Ist die Studentenbude überhaupt mein Zuhause?

Selbstgezüchtete Grünpflanzen, die auf dem Fensterbrett vor sich hin wuchern. Handtücher im Bad, die farblich mit den Couchkissen im Wohnzimmer abgestimmt sind und ein dreiteiliges Geschirrset im Küchenregal. So stellt man es sich doch immer vor, wenn man von der ersten eigenen Wohnung träumt. Alles perfekt durchgestylt. So wie man es sich immer ausgemalt hat. Das eigene Reich zum Wohlfühlen. Ein richtiges Zuhause eben.

So viel zum Traum. Jetzt zur Realität: Bis vor kurzem hauste ich in einem 21 Quadratmeter großen Zimmer (inklusive Küchenzeile und Bad). Im Schrank standen bunte Tassen, die ich die letzten Jahre als Bestandteil eines Geschenksets mit Tee und Schokolade zu Weihnachten bekommen habe. Auf dem selbstlackierten Ess- und Schreibtisch vegetierte eine gelblich grüne Topfpflanze mit hängenden Blättern vor sich hin. Jetzt wohne ich wieder zuhause und teile alles mit meiner Mama. Oder vielmehr sie mit mir, denn eigentlich gehört mir hier ja nichts. Spätestens im Herbst ziehe ich in eine mir noch unbekannte Stadt und in die nächste Studentenbude. Dieses ständige hin und her wird noch eine Weile so weitergehen, denn wer weiß schon, wo ich danach lande. 

Es ist nervig, ständig bei Ikea neue Billigregale zu kaufen und sie ein Jahr später in Facebook-Tauschgruppen wieder loswerden zu müssen. Und es ist nervig, das willkürlich zusammengewürfelte Geschirr per Hand abzuspülen, das Mama aussortiert und dem armen Kind als „Aussteuer“ vermacht hat.

Aber es ist auch irgendwie schön. Denn noch weniger kann ich mir im Moment vorstellen, in einer Wohnung zu leben, in der ich mindestens die nächsten zehn Jahre bleiben muss, weil ich (und meine Eltern) so viel Geld und Arbeit reingesteckt haben. Was wenn es einem da irgendwann nicht mehr gefällt und man plötzlich weg will? Da kann man nicht so einfach abhauen und in die nächste vollmöblierte Studentenbude einziehen.

Irgendwie fühlt es sich nach Freiheit an, nicht zu wissen, wo man in ein paar Monaten wohnen wird. Und es fühlt sich nach Freiheit an, die Gebrauchsspuren der Secondhand-Möbel zu begutachten und sagen zu können: „Egal, ich bin hier ja eh nur noch ein Jahr“. Man kann diese Orte ja trotzdem „Zuhause“ nennen, weil man dort nun mal wohnt. Weil man dort besondere Momente erlebt, sich dort einnistet und dadurch eine ganz besondere Verbindung zu diesen Orten aufbaut. Und weil man immer das beste aus der jeweiligen Situation machen muss. Und irgendwann kommt sie dann schon, die Wohnung, in der die Bettwäsche zum Vorhang passt.

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Bildquellen: Unsplash