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Verliebt, verlobt, verheiratet: Ist die Ehe frauenfeindlich?

Vom Liebesschwur zum Ja-Wort: Uns wird oft suggeriert, dass die Ehe das Ziel der Liebe ist. Aber was steckt wirklich hinter der jahrhundertelangen Tradition sich aneinander zu binden?

Flut an Hochzeiten

In ihrem Essay „I Thee Dread“, der in ihrem Buch „Trick Mirror“ erschienen ist, setzt sich Jia Tolentino kritisch mit der Institution der Ehe und der ihr zugrunde liegenden Hochzeitsindustrie auseinander. Die Autorin beschreibt die Flut an Hochzeiten, die ihre Wochenenden zu füllen beginnen, als ihre Freundinnen nach und nach vor den Altar treten. Diese Hochzeiten, die sich quer durch die USA ziehen, bringen nicht nur hohe Reise- und Unterbringungskosten mit sich, sondern werfen auch ein Licht auf die dunklen Seiten der Ehe, wie die historische Rechtslage, die Männern bis vor nicht allzu langer Zeit in einigen US-Bundesstaaten das Recht gab, ihre Ehefrauen zu vergewaltigen. 

Die Kosten der Liebe 

Die durchschnittlichen Ausgaben für eine Hochzeit in Australien, einem Land mit einer ähnlich kostspieligen Hochzeitskultur wie in den USA, belaufen sich auf etwa 36.000 Australische Dollar – eine Summe, die viele Paare durch Ersparnisse oder Kredite finanzieren. Angesichts der Tatsache, dass die durchschnittliche Dauer einer Ehe bis zur Trennung in Australien bei etwa acht Jahren liegt, stehen viele Ex-Partnerinnen und Ex-Partner noch lange nach der Scheidung finanziell in der Pflicht. 

Jia Tolentino hinterfragt die Annahme, dass die Ehe automatisch zu Glück und Zufriedenheit führe – besonders für Frauen. Während Studien nahelegen, dass verheiratete Männer länger leben, gesünder und glücklicher sind sowie bessere ökonomische Perspektiven haben, zeigen andere Untersuchungen, dass verheiratete Frauen früher sterben. Die Ehe allein sei kein Garant für das Glück der Frau; vielmehr sei ein glückliches Eheleben entscheidend. Die finanziellen Risiken einer Scheidung sind für Frauen schwerer: Ihre Einkommen sinken um etwa 21-30%, eine finanzielle Einbuße, von der sie sich im Durchschnitt erst nach sechs Jahren erholen, im Gegensatz zu Männern, deren Einkommen nur kurzfristig um etwa 5% sinkt und sich schnell wieder erholt. 

Adieu Ehe

Die Kritik an der Ehe wird oft als Angriff auf diejenigen empfunden, die sich dafür entscheiden. Doch Tolentino argumentiert, dass wir bereit sein sollten, das Konzept der Ehe kritisch zu hinterfragen, besonders wenn sie mit einer langen Geschichte der Unterdrückung einhergeht. Die Autorin verweist auf extreme Beispiele aus der Geschichte, um zu zeigen, wie Frauen durch die Ehe unterdrückt wurden, von Entführungen als Braut bis hin zum Verkauf von Frauen im Mittelalter. 

Schließlich ruft Tolentino dazu auf, die Ehe vollständig abzulehnen und sich gegen eine Tradition zu stellen, die Frauen in den Dienst des Patriarchats stellt und sie davon abhält, ihr volles Potenzial zu entfalten. Die Einführung der Eherechte für gleichgeschlechtliche Paare sieht sie nicht als fortschrittlichen Gewinn an, sondern kritisiert, dass dadurch queere Menschen in ein konservatives Schema gepresst werden. 

Die Autorin schließt mit einem Aufruf, die romantisierten Vorstellungen von Ehe und Hochzeiten, die durch Kultur und Medien vermittelt werden, zu hinterfragen, und fordert die Leser*innen auf, kritischer über die wahren Bedeutungen und Konsequenzen dieser Traditionen nachzudenken und sich für ein freieres und erfüllteres Leben zu entscheiden. 

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Bildquelle: Emma Bauso via Pexels; CC0-Lizenz