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Effektiver Altruismus: So geht Selbstlosigkeit richtig

 

Einfach mal verzichten?

 

Die christliche Sozialistin Dorothy Day sagte einmal: „Lebe einfach, damit andere einfach überleben können.“ Passend dazu gestaltet die Mehrheit der EAs ihr Leben vergleichsweise anspruchslos – um mehr für andere übrig zu haben. Doch ‚Anfängern’ wird eine Entscheidung dazu durch die sogenannten Opportunitätskosten schwer gemacht. Wir versetzen uns einmal in die Kaufingerstraße in München, stehen gerade vor dem Tretter-Regal und können uns einfach nicht entscheiden: „Brauche ich diese Schuhe wirklich? Einerseits sind sie wirklich schön, andererseits ist der Schuhschrank zu Hause eh schon überfüllt..“ Effektiv altruistisch bleiben wir tapfer, gehen mit leeren Händen aus dem Laden und beschließen, das Geld lieber an eine wohltätige Organisation zu spenden. In diesem Fall entsprächen unsere Opportunitätskosten dem Vergnügen, das uns der Nicht-Kauf der Schuhe jetzt vorenthält.

 

Hin und wieder einmal zu verzichten und dabei auch noch sein Karma zu verbessern – das erscheint erstmal erstrebenswert. Aber die Umsetzung in der Praxis ist schwieriger als gedacht. Denn wer will schon beim gemeinsamen Barbesuch mit Freunden der Spielverderber sein, der nichts trinkt, weil er sein Geld lieber besser nutzen will? Und dann verschiebt man den Verzicht doch lieber wieder auf den nächsten Tag und am Ende der Woche stellt man fest, dass man sein Verhalten trotz aller guten Vorsätze nicht signifikant verändert hat. Aber ist es nicht sogar ziemlich makaber, all den eigentlich überflüssigen Luxus, den man sich selbst so gerne ‚mal’ gönnt, wichtiger zu nehmen als die existenziellsten Nöte anderer?

 

Helfen ist keine Option, Helfen ist ein Muss

 

Die meisten EAs bringen ihre vermeintlichen Opfer zum Wohle anderer Menschen nicht einfach aus freiem Willen – sie sehen ihr Engagement für die Gesellschaft vielmehr als eine moralische Verpflichtung an, die alle zu tragen haben. Alle, damit sind die Menschen gemeint, die Zeit für Artikel wie diesen haben und mit fünf Klicks lebensrettendes Geld überweisen könnten, ohne deshalb auf mehr als nur Bequemlichkeiten verzichten zu müssen.

 

Und das Schöne dabei ist ja: Altruismus tut nicht nur anderen, sondern auch einem selbst gut – und ist damit vielleicht sogar wieder ein kleines bisschen egoistisch (wie vielleicht alles im Leben). Der bekannteste Vertreter des effektiven Altruismus, der australische Philosoph Peter Singer, formulierte das in einem Spiegel-Interview folgendermaßen: „Ich gehe so weit zu behaupten, dass ein ethisches Leben die solide Basis der eigenen Selbstachtung bildet und einen Weg zum nachhaltigen Glück jenseits der hedonistischen Tretmühle der Konsumgesellschaft öffnet.“

 

Der letzte wichtige Grundsatz des effektiven Altruismus ist: Er soll nicht überfordern. Es ist also okay und, weil effektive Altruisten eben auch nur Menschen sind, einfach unvermeidlich, sich doch mal von Emotionen überwältigen zu lassen, die schönen Schuhe zu kaufen oder die Kindersterberate zwischendurch aus den Gedanken zu verdrängen. Trotzdem klingt ein effektiv altruistisches Leben erstmal nach Utopie und dazu ziemlich anstrengend und vielleicht wird kein Philosoph uns jemals dazu bringen, das Traumstudium Anglistik zugunsten einer lukrativen Banker-Karriere aufzugeben, doch zumindest kann der er den ein oder anderen ins Nachdenken bringen und Anstoß für ein selbstloseres Leben sein. Denn wie sagte der amerikanische Soziologe John Foster so schön: „Wir sind auf der Erde, um anderen zu helfen. Wofür die anderen hier sind – das weiß ich nicht.“

 

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Bildquelle: Josh Felise unter cc0 1.0