorisierungsstufe 2 eine Million Deutsche pro Woche geimpft werden können. Dadurch würde in den ersten zehn Impftagen eine Reduzierung der Todesrate um zehn Prozent, nach hundert Impftagen sogar eine Reduzierung um 73 Prozent entstehen. Würde die von der Barmer vorgeschlagene Priorisierung umgesetzt werden, könne man nach zehn Tagen mit einer Reduzierung um 45 Prozent rechnen, nach hundert Tagen sei sogar ein Wert von 90 Prozent erreicht.

Andere Krankenkassen können nun dank des Open-Source-Prinzips auf die Rechengrundlagen der Barmer zurückgreifen und mithilfe der Daten ihrer Versicherten eine ähnliche Studie erstellen. Ob die Bundesregierung auf die Ergebnisse eingeht und ihre Impfstrategie überarbeitet, bleibt abzuwarten. „Wir können unsere Hilfe nur anbieten“, so Barmer-Chef Christoph Straub im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

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Bildquelle: Pexels; CCO-Lizenz