Heiraten Ehe Scheidung Möglichkeit Trennung

Warum nicht zu heiraten die bessere Möglichkeit ist

Mit einer Ausnahme: Man selbst hält dieses Versprechen ebenfalls – für immer und egal wie wenig man es vielleicht irgendwann noch halten möchte. Wenn sich zwei Menschen dafür entscheiden, ihr Leben so resolut einem Ideal unterzuordnen, kann ich das nur bewundern. Im Gegenzug muss ich jedes Brechen solch eines Versprechens aber auch umso schärfer kritisieren und stimme in dem Fall mit der bis ins 20. Jahrhundert vorherrschenden Ansicht der meisten westlichen Kirchen überein: Man kann nicht an Ehe und Scheidung gleichzeitig glauben.

Andere Rechte für Unverheiratete

Genug Menschen scheinen dies aber erstaunlicherweise zu tun: Die Scheidungsquote lag 2011 im Bundesdurchschnitt bei etwa 39 Prozent. Ich frage mich: Was ist der Sinn einer Ehe, einer verpflichtenden Lebensgemeinschaft, wenn es die Scheidung gibt? Weil ich aber nicht rückschrittlich denke und weil ich weiß, wie fehlerhaft und wandelbar der Mensch sein kann, bin ich natürlich nicht gegen das Scheidungsrecht. Ich stelle stattdessen ganz einfach die Ehe in Frage. Ja, ich bin noch jung und nein, man soll niemals nie sagen, aber das hier ist kein unüberlegtes, jugendliches „Anti Anti“. Im Gegenteil, ich habe das starke Gefühl, dass schon seit Jahren viel zu viele Menschen beim Thema Ehe ein viel zu unreflektiertes „Ja, ich will!“ wiederkauen.

Warum zum Beispiel bevorzugt der Staat noch immer verheiratete Paare? Dass 2010 die Sorgerechtsregelungen für unverheiratete Partner erneuert und damit endlich den grundsätzlichen Elternrechten von Vätern entsprechend geändert wurden, ist ein vergleichsweise kleiner Schritt. Die Erbschaftssteuerregelungen, bei denen im Erbfall für Unverheiratete nun 30 Prozent Steuern anfallen können (während verwitwete Personen nichts zahlen) und das auf „eingetragene“ Lebensgemeinschaften begrenzte Zeugnisverweigerungsrecht sind nur zwei kleine Beispiele dafür, wie schnell unverheiratete Paare gegenüber Eheleuten in Deutschland den Kürzeren ziehen. Ich finde das schwer verständlich: Wieso muss man erst einen Vertrag für die Ewigkeit unterschreiben, um im Jetzt die Rechte eines vollwertigen Paares zu genießen, wenn doch a) auch dieser Vertrag auf Lebzeit widerrufen werden kann und damit b) die Entscheidung gegen ihn oft die eigentlich bedachtere ist?

Ewigkeit versus Ehrlichkeit

Klar, heiraten ist romantisch. Wie gesagt: Ich kann selbst nicht abstreiten, dass Ewigkeit eine schöne Vorstellung ist. Aber Ehrlichkeit ist für mich die schönere. Und dem, den ich liebe, zu sagen, dass ich gerne für immer mit ihm zusammen sein will, ist ehrlich. Ihm zu unterschreiben, dass ich das für immer sein werde, ist eine potenzielle Lüge. Ich fühle mich wohler in meiner Haut, ohne die Angst, irgendwann vielleicht diejenige zu sein, die ein lebenslanges Versprechen brechen muss. Im „ZEITmagazin“ hieß es einmal sehr treffend: „Vielleicht nimmt niemand die Ehe so ernst, wie der, der sich nicht traut“.

Ich habe beobachtet: Nicht alles, was ein Leben lang währt, ist gut und nicht alles, was gut ist, währt ein Leben lang. Doch ich werde das Gefühl nicht los, dass es gerade die Sehnsucht nach einem simplen Zusammenhang wie diesem ist, die so viele Menschen in unserer komplexen Welt weiterhin an dem Konzept Ehe festhalten lässt.