Julie Fischer IV

#nohairdontcare: „Es geht eben auch ohne Haare.“

Du hast gerade deine Shootings angesprochen. Hast du vor deiner Diagnose schon gemodelt oder hat sich das alles erst in den letzten 4 Jahren entwickelt?

Also vorher habe ich da noch gar nicht daran gedacht sowas zu machen. Ich bin eher durch Zufall dazu gekommen. Eine Freundin hat mich einfach darauf angesprochen, ob ich darauf nicht Lust hätte. So kam das dann zufällig zustande, dass ich an einem Sonntag Vormittag im März mit zwei Freundinnen unterwegs war und wir Fotos gemacht haben. Zu dem Zeitpunkt hatte ich aber noch meine Perücke auf, ich habe dann nur für mich privat zwei oder drei Fotos ohne Perücke machen lassen. Die Fotografin hat das dann einfach an andere Kollegen weitergegeben, dass ich auch offen für Bilder ohne Perücke wäre. Dann kam das alles von selbst ins Rollen, dass ich immer mehr Anfragen bekommen habe, sogar aus ganz anderen Städten.

Wenn man sich durch die heutigen Social Media Kanäle durchklickt findet man viele Fitness Blogger, Food Blogger etc. die alle einem bestimmten Schönheitsideal hinterherlaufen. Hinter vielen dieser Kanäle steckt scheinbar kaum mehr eine richtige Message. Bei deinem Kanal ist das etwas anderes, denn du hast eine Botschaft. Wie wichtig sind deiner Meinung nach solche Social Media Kanäle in unserer Generation?

Es sind auf alle Fälle tolle Plattformen, um auf – wie in meinem Fall – Alopecia aufmerksam zu machen. Die meisten kannten diese Krankheit vermutlich vorher gar nicht, deshalb möchte ich das nutzen um meiner Krankheit eine Plattform zu geben. Ich bin niemand, der sich da auf diese Likes fixiert. Ich möchte mich einfach mit den Menschen austauschen und ihnen etwas übermitteln. Ich habe auch von ganz vielen Menschen, die selbst Alopecia haben, Nachrichten bekommen und hab auch noch regen Schreibverkehr mit diesen Leuten. Mit manchen habe ich mich auch schon getroffen. Das ist auf alle Fälle eine tolle Sache, dass man heutzutage mit jedem kommunizieren und überall erreichbar sein kann. Es kommt bei all den Bloggern für mich immer so rüber, wie wenn sich die Mädels und Jungs auf ihren Social Media Kanälen in so einer Scheinwelt befinden. Die geben irgendwas vor, was sie sein wollen, was sie aber eigentlich gar nicht sind.

Du schreibst in deinem Instagram- Profil häufig, dass du darauf aufmerksam machen möchtest, dass es sich bei deiner Krankheit nicht um Krebs handelt. Wieso ist dir das so wichtig? Hast du schon Erfahrungen damit gemacht, dass einzelne Menschen anders mit dir umgehen, wenn sie denken du hättest eine tödliche Krankheit?

Ich habe da leider tatsächlich unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Viele Leute haben mich teilweise angeschaut und mir mitleidende Blicke zugeworfen und andere haben sich gar nicht getraut das Ganze zu erfragen und haben mich direkt als Chemotherapie-Patienten abgestempelt. Manche haben dann aber doch einfach nachgefragt und waren schließlich von meiner Erklärung sehr fasziniert und haben aus Interesse weiter nachgefragt, weil für die meisten Alopecia vollkommen unbekannt ist. Es ist mir dabei immer wichtig den Menschen die Augen zu öffnen und ihnen zu erklären, dass es sich hierbei nicht um eine tödliche Krankheit handelt, sondern um die Tatsache, dass mein Körper meine Haare einfach abstößt.

Aus Mitleid wurde Begeisterung?

Genau! Ich habe bisher eigentlich von allen nur positives Feedback bekommen.