Erschreckende Studie: Wie elterliche Suchterkrankungen Kinder langfristig belasten
Kinder, deren Eltern an Suchterkrankungen (wissenschaftlich: Substanzgebrauchsstörungen) leiden, tragen ein deutlich erhöhtes Risiko, später selbst psychische Störungen zu entwickeln. Das zeigt eine Studie mit über einer Million Menschen aus Schweden. Laut den Ergebnissen ist das Risiko für Männer um 80 Prozent und für Frauen um 56 Prozent erhöht. Die Untersuchung wurde im Journal of Psychiatric Research veröffentlicht.
Substanzgebrauch und seine Folgen für Kinder
Substanzgebrauchsstörungen umfassen laut PsyPost die wiederholte Nutzung von Drogen oder Alkohol, trotz negativer Konsequenzen für die physische, psychische und soziale Gesundheit. Bisher fokussierte sich die Forschung vor allem auf die Auswirkungen für die Betroffenen selbst. Neuerdings rückt jedoch der sogenannte „Harm-to-Others“-Ansatz in den Fokus, der die Folgen für Angehörige untersucht, insbesondere für Kinder. Studien haben gezeigt, dass Kinder betroffener Eltern schlechtere Schulleistungen und ein höheres Risiko für psychische oder entwicklungsbezogene Probleme aufwiesen.
Forscher um Hélio Manhica untersuchten nun, wie sich das Risiko für psychische Erkrankungen bei diesen Kindern im Detail zeigt. Sie analysierten zudem, ob es Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt und welche Lebensphasen besonders kritisch sind.
Die schwedische Studie im Detail
Die Studie umfasste 1.093.225 Personen, die zwischen 1981 und 1990 in Schweden geboren wurden. Berücksichtigt wurden nur jene, die bis zu ihrem 18. Lebensjahr keine psychiatrische Diagnose erhalten hatten. Die Teilnehmer wurden bis zu ihrem 25. Lebensjahr begleitet. Neben Substanzgebrauchsproblemen der Eltern erfassten die Forscher auch Faktoren wie relative Armut, Migrationserfahrung und schulische Leistungen.
Etwa 4 Prozent der Kinder waren während ihrer Kindheit oder Jugend mit einem elterlichen Substanzproblem konfrontiert. Rund 14 Prozent der Teilnehmenden erhielten zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr eine psychiatrische Diagnose. Besonders auffällig: Kinder mit betroffenen Eltern hatten ein fast doppelt so hohes Risiko, psychische Störungen zu entwickeln. Männer waren 116 Prozent und Frauen 80 Prozent häufiger betroffen. Nach Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren, wie Armut oder Geburtsjahr, blieben die Risiken dennoch signifikant: Männer wiesen ein 80 Prozent und Frauen ein 56 Prozent höheres Risiko auf.
Kindheit als besonders kritische Phase
Ein weiterer Befund: Kinder, die vor ihrem zwölften Lebensjahr mit elterlichem Substanzmissbrauch konfrontiert waren, hatten ein höheres Risiko für psychische Erkrankungen als jene, die erst in der Jugendzeit betroffen waren. Bei spezifischen Diagnosen zeigte sich, dass betroffene Kinder etwa 2,5-mal häufiger selbst Substanzgebrauchsprobleme entwickelten und 2,2-mal häufiger sogenannte externalisierende Störungen wie Aggression oder Impulsivität aufwiesen.
Die Autoren halten fest: „Individuen, die vor ihrem 18. Lebensjahr elterlichem Substanzgebrauch ausgesetzt waren, hatten ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen. Dieses Risiko war bei Männern und während der Kindheit besonders hoch.“
Herausforderungen der Studie
Obwohl die Ergebnisse deutlich auf den Zusammenhang zwischen elterlichem Substanzgebrauch und psychischen Störungen bei Kindern hinwiesen, betonen die Forschenden auch Einschränkungen. Die Studie könne keine kausalen Zusammenhänge herstellen. Das erhöhte Risiko könnte auf genetische Faktoren, aber auch auf geteilte Umweltbedingungen zurückzuführen sein.
Die Ergebnisse der Studie liefern jedoch wichtige Hinweise darauf, wie sich elterliches Verhalten auf die psychische Gesundheit der nächsten Generation auswirken kann.
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Bild: Unsplash; CC0-Lizenz